Denn sie wissen nicht, was sie glauben (Teil 12)   Leave a comment

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Rebloggt von Tierfreund und Religionskritiker Wolfgang – wolodja51.wordpress.com

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Kirchengeschichtliche Folgen: Diskriminierung bis zur physischen Vernichtung der jeweiligen «Ketzer» und Andersgläubigen

Wer die Kirchengeschichte mit ihren unzähligen und umfassenden Glaubenskämpfen, der millionenfachen und jahrhundertelangen Verfemung und Ermordung Andersgläubiger (inklusive der Juden) überblickt, wird sich fragen müssen, wieweit nicht hier in dieser schon biblisch angelegten, also göttlich und damit als unfehlbar richtig autorisierten Grundgesinnung der Unduldsamkeit und Verfemung, der gegenseitigen Bannflüche, dem Bedürfnis nach Bestrafung und Vernichtung des Andersgläubigen oder gar «Abgefallenen», die oder zumindest eine Wurzel all dieserGrausamkeiten und Inhumanität gesehen werden muß.

Die Jahrhunderte währende, im wesentlichen erst durch die Aufklärung und den aufgeklärten modernen Staat beendete Übereinstimmung zwischen biblischen Vorbildern und vielen Bibelgläubigen muß jedenfalls sehr nachdenklich stimmen. Es würde den Rahmen dieses Buches sprengen, die entsprechenden millionenfachen Greuel, Folterungen, sadistischen Exzesse und Hinrichtungen von Andersgläubigen, «Ketzern», die selbst vor Kindern nicht haltmachten, im einzelnen hier anzuführen. Dies wäre eigentlich notwendig, um die ganze Tragweite und Schwergewichtigkeit dieser Bibelstellen, nachzuvollziehen, wie sie jahrhundertelang auch das äußere Handeln weitgehend bestimmten und heute in vielleicht abgeschwächter Form immer noch innere Einstellungen und Haltungen nicht weniger, insbesondere fundamentalistischer Bibelgläubiger bestimmen.

Der Leser, der entsprechende kirchen- und christentumsgeschichtliche Wissenslücken bei sich feststellt und diese ausgleichen möchte, sei auf die Kirchengeschichte von Karlheinz Deschner, «Abermals krähte der Hahn» (1972), verwiesen, ein Buch, dem, selbst wenn es im einen oder anderen Falle etwas zu einseitig negativ-kritisch erscheinen mag, selbst von theologischer Seite, bei allen Versuchen zunächst des Totschweigens, dann der Diffamierung, doch außerordentliche Gründlichkeit und faktische Authentizität bescheinigt werden mußte.

Daß sich diese kirchliche Haltung exzessiv gewalttätiger Intoleranz nicht etwa nur auf Randfiguren oder -phänomene bezog, zeigt der Sachverhalt, daß sowohl Päpste, Konzilien und Synoden als auch berühmte und zentrale Figuren der Kirchengeschichte, wie etwa heiliggesprochene Kirchenlehrer bis hin zu Augustinus (u.a. Verfechter der Zwangsbekehrung), Thomas v. Aquin und auf protestantisch-reformatorischer Seite Martin Luther und Calvin sich in diese unheilvolle Tradition der intoleranten, gewalttätigen Einstellung gegenüber Anders- und Ungläubigen einreihten.

Es muß zumindest die Frage gestellt werden (und es spricht psychologisch sehr viel für ihre bejahende Beantwortung), wieweit gerade in Ländern wie etwa den USA, deren öffentliches und politisches Leben in sehr starkem Maße durch biblische Einflüsse, gerade auch in ihren fundamentalistischen Ausprägungen, geprägt ist, entsprechende biblische Einflüsse noch vor ganz kurzer Zeit selbst und gerade auch die Militärpolitik mitbestimmt haben.

Immerhin stellte Präsident Reagan neben vielen anderen politischen Mandatsträgern die «Holy Bible» immer wieder sehr ausdrücklich als Verhalten ausrichtendes Vorbild in den Vordergrund und war sich «ganz gewiß», daß die «Prophezeiungen» der Bibel sich auf die Zeit beziehen, «die wir jetzt erleben», «auf die Anzeichen, die Armageddon ankündigen» (AP Washington, nach «Welt am Sonntag», Nr. 44, vom 30. 10. 1983), also den letzten Kampf zwischen «Gut», = christliche USA, «dieses gesalbte Land» , und seinen Verbündeten, und «Böse» = Sowjetunion als «Reich des Bösen», die wie der Teufel und Satan in der Geheimen Offenbarung des Johannes als «ärgster Feind, dem die Menschheit seit ihrem Aufstieg aus dem Sumpf zu den Sternen entgegentritt», «hinter allen Unruhen unserer Zeit steckt», ohne die «es keine Krisenherde in aller Welt gäbe» (nach «Der Spiegel», 8, 1982, S. 115, und 41, 1983, S. 188ff.), wobei den Guten biblisch nicht nur der Sieg, sondern die Verschonung von allen Strafen zugesagt ist (Offb. 14).

Man kann so nach solchen erschreckenden Rückfällen in archaisches Denken, der begleitenden irrational überdimensionalen Aufrüstung und dem noch lange (und teilweise bis heute) zähen Widerstand gegen eine effiziente Abrüstung die Frage stellen, ob die noch bei der Reagan-Administration und auch noch heute bei nicht kleinen Gruppen in den USA zu findende Einstellungsstruktur nicht auch von dieser Grundtendenz der Bibel zu kriegerischer Gewalttätigkeit wie zur Verteufelung Andersdenkender und -glaubender (Atheisten, Liberale, Kommunisten usw.) zumindest mitbestimmt worden ist.

«In der Hand die Wasserstoffbombe, im Herzen noch immer die archaischen Instinkte der biblischen Ahnen», so könnte man die berühmte Diagnose von Konrad Lorenz auf nicht wenige amerikanische Fundamentalisten nur leicht verändert anwenden.

Man kann sich der psychologischen Plausibilität schwer entziehen, daß die Akzeptanz der oben angeführten und anderer biblischer Aussagen als letztgültiges und Verhalten ausrichtendes Gotteswort, fast immer schon in der Kindheit induziert, eine tief prägende Wirkung ausüben dürfte: Nicht nur in den USA, sondern auch in anderen «christlichen» Staaten fällt ja doch auf, daß gerade Vertreter der «christlichen» Parteien lange eine starke Affinität für gewalttätig-kriegerische Mittel der Politik zeigten, daß sie und ihre in der ganz großen Mehrheit konventionell christlich sozialisierten Funktionäre und Mitglieder in vielen Ländern, etwa auch in der Bundesrepublik Deutschland (man denke hier besonders an die CSU), immer den stabilen Kern der Aufrüstungs- und «Nach»rüstungsbefürworter bis zur faktischen Bejahung von Massenvernichtungsmitteln ausmachten.

Auch an dieser Stelle dürfte die Relevanz, sich mit der Bibel als Basis fundamentaler Einstellungen und ethischer Leitvorstellungen auseinanderzusetzen, noch einmal deutlich werden: Die Tendenz zu gewaltsamer Liquidation Andersdenkender und Andersgläubiger, zum Kreuzzugsdenken, stellt beim heutigen Niveau der Waffentechnik, neben der Umweltzerstörung und der damit zusammenhängenden Übervölkerung, einen der Hauptgefährdungsfaktoren für das Überleben der menschlichen Art dar.

Gewalltätigkeit gegen normabweichende, «sündige» Menschen und deren exzessiv-inhumane Bestrafung auf Wunsch und Befehl des biblischen Gottes und seiner Frommen, Gewalttätigkeit als Mittel der Verhaltenssteuerung durch Zufügen von physischem Schmerz und Leiden bis zur physischen Vernichtung oder Drohung mit diesen Maßnahmen ist weithin kennzeichnend für die biblische Einstellung gegenüber (norm)abweichendem Verhalten.

Welche Lösungsmöglichkeiten, welchen Umgang mit solchen abweichenden Gesellschaftsmitgliedern legt uns die Bibel nahe oder gebietet sie explizit, die Bibel, die mit dem Anspruch göttlicher Autorität, das bedeutet konsequenterweise absoluter Verbindlichkeit an uns herantritt?

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Denn sie wissen nicht, was sie glauben (Teil 12)

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