Ignorante, hartherzige und gefühlskalte Kirche! Ignoranter Kirchenlehrer Thomas von Aquin! Wie kann man denn Melancholie und Depression als Todsünde deklarieren? Geht es noch hartherziger und ignoranter? Da ist jemand bei einer Depression sonst schon ganz unten, und diese A….. l…. haben nichts besseres zu tun als Melancholie und Depression aufs schwerste zu geißeln und in die Kategorie Todsünde zu stellen. Was soll der Begriff „Todsünde“ überhaupt?
Trägheit des Herzens als Todsünde
Die Kirche sah Melancholie sogar als Versuchung des Teufels, der seine Opfer durch endlose Debatten mit sich selbst in den Wahnsinn treiben wollte.
Thomas von Aquin nannte sie „Tristitia saeculi“ und zählte sie als „Trägheit des Herzens“ sogar unter die Todsünden. So schrieb er in seiner „Summa Theologica“:
„Der Mensch, mit Melancholie befallen, ihm ist im Ganzen die Freude an Gott abhanden gekommen.“
Zu viel Nachdenken und Grübeln über das, was ist und woran alle zu glauben hatten, galt als Übel vor Gott. Einerseits. Andererseits sind Rückzug und Traurigkeit tief in die menschliche Natur eingeschrieben, sagt der Berliner Wissenschaftsjournalist und Buchautor Jörg Blech:
„Die schlechte Laune ist soweit in der Menschheit verbreitet, das Evolutionsmediziner sagen, die hat auch einen Zweck. Es gehört also zur menschlichen Natur dazu, mal nicht gut drauf zu sein. Dass wenn man nicht gut drauf ist, das man davon Vorteile haben kann, weil man seine Probleme angeht, weil man sie versucht, zu lösen. Man hat den Eindruck, dass der Geist etwas schärfer ist, wenn er nicht so gut drauf ist!“
[…] Nicht verarbeitete Trauer als Auslöser
Nicht überall gilt diese Ambivalenz – vor allem in der Psychoanalyse wird seit Sigmund Freud die Melancholie kaum als kreative Schwermut angesehen, sondern meist als Krankheitszusstand, als eine Form der Depression. Auslöser dafür ist häufig eine nicht verarbeitete Trauer.
Porträt des Psychiaters Sigmund Freud, der als einer der Erfinder der Psychoanalyse gilt. (Imago Stock & People)Sigmund Freud: Schwermut als Krankheit (Imago Stock & People)
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„Man hängt an Objekten, die unerreichbar sind, die längst gewissermassen in das Reich des Todes gehören und des Verfalls und wir können uns davon nicht trennen, während Trauerarbeit ja gerade darin besteht, dass wir zwar den Verlust empfinden dürfen und auch sollen aber im Laufe der Zeit uns davon lösen und uns wieder dem Leben zuwenden. Und von dort aus ist bei Freud die Melancholie pathologisiert. Und das gilt eben sehr viel im Bereich der Psychotherapie und der Medizin, dass Melancholie eine negative Attitüde ist.“
Es ist erfreulich, wenn der „Mollath-Paragraph“ endlich geändert wurde und es höhere Hürden für eine Zwangseinweisung gibt. Das ging früher viel zu einfach und zu schnell.
Aus Report Mainz
„Mollath-Paragraph“ geändert. Bundestag beschließt höhere Hürden für Unterbringung in der Psychiatrie.
Der Fall Mollath, den REPORT MAINZ aufgedeckt hat, hat jetzt auch politische Folgen. Zwei Jahre nach dem Gustl Mollath frei gelassen wurde hat der Bundestag eine Änderung des Paragraphen 63 (StGB) beschlossen.
Das Bundesministerium der Justiz und für Verbrauchschutz hat aufgrund des Anstiegs der Zahl an Personen, die laut dem Paragraphen 63 des Strafgesetzbuches (StGB) in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht sind und der Diskussion aktueller Fälle, hierunter auch der Fall um Gustl Mollath, eine Prüfung dieses Paragraphen angeordnet. Hierzu wurde bereits im Februar 2014 eine interdisziplinär besetzte Bund-Länder-Arbeitsgruppe eingesetzt. 2015 lagen die Ergebnisse vor. In einer Pressemitteilung des Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz zur Neuauflage des Paragraphen 63 heißt es: „Ziel ist es, dass Betroffene besser vor unverhältnismäßigen und unverhältnismäßig langen Unterbringungen geschützt sind, ohne dass wir das Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit aus den Augen verlieren. Lebenslange Unterbringungen sollen zwar nach wie vor möglich sein, aber nur noch in wirklich schweren Fällen.“ Weiterhin sieht das Gesetzt nun vor, dass Personen, bei denen von einem geringen Risiko auszugehen ist nicht im Maßregelvollzug untergebracht werden. Auch Gutachten sollen künftig statt alle fünf Jahre im Abstand von drei Jahre erstellt werden und intensiver darauf geprüft werden, ob eine Unterbringung notwendig ist.
Für die bayerische Justiz war Gustl Mollath über viele Jahre ein krimineller Irrer. In dem Wahn seine Frau sei Teil eines riesigen Schwarzgeldskandals, habe er diese schwer misshandelt. 2010 wendet sich Gustl Mollath an die Redaktion Report Mainz, beteuert seine Unschuld und bittet um Hilfe. Wir recherchieren über Jahre, bringen immer neue brisante Details ans Tageslicht.
2012 wird der Redaktion dann ein interner Revisionsbericht der HypoVereinsbank zugespielt. Dieses Dokument zeigt: Die Angaben Gustl Mollaths zu den Schwarzgeldgeschäften seiner Ex-Frau und weiterer Mitarbeiter der Bank waren kein Wahn, sondern die Wahrheit. Diese Veröffentlichung ist ein Wendepunkt im Leben von Gustl Mollath. Einige Monate später wird sein Fall neu aufgerollt, er kommt frei.
Anmerkung: ex-Justizministerin Beate Merk hat wissentlich gelogen.
Das Landgericht Nürnberg-Fürth unterstellte ihm ein „paranoides Gedankensystem“. Grundlage war ein fragwürdiges Gutachten. Doch ein von REPORT MAINZ öffentlich gemachter Sonderrevisionsbericht der Hypovereinsbank vom März 2003 entlarvte: Alle nachprüfbaren Aussagen Mollaths haben sich als zutreffend herausgestellt.
Monate zuvor hörte sich das bei der bayerischen Justizministerin Beate Merk im Rechtsausschuss des bayerischen Landtages anders an: Obwohl sie damals schon von dem Sonderrevisionsbericht wusste, sagte sie, dass die Anschuldigungen Mollaths nicht zutreffen würden. Beate Merk behauptete auch noch später in einer Pressemitteilung des bayerischen Justizministeriums weiterhin, „dass die bankinternen Untersuchungen die Vorwürfe Mollaths gerade nicht bestätigt haben.“
Später übernahm Kryspin-Exner das Ordinariat für Psychiatrie in Innsbruck. Das ist insofern interessant, weil eine seiner Mitarbeiterinnen die heute äußerst umstrittene Psychiaterin Maria Nowak-Vogl war.
In psychiatrischen Fachkreisen wird der Fall Maria Nowak-Vogl bis heute totgeschwiegen oder allenfalls herabgespielt.
Sie soll über Jahrzehnte hinweg Experimente mit Heimkindern auf der Innsbrucker Kinderbeobachtungsstation gemacht haben. Wie der KURIER berichtete, wurde Mädchen im Alter von acht oder neun Jahren das Medikament Epiphysan injiziert, um ihr „sexuelles Verlangen“ zu stoppen. Erst auf Grund eines ORF -Berichtes im Jahr 1980 sah sich Kryspin-Exner veranlasst, die Behandlungsmethoden von Nowak-Vogl zu unterbinden. Der Zeithistoriker Horst Schreiber hat die Zeit Nowak-Vogls aufgearbeitet. „Sie war wie besessen davon, sexuelle Regungen im Keim zu ersticken.“ Vor allem „Kinder aus dem Proletariat“ habe sie als „genetisch minderwertig“ abgekanzelt. „Bei ihr kommt immer wieder die NS-Diktion durch.“
Alle genannten Mediziner, die in den 60-Jahren tätig waren, sind mittlerweile verstorben. http://kurier.at/nachrichten/wien/4484163-neues-opfer-im-malaria-skandal.php
“der Standard”:
Die “Malariatherapie” sei ab den späten 1920er Jahren gegen Syphilis zum Einsatz gekommen, ihm selbst sei allerdings nicht bewusst gewesen, “dass das nach dem Zweiten Weltkrieg noch gelaufen ist”. Allerdings: “Für psychiatrische Erkrankungen gab es gar keine Verwendung”, so Kasper.
Um Syphilis-Patienten den Malariaerreger spritzen zu können, habe man freilich “Erregerträger” gebraucht.
[…]
Laut dem Historiker Horst Schreiber sei Nowak-Vogl durch streng katholisches Denken und andererseits durch den Nationalsozialismus geprägt gewesen. In dessen Tradition stehe Röntgenbehandlung, die die Psychiaterin auch nach dem Zweiten Weltkrieg noch angewandt habe: “Nowak-Vogl beschreibt selbst den Fall eines Fünfjährigen, den sie mit einer Serie von Röntgenstrahlen behandelt hat, wegen des Jähzorns, den er an den Tag legte.” http://www.wienerzeitung.at/nachrichten/panorama/chronik/434003_Experimente-an-Tiroler-Heimkindern.html
Maria Nowak-Vogl
Kinder mit Kuhspritze behandelt. Auch Vorarlberger betroffen.
“Ihre Methoden kamen erstmals ans Licht, als sich das Fernsehen 1980 für sie interessierte. Im Interview gab Nowak-Vogl, die 1998 verstorben ist, zu, das Mittel aus der Tiermedizin zur Vermeidung von Brunftverhalten bei Kühen angewandt zu haben. Nowak-Vogl demontierte sich mit ihren Aussagen vor laufender Kamera selbst. So war die 15-jährige Christine 1978 zu ihr eingeliefert worden, weil sie bei ihrem Freund übernachtet hatte. Nowak-Vogl diagnostizierte sexuelle Verwahrlosung und spritzte dem Mädchen insgesamt zehn Ampullen des Hormonpräparats Epiphysan, das laut Nowak-Vogl ein Jahr lang auf den weiblichen Hormonhaushalt wirkte.” http://www.vol.at/kinder-mit-kuhspritze-behandelt-auch-vorarlberger-betroffen/3163981
Laut dem Historiker Horst Schreiber sei Nowak-Vogl durch streng katholisches Denken und andererseits durch den Nationalsozialismus geprägt gewesen. In dessen Tradition stehe Röntgenbehandlung, die die Psychiaterin auch nach dem Zweiten Weltkrieg noch angewandt habe: “Nowak-Vogl beschreibt selbst den Fall eines Fünfjährigen, den sie mit einer Serie von Röntgenstrahlen behandelt hat, wegen des Jähzorns, den er an den Tag legte.” http://www.wienerzeitung.at/nachrichten/panorama/chronik/434003_Experimente-an-Tiroler-Heimkindern.html
Maria Nowak-Vogl
Kinder mit Kuhspritze behandelt. Auch Vorarlberger betroffen.
“Ihre Methoden kamen erstmals ans Licht, als sich das Fernsehen 1980 für sie interessierte. Im Interview gab Nowak-Vogl, die 1998 verstorben ist, zu, das Mittel aus der Tiermedizin zur Vermeidung von Brunftverhalten bei Kühen angewandt zu haben. Nowak-Vogl demontierte sich mit ihren Aussagen vor laufender Kamera selbst. So war die 15-jährige Christine 1978 zu ihr eingeliefert worden, weil sie bei ihrem Freund übernachtet hatte. Nowak-Vogl diagnostizierte sexuelle Verwahrlosung und spritzte dem Mädchen insgesamt zehn Ampullen des Hormonpräparats Epiphysan, das laut Nowak-Vogl ein Jahr lang auf den weiblichen Hormonhaushalt wirkte.” http://www.vol.at/kinder-mit-kuhspritze-behandelt-auch-vorarlberger-betroffen/3163981
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Die Betroffenen erlebten Maria Nowak-Vogl auf der Kinderbeobachtungsstation in Innsbruck als ungerührten und kalten, ebenso lieb- und gefühllosen wie angsteinflößenden Menschen, der sie verachtete und verächtlich machte, einmal kühl strafend, dann wieder hysterisch schreiend, bisweilen als Zuchtmeisterin, die auch vor körperlicher Gewalt nicht zurückschreckte.
Es ist gut, wenn Menschen, wenn auch oft spät Genugtuung erleben, weil ihnen im Leben großes Unrecht widerfahren ist. Egal ob als Kinder in einem Heim oder als Menschen mit schrecklichen Psychiatrie-Erfahrungen.
Hier eine Abhandlung dazu aus der SZ.
Späte Genugtuung
Eine Stiftung will Menschen, die in Psychiatrien oder Behinderteneinrichtungen Gewalt erfuhren, Gehör verschaffen. Endlich, sagen Betroffene.
Oswald Haun denkt noch oft an die Erzieherin im Internat der Würzburger Gehörlosenschule. „Sie war eine schöne Frau“, erinnert er sich. Er stand vor ihr als Bub mit seinen neun Jahren. Und dann sah er, wie sie die Faust ballte und ausholte. Augenblicklich fühlte er einen rasenden Schmerz. Das Blut rann aus seiner Nase. Auch die Lehrer in der Gehörlosenschule hätten ihn immer wieder geprügelt, eine Lehrerin und sogar der Pfarrer im Religionsunterricht, sagt er. Aber dieser eine Augenblick im Internat, der verfolgt den 63-Jährigen bis heute. Eines Tages erfuhr Haun von der „Stiftung Anerkennung und Hilfe“ für Menschen, die wie er als Kinder oder als Jugendliche in Heimen der Behindertenhilfe oder auch in psychiatrischen Einrichtungen Unrecht erfahren haben. Betroffene, so hieß es, könnten mit Hilfe der Stiftung auf Beratungsangebote sowie auf finanzielle Leistungen hoffen.
Oswald Haun fasste sich ein Herz, schrieb einen Brief an die Münchner Anlaufstelle der Stiftung – in der ganz eigenen Grammatik der Gebärdensprache, die sich deutlich von jener der Hörenden unterscheidet: „Wenn Lehrerin mich mit Gebärden erwischt, meistens schmale Stock auf Hand schlagen“, schrieb er da. Auch der Hausmeister habe zugeschlagen, „mit dicke Stock“. Haun bekam umgehend Antwort von der Anlauf- und Beratungsstelle, angesiedelt beim Zentrum Bayern Familie und Soziales. Noch sind es nicht viele, die sich wie er bei der Stiftung als Betroffene gemeldet haben. „Bislang haben aus ganz Bayern lediglich 77 Personen mit uns Kontakt aufgenommen“, sagt Stefan Rösler, der Leiter der Anlaufstelle. Rösler erwartet jedoch bereits in absehbarer Zeit „Wellen von Anmeldungen“.
Dafür spreche seine Erfahrung mit dem Fonds „Heimerziehung West“. Der wurde vor fünfeinhalb Jahren für ehemalige Heimkinder eingerichtet, die von 1949 bis 1975 in westdeutschen Einrichtungen der Jugendhilfe körperlich und psychisch misshandelt oder gar sexuell missbraucht worden waren. Rösler hatte 2012 den Aufbau der Bayerischen Anlaufstelle für ehemalige Heimkinder übernommen. Die Fakten, die aus dieser Initiative resultieren, beeindrucken: Etwa 3000 potenziell betroffene ehemalige Heimkinder aus ganz Bayern haben sich gemeldet, und gut 2600 profitieren augenblicklich von diesem Fonds. „Mittlerweile wurden in Bayern 32,77 Millionen Euro ausgezahlt“, sagt Rösler. Von diesen Leistungen waren aber all jene ausgeschlossen, die in Einrichtungen der Behindertenhilfe sowie in der Psychiatrie großes Leid erlitten hatten. Das brachte die Politik auf den Plan. Bayern spielte dabei eine tragende Rolle. Wie viel Arbeit dahintersteckte, offenbart sich in den Worten von Sozialministerin Emilia Müller (CSU): „Endlich“, so sagte sie im April dieses Jahres, gebe es eine solche Unterstützung und Hilfe auch für misshandelte Menschen mit Behinderung und für jene mit schrecklichen Psychiatrie-Erfahrungen.
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Peter Steidl und Oswald Haun (von links) haben als Kinder im Gehörlosen-Internat viel Leid erlebt. Heute ist alles besser, sind sie sicher.
(Foto: Dietrich Mittler)
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Der bei Augsburg lebende Alfred Deisenhofergehört zu jenen, die in der Psychiatrie „die Hölle auf Erden“ erlebt haben. „Das war Folter“, beschreibt der 82-Jährige die damaligen Behandlungsmethoden. Zu diesen gehörten die sogenannten Insulinschocks. Auch Deisenhofer wurde mit so hohen Insulindosen behandelt, dass er wegen extremer Unterzuckerung ins Koma fiel. Aber nicht nur das: „Im Koma habe ich auch noch Elektroschocks zur Behandlung meiner angeblichen Schizophrenie bekommen“, sagt er. Insgesamt sei er zwölf Mal auf diese Weise mit Elektroschocks behandelt worden – doch das hätten ihm die Ärzte damals verschwiegen. Erst später erfuhr er das aus Unterlagen.
Deisenhofer war 1953 als 18-Jähriger in die Psychiatrie eingewiesen worden, weil er gegen sein hochproblematisches Elternhaus rebelliert hatte. Ihm wurde damals ein schizophrener Schub diagnostiziert. „Längst aber ist es offenkundig, dass ich nicht schizophren bin“, sagt er. Doch die aus heutiger Sicht falsche und unmenschliche Behandlung habe für ihn verheerende Folgen gehabt. Die ohne seine Zustimmung verabreichten Elektroschocks hätten ihn sowohl körperlich als auch psychisch beschädigt, sagt er. So sehr, dass Alfred Deisenhofer später seinen Beruf als Lehrer vorzeitig aufgeben musste. Auch er hofft nun auf „Rehabilitation“ und „Entschädigung“ durch den neuen Fonds.
„Viele Menschen leiden heute noch unter den Folgen der damaligen Geschehnisse“, ist sich Sozialministerin Müller sicher. Es gelte nun, diese Menschen zu ermutigen, die Angebote der Stiftung in Anspruch zu nehmen. Stefan Rösler setzt darauf, dass sich an dieser Aufgabe auch die großen Einrichtungen beteiligen – und das sowohl von Seiten der Behindertenhilfe als auch von Seiten der Psychiatrie. „Die größte Herausforderung für uns ist, dass wir es schaffen, auch das Schicksal von geistig Behinderten zu dokumentieren“, sagt Rösler. Auch sie haben Unrecht erlitten, können dies aber oft nicht kommunizieren. „Aber da wissen vielleicht andere etwas über deren Schicksal, vielleicht gibt es Zeugen, womöglich auch wissenschaftliche Erkenntnisse über die Einrichtung“, hofft Rösler. Schon allein deshalb sei es jetzt essenziell, dass große Einrichtungen aktiv werden – dass sie die Betroffenen ansprechen und unterstützen.
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Peter Steidl indes berichtet, wie er beinahe von einem der älteren Internatsschülern mit einem Kissen erstickt worden wäre. Als er dies einer Erzieherin meldete, bekam er sogar noch Ohrfeigen. „Eine finanzielle Entschädigung“, so sagt der 62-Jährige, „kann das alles nicht auslöschen. Das bleibt im Kopf einfach haften.“ Steidl hat gleichwohl seinen Antrag bei der Stiftung eingereicht. „Es tut so gut, dass einem endlich geglaubt wird“, sagt er.
Zu Alfred Deisenhofer noch einige Erklärungen und Ergänzungen.
Auszug aus: Alfred Deisenhofer (Münchner Psychiatrie-Erfahrene [MüPE] e.V.)
Die Versuchung, EKT zur Lösung aller möglichen Probleme anzuwenden, scheint für Psychiater sehr groß zu sein zum Schaden vieler Patienten, die oft glauben, dass der Stromstoß ins Gehirn keine Schäden verursache, bis sie durch schmerzliche Erfahrung eines besseren belehrt sind.
Ich selbst wurde jahrzehntelang im Unklaren darüber gelassen, ob und wie viele Elektroschocks ich während meines Zwangsaufenthaltes in Haar (*) bekommen hatte und wegen welcher Diagnose. Ich musste also meine noch 1986 testpsychologisch festgestellten Ausfallserscheinungen dem Fortschreiten einer Krankheit zurechnen, die ich nicht gehabt hatte. Erst 1990 habe ich durch ein Gerichtsgutachten (in dem es um meine Behinderung ging, nicht um eine Klage), welches aus meinen Originalkrankenpapieren wörtlich zitierte, eher beiläufig zur Kenntnis nehmen können, dass ich zusätzlich zu den 19 Insulinschocks auch diskret 12 Elektroschocks erhalten hatte, was meine schweren Ausfallserscheinungen nach meinem ersten Aufenthalt in Haar für mich nachträglich erklärte. In einem Gerichtsgutachten von 1986 war aber noch sachwidrig behauptet worden, in meinen Haarer Krankenpapieren wäre gar keine EKT dokumentiert, aus den dortigen Unterlagen ginge nicht hervor, dass ich EKT erhalten habe.
Als Nichtprofi glaubt man immer dem Fachmann und seinem Gutachten, auch wenn die Aussage falsch ist. Ich persönlich bin sicher, dass ich bei meinem Erstaufenthalt in der Klinik 1953 in Haar als 18-Jährger durch unnötig und willkürlich gegebene Schocktherapie so geprägt und geschädigt wurde, dass sich von da an mein ganzes Leben und meine Persönlichkeit zum Negativen hin veränderte. Meine nachfolgende Psychiatriekarriere wäre ohne diese Schockbehandlung nicht eingetreten.Aus psychiatrischer Sicht wurde meine Geisteskrankheit damals zum ersten Mal erkannt und hat sich »trotz«, nicht wegen der Heilkrämpfe (die man dem Patienten natürlich aus »therapeutischen Gründen« gegeben und verschwiegen hatte) dann weiterentwickelt. Aus meiner Sicht sieht das anders aus.
Ich gehe auch davon aus, dass viele stationäre Langzeitpatienten, die heute versorgt werden müssen, noch Opfer der damals extensiv geübten Schocktherapie sind, ohne es zu wissen.Meine eklatanten sprachlichen Defizite (Aphasie) nach EKT haben sich im Laufe der Jahrzehnte unter günstigen Bedingungen nach und nach zurückgebildet, die visuellen Defizite sind aber heute noch offenkundig, obwohl nicht mehr ganz so schwerwiegend wie unmittelbar nach der Behandlung. Dass EKT damals für mich das soziale Aus bedeutete, lässt sich auch an meinem Schülerbogen ablesen, den ich beilege.
Ich kenne verschiedene Psychiatrieerfahrene, die auch glaubhaft behaupten, EKT erhalten zu haben, die es aber nicht belegen können, weil man es ihnen verheimlicht hat. Es ist sehr schwierig, dann eine Gehirnschädigung durch EKT zu behaupten, wenn EKT nicht dokumentiert ist. Unter vielen Leidensgenossen bin ich fast ein Ausnahmefall, dass ich heute nach 40 Jahren definitiv weiß, was damals an mir und vielen anderen verübt wurde. Eine mir bekannte Psychiatrieerfahrene hat in den 80er Jahren nach einem Klinikaufenthalt in der Uniklinik Bonn durch ihren Hausarzt nachträglich erfahren, dass die »Heilschlafbehandlungen« eigentlich Elektrokrampfbehandlungen mit vorheriger Betäubung waren.
Ich lege einige Seiten aus Lehrbüchern vor, in denen das »amnestische Syndrom« als nicht schockverursacht, sondern konstitutionsbedingt hingestellt wird. Das ist typisch für die Denkweise der Schockärzte, dass sie die Folgen einer iatrogenen Hirnschädigung entweder nicht zur Kenntnis nehmen oder einfach auf die morbide Konstitution des Klienten abwälzen. Als ich Patient in Haar war, wurden noch häufig (eben auch an mir) Elektrokrämpfe in der Bewusstlosigkeit eines vorher erzeugten Insulinkomas verabreicht. Man nannte das »Kombinationsschock« und sprach dem doppelten Schock doppelte »Heilkraft« zu, nach dem Motto« je mehr desto besser«.
Heute wird ja schnell mal jemand als Narzisst bezeichnet. Aber was genau ist ein Narzisst oder eine Narzisstin? Es wird ja oft Politikern Narzissmus nachgesagt, ein gewisser Hang zur Selbstdarstellung. Bis zu einem gewissen Grad wird es auch bei vielen zutreffen. Problematisch wird es, wenn der Narzissmus in extremer Form bei einem Politiker an höchster Stelle festzustellen ist. Die Psychologie-Professorin Diana Diamond meint, dass wir heute in einer Gesellschaft leben in denen sich Menschen narzistisch beschädigt und verletzlich fühlen.
Auf jeden Fall sieht Diana Diamond und andere 33 Berufskollegen Anzeichen, dass Trump an einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung leiden könnte. Wenn man auch mit Ferndiagnosen sehr vorsichtig sein muss.
Hier eine Abhandlung dazu aus Deutschlandfunk
Psychologen zweifeln an Trumps geistiger Gesundheit
Ist US-Präsident Donald Trump krankhaft narzisstisch? Die New Yorker Psychologie-Professorin Diana Diamond sieht dafür Anzeichen. Sie mag sich aber nicht dem Schritt ihrer 33 Berufskollegen anschließen, die in einem offenen Brief gewarnt hatten: Trump sei emotional zu instabil, um die Rolle als Präsident sicher auszuführen.
Von Kai Clement
US-Präsident Donald Trump (imago / ZUMA Press)
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Das Einmaleins des Zusammenlebens – einfach erklärt für den ersten Mann im Staat von John Oliver: Auch wenn es sich manchmal so anfühle, als wenn er der einzige Mensch der Welt sei – tatsächlich stimme das nicht. Die Schautafel zeigt die ganzen sogenannten „Nicht-du-Menschen“, man nenne sie: die anderen Menschen.
Worüber John Oliver sich in seiner Comedy-Show lustig macht, ist für andere ein ernsthafter Anlass zur Sorge: Leidet der Präsident etwa unter einer Persönlichkeitsstörung? Einer narzisstischen Störung – verbunden mit der Unfähigkeit, sich in andere einzufühlen, statt dessen Machtfantasien und Prunk. 33 Psychologen und Psychiater schrieben einen offenen Brief an die Zeitung „New York Times“. Trump zeige gravierende emotionale Instabilität. Sie gingen so weit, zu warnen, dass er deshalb unfähig sei, das Amt des Präsidenten sicher auszufüllen.
Diana Diamond findet den Schritt ihrer Kollegen sehr mutig – ist ihn aber nicht mitgegangen: „Ich bin vorsichtiger in der Frage, ob Trump wirklich geeignet ist. Ich ziehe es vor, dass die Öffentlichkeit ihre eigenen Schlussfolgerungen zieht.“
Damit hält sich die Psychologie-Professorin und Expertin für narzisstische Störungen an der City University of New York streng an die Regeln ihrer Zunft. Die sogenannte Goldwater-Regel besagt, es sei unethisch, Ferndiagnosen über Personen des öffentlichen Lebens abzugeben und diese ohne deren Einwilligung publik zu machen. 1964 war deshalb Senator Barry Goldwater als Präsidentschaftskandidat gescheitert. Diana Diamond:
„Aber: Als Experten für geistige Gesundheit haben wir eine außerordentliche Verantwortung, die Öffentlichkeit über abweichendes Verhalten aufzuklären.“
„Beschäftigt mit Fantasien unbegrenzten Erfolgs“
Der sich ewig selbst im eignen Spiegelbild betrachtende Narziss ist für die Weltgesundheitsorganisation und die „American Psychiatric Association“ der Namensgeber für eine ganze Symptomliste, erklärt Diamond:
„Ein grandioses, aufgeblasenes Gefühl von Selbstgefälligkeit. Ein obsessiver Drang nach Bewunderung und Schmeichelei. Beschäftigt mit Fantasien unbegrenzten Erfolgs. Macht. Omnipotenz. Sie glauben, dass sie etwas Besonderes sind – und einzigartig behandelt werden sollten.“
Donald Trump maßregelt einen Reporter. Der hatte ihn nach den vielen antisemitischen Übergriffen in den USA gefragt – und zugleich versichert, er halte den Präsidenten selbst absolut nicht für einen Antisemiten.
Warum hat Amerika einen solchen Mann gewählt?
„Ich glaube, das Thema ist weniger ob dieser Präsident die eine oder andere Störung hat. Es gab Präsidenten, die ziemlich starke psycho-pathologische Züge hatten. Depression, Demenz, Manie.“
Der New Yorker Psychiatrie-Professor Richard Friedman hat darüber geschrieben – und die Frage gestellt: „Ist es an der Zeit, Trump psychisch krank zu nennen?“ Diana Diamond kontert das mit einer Gegenfrage:
„Was hat die Menschen dazu gebracht, diese Person zu wählen? Ich glaube, das hat auch etwas mit narzisstischen Problemen zu tun. Wir leben in einer Gesellschaft, in der Menschen sich narzisstisch beschädigt fühlen – und verletzlich.“
Es ist die Diagnose der Abgehängten – oder derjenigen, die sich, trotz insgesamt guter US-Wirtschaftsdaten, als solche fühlen.
Und dann schlägt Professorin Diamond noch ganz dunkle Kapitel der Geschichte auf, um an zwei Staatsführer zu erinnern, bei denen eine narzisstische Persönlichkeitsstörung sozusagen posthum diagnostiziert worden sei:
Es ist erschreckend zu sehen welche Leute in der Nachkriegszeit in der Heimerziehung tätig waren. Die meisten waren nicht ausgebildet dafür und sehr viele waren auch noch Anhänger der NS-Ideologie. Es ist kaum vorstellbar, was diese Heimkinder über sich ergehen lassen mussten. Total ausgeliefert und niemand wollte auf sie hören. Außerdem hatten sie Redeverbot in der Öffentlichkeit – mit Androhung von schwersten Strafen – die sie ja zur Genüge kannten.
Was sich Psychiater leisteten ist kaum beschreibbar und widerspricht jeder Menschenwürde und elementaren Menschenrechten. Zum Beispiel verwendete der Psychiater Andreas Rett, Oxazolidin, das heute aufgrund seiner Giftigkeit nur mehr als Schmiermittel verwendet wird.
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Hier ein Auszug aus dem Kurier des ehemaligen Zöglings Franz Josef Stangl (64).
In seinen beiden Büchern „Der Bastard“ und „Der Klosterzögling“ berichtet er über diese Zeit. „Jeder Zögling hat das Maximum an dem erlebt, was gerade noch auszuhalten war“, sagt Stangl heute. Prügel, Strafen, Erniedrigung. Von Pflegeeltern, von Ordensbrüdern. Im „Klosterzögling“ gibt Stangl einen Dialog zwischen Frau Schiestl von der Jugendfürsorge und ihm wieder: „Dein Vater ein Krimineller von der Veranlagung her, deine Mutter eine Kriminelle von Geburt aus, hast du schon einmal an Selbstmord gedacht?“ „Ja, Frau Fürsorgerin. Habe ich.“ „Und? Weshalb mangelt es an der Durchführung?“
Foto: KURIER/GnedtAbsolvierte eine „typische Heimkarriere“: Franz Josef Stangl schrieb sich die Seele frei
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Helmut Oberhauser, 62, hat es nicht Goethe, sondern einem Patienten, der neben ihm im Spital lag, zu verdanken, dass er unter die Autoren gegangen ist. „Der hat von den 50er- Jahren geschwärmt“, sagt Oberhauser. „Er hat gemeint, damals gab es noch Charakter-Menschen.“ Das war Oberhauser zu viel. Er wurde in diesem Jahrzehnt von seinem „Nazi-Vater“ in der Barackensiedlung in Wien geprügelt und landete zwei Mal im Kinderheim Schloss Wilhelminenberg. „Erzieher Hassan hat mit der Weidenrute so hingeschlagen, dass die Hand aufgeplatzt ist“, erinnert er sich. „Erzieher, ich bitte um gerechte Strafe“, mussten sich die Zöglinge erniedrigen. „Der Hitler hat vergessen, dass er euch erschlägt“, meinte Hassan, ehe es wieder Schläge setzte.
Oberhauser berichtet in seinem Buch „Die blaue Decke“ auch über den sexuellen Missbrauch eines zierlichen Buben durch einen Erzieher. „Der arme Bub ist dann auch noch von den älteren Kindern vergewaltigt worden.“ Was nicht im Buch steht (Oberhauser: „Die Lektorin wollte das nicht drinhaben“): Durch Löcher in der Wand konnte er mehrmals beobachten, wie Erzieher Mädchen im Duschraum vergewaltigen. „Manchmal wurden sie durch Ohrfeigen und Tritte gefügig gemacht.“
Als er im Jugendamt bekannt geben wollte, dass er verprügelt wird, gibt ihm die Fürsorgerin zur Antwort: „Pass auf, was du sagst, sonst kommst du in psychiatrische Behandlung.“
„Wir waren den Menschen im Weg“, sinniert Oberhauser im Interview über die Brutalität vieler der damaligen Elterngeneration. „Die haben den Krieg hinter sich gehabt und wollten leben. Das waren Ausläufer vom Nazi-System.“ Beide Autoren haben mit ihrer Vergangenheit Frieden geschlossen. Stangl durch jahrelange Therapie, Oberhauser durch seine Familie. „Obwohl ich meine Kinder durch meine Zuneigung fast erdrückt habe.“ Stangl erinnert sich: „Das Schlimmste war die Einsamkeit. Ich bin ja auch von den prügelnden Pflegeeltern weggelaufen. Das Gefühl war dann so schlimm, dass ich wieder zurückgekehrt bin.“
Hier noch ein Auszug aus Wikipedia. Ich sehe keinen Grund da an der Objektivität von Wikipedia zu zweifeln. Fakt ist auch, dass fast niemand von diesen Tätern zur Rechenschaft gezogen wurde.
Ideologische Kontinuitäten bei Personal und leitenden Positionen
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Kinderheim am Wilhelminenberg
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Das während der NS-Zeit beschäftigte Heimpersonal wurde nach dem Krieg großteils beibehalten oder mit der Begründung des Personalmangels nach kurzer Zeit wieder eingestellt. Aus demselben Grund und um Personalkosten zu sparen wurden auch viele ungeeignete und häufig in ihren ursprünglichen Berufen gescheiterte Personen eingestellt. Sie wurden zunächst von älteren Kräften in die im jeweiligen Heim gängigen Praktiken eingeschult. Später mussten sechswöchige Kurse absolviert werden: dieselben Kurse, die auch zur Ausbildung zukünftiger Gefängniswärter vorgesehen waren.[12]Elfriede Haglmayer, Heimleiterin in Kramsach-Mariatal, stellte bereits 1951 auf einer Tagung von Heimleitern und Erziehern österreichischer Fürsorgeerziehungsheime in Hartberg fest, dass viele ehemalige Nazis, die ihre früheren Berufe nicht mehr ausüben konnten, verbittert in den Heimen untergekommen waren.[13]Auch Ute Bock berichtet von ehemaligen SS-Angehörigen als Kollegen im Heim Biedermannsdorf.[14] Zugleich stieg die Zahl der eingewiesenen Kinder Ende der 1940er- und in den 1950er-Jahren an – nicht zuletzt deshalb, weil der Krieg viele unvollständige Familien zurückgelassen hatte. Die Erziehenden hielten weiterhin am Repertoire der Schwarzen Pädagogik fest: Die Kinder und Jugendlichen erlebten psychische, physische, soziale, sexualisierte und strukturelle Gewalt sowie sexuellen Missbrauch und sie wurden, wie schon die Kinder am Spiegelgrund, in die Psychiatrie eingewiesen, wenn all die „Güte und Stränge“ nicht halfen. In einem Großteil der Heime war die Gewalt exzessiv und überschritt das Maß dessen, was den Erziehenden nach dem Muster der elterlichen Erziehungsgewalt zustand. Jüngere Erzieher und Erzieherinnen, die ihre Stelle mit moderneren Vorstellungen von Kindererziehung angetreten sind, konnten diese nicht umsetzen. Sie mussten sich den vorhandenen Strukturen anpassen, andernfalls hätten sie ihr Einkommen aufs Spiel gesetzt. Die Organisationsform der Jugendfürsorge änderte sich gegenüber der Nazi-Zeit ebenso wenig und auch hier wurde belastetes Personal aufgenommen.[3]
Hans Krenek, bis 1934 Sozialist, nach dem austrofaschistischen Putsch Mitglied der Vaterländischen Front, im Nationalsozialismus Mitglied der NSDAP und pädagogisch-psychologischer Leiter der Jugendfürsorgeanstalt Am Spiegelgrund, wurde 1946 Mitglied der SPÖ und veröffentlichte einen Erziehungsratgeber, in dem er vor allem autoritäre, das Kind missachtende und auf Erziehung zur Ordnung ausgerichtete Ratschläge gab. Er arbeitete nach dem Krieg als Psychologe und Heilpädagoge und trat 1951 dem Bund Sozialistischer Akademiker bei. 1954 übernahm Krenek die Leitung des Referats der Wiener Jugendfürsorgeanstalten und war ab 1961 Leiter der städtischen Lehrlingsheime. In beiden Fällen gehörte auch die Auswahl des Personals für die städtischen Heime zu seinen Aufgaben.[15][16]
Karl Ourednik war während der NS-Zeit Leiter der Unterabteilung Jugendhilfe in der Abteilung 3, Wohlfahrtspflege und Jugendhilfe. Diese gehörte nicht der Gemeindeverwaltung an, sondern war eine Stabsstelle der NSDAP, deren Aufgabe es war, die Jugendfürsorge entsprechend der Parteiideologie umzuformen. 1951 scheint Ourednik als oberster Leiter der Wiener Berufsvormundschaften auf, ab 1952 war er zuständig für Rechtsangelegenheiten der Magistratsabteilung 11, dem Wiener Jugendamt, und verfasste 1956 einen maßgeblichen Teil der Wiener Heimverordnung. Von 1. Jänner 1963 bis 31. Dezember 1967 war Ourednik Leiter des Jugendamtes der Stadt Wien.[9]
Marianne Estl leitete im nationalsozialistischen Groß-Wien das Wohlfahrtsamt Liesing, welches auch die Agenden des Jugendamtes übernommen hatte. Nach dem Krieg war sie Erziehungsberaterin, von 1973 bis 1983 war sie Leiterin der Erziehungsberatung. In ihrer 1952 erschienenen Dissertation Intelligenzuntersuchungen an sexualdepravierten jungen Mädchen ist sie stolz auf ihre „in jahrelanger nachgehender Fürsorgearbeit erworbene Uebung in der Beurteilung von Milieusituationen“ und der Zuordnung zu den einzelnen Gruppen der „Verwahrlosung“ – Praxisjahre, die sie während des Nationalsozialismus erworben hat.Neben ihrer Schuldigsprechung sexuell missbrauchter Mädchen verwendet sie in ihrer Dissertation auch die Sprache des Nationalsozialismus, etwa verwendet sie häufig den Begriff „Material“. Estls Ausführungen über die Minderwertigkeit der Mädchen lassen keinen Grund erkennen, warum dieses „Material“ weiterleben sollte, zudem stellt sie menschenökonomische Berechnungen an, um die Belastung der Gesellschaft durch diese Mädchen nachzuweisen. Sie schlägt die Einrichtung einer Gefährdetenfürsorge vor, in der „arbeitsscheue“ Jugendliche und Mädchen mit „unsittlichem Lebenswandel“ zur Zwangsarbeit angehalten werden sollten. Gertrude Czipke kommt zu der Ansicht, dass Estl versuchte, die Methoden der NS-Fürsorge dem Jugendamt zu oktroyieren und sich eine gesetzlich abgesicherte Berechtigung zur Verhängung von Vorbeugehaft mit Zwangsarbeit zu verschaffen.[9]
Die berufliche Laufbahn der 1928 geborenen Hermine Koller begann zwar, nachdem sie die zweijährige Fürsogeschule der Stadt Wien absolviert hat, erst 1950 als Fürsorgerin am Jugendamt, ihre Sozialisation erfolgte jedoch im Nationalsozialismus und sie vertrat das gleiche Gedankengut wie Marianne Estl. Ihr Psychologiestudium schloss Koller 1962 bei Sylvia Bayr-Klimpfinger mit der Dissertation Zum Problem der Verwahrlosung weiblicher Jugendlicher unter Berücksichtigung ihrer Einstellung zu den verschiedenen Lebensbereichen ab und wurde ab 1964 im Psychologischen Dienst (vormals Erziehungsberatung) beschäftigt. Verwahrlosung erkannte Koller schon, wenn ein Mädchen außerhalb des Elternhauses übernachtete oder den Arbeitgeber wechselte, was sie als Arbeitsflucht bezeichnete.Bereits in ihrer Dissertation wünschte sie sich einen Ausbau des Heimwesens, und zwar in Richtung Arbeitserziehung: In geschlossenen Heimen sollten einfache Fließbänder eingerichtet werden, an welchen die Insassinnen in unbezahlter Zwangs-Akkordarbeit zur Arbeit erzogen werden sollten. In allen ihren 25 Fallgeschichten stellt Arbeitsflucht den Grund für die Einweisung in ein geschlossenes Heim dar, womit für die Jugendlichen der nationalsozialistische Arbeitszwang noch in den 1960er-Jahren galt. 1983 wurde sie als Nachfolgerin Estls Leiterin des Psychologischen Dienstes. 1987 war sie mit der Redaktion eines Teils des Berichtes 70 Jahre Wiener Jugendamt beauftragt, in welchem ihre geistige Prägung ebenfalls zum Ausdruck kommt.[9]
Johanna Hauke schrieb in ihrer Dissertation Untersuchungen über ethische Begriffe Verwahrloster 1951 von „Beobachtungsmaterial“ und legte den untersuchten Mädchen nicht nur „Versagen am Arbeitsplatz“, „Arbeitsunwilligkeit“ oder etwa die Fahnenflucht des Vaters zur Last, sondern auch „am Spiegelgrund dreimal durchgegangen“. Ihre Beobachtungen hatte sie in der 1944 bis 1945 bestehenden und von Sylvia Bayr-Klimpfinger geleiteten „medizinische-pädagogisch-psychologische Untersuchungsanstalt für Kinder und Jugendliche in Perchtoldsdorf“ gemacht. Sie wurde später Psychologin der Jugendfürsorge Niederösterreichs.
Alfred und Margarete Stellbogen betrieben seit 1924 das Kinderheim Wimmersdorf. Beide waren eingetragene Mitglieder der NSDAP, Margarete Stellbogen war auch in der NS-Frauenschaft aktiv. Alfred Stellbogen war zudem von 1938 bis 1945 Bürgermeister des Nachbarortes Johannesberg und Zellenleiter. Er machte mit den ihm anvertrauten Fürsorgezöglingen Waffen- und Geländeübungen. Einige Kinder aus Wimmersdorf wurden auf den Spiegelgrund überstellt, drei von ihnen wurden dort ermordet. Nach dem Krieg beschickte das Wiener Jugendamt das Heim ungebrochen weiter mit in Fürsorgeerziehung geratenen Buben. Bei der Beurteilung nach § 21 des Verbotsgesetzes[17] gab Margarete Stellbogen an, die Anmeldung zur Partei erfolgte aufgrund der Sorge um den Fortbestand des Kinderheimes. Erst nach einem kritischen Bericht in der ORF-Sendung Teleobjektiv im Jahr 1980 wurde der Vertrag von der Stadt Wien gekündigt, was die Schließung des Heimes im Jahr 1981 zur Folge hatte.[3][18] Forschungen, wie weit das Kinderheim Wimmersdorf in direktem Zusammenhang mit der Kindereuthanasie stand, sind noch nicht abgeschlossen.[19]
Im Jugendheim des Landes Oberösterreich auf Schloss Leonstein gab es eine Heimleiterin mit umfangreicher NS-Vergangenheit: Eva Maria Meditz war unter anderem im Nationalsozialistischen Lehrerbund aktiv und ging bei der Überprüfung durch die amerikanische Militärbehörde als Mitläuferin durch.[20]
Auch in Tirol kamen bekannte Austrofaschisten und NS-Parteigänger in Führungspositionen des Fürsorgewesens, wie der zuvor im NS-Fürsorgeapparat tätige Alfred Haindl, der es zum Leiter des Tiroler Landesjugendamtes brachte. Als solcher förderte er auch die Karriere von Maria Nowak-Vogl, die ihre Ausbildung während der NS-Zeit erhielt und sich später nicht von dem Gedankengut trennen konnte. Noch 1959 stellte sie die Frage,
„ob unsere öffentlichen Mittel, unsere beste Arbeitskraft, unsere vorzüglichste Sorge jenen zuzuwenden sei, die in irgendeiner Weise missraten, doch nie zu vollwertigen Menschen werden.[10]“
Diskrete geistige Fortsetzung der NS-Psychiatrie
Auch klinische Heilpädagogik und klinische Psychiatrie behielten weiterhin Einfluss auf die Heime. Wer aufsässig, unruhig oder Bettnässer war, masturbierte oder der Lüge bezichtigt wurde, lief Gefahr, auf eine medizinische oder psychiatrische Kinderstation zu kommen und dort medizinischen Versuchen ausgesetzt zu sein.Tausende Kinder wurden in der Klinik Hoff, in der Kinderabteilung des Krankenhauses Lainz, in der psychiatrischen Kinderstation der Universitätsklinik Innsbruck und der dort beheimateten Kinderbeobachtungsstation Maria Novak-Vogl für die medizinische Forschung missbraucht, oder sie bekamen ohne Narkose Elektroschocks von Erwin Ringel – strafweise, wie sich aus den Akten nachweisen lässt. Wer in die heilpädagogische Abteilung des Landeskrankenhauses Klagenfurt kam, war in Gefahr, von Franz Wurst sexuell missbraucht zu werden, was dieser als „Zuwendungstherapie“ bezeichnete.
Hans Asperger, Heinrich Gross, Hans Hoff, Maria Novak-Vogl,Andreas Rett, Erwin Ringel und Walter Spiel verwendeten in ihren Publikationen bis in die 1970er-Jahre vorwiegend die verräterischen Ausdrücke „Versuchsmaterial“ oder „Versuchsgut“, nur selten fanden sie zu menschlichen Begriffen wie „Kinder“, was darauf schließen lässt, dass es in der österreichischen Psychiatrie und Heilpädagogik kaum einen Bruch mit der Nazizeit gab. Der Vorstand des Instituts für Geschichte der Medizin in Wien, Michael Hubenstorf, bezeichnet das, was tausenden Kindern unter dem Deckmantel der ärztlichen Hilfeleistung nach 1945 angetan wurde, als „diskrete geistige Fortsetzung der NS-Psychiatrie“.
Stellvertretend für andere höchst kritikwürdige (um es vorsichtig auszudrücken) Psychiater hier Maria Novak-Vogl und Andreas Rett (der später Maria Nowak-Vogl vor Gericht mit einem Gutachten entlastete).
Maria Nowak-Vogl
Fast alle in den Jahren 1954 bis 1987 in Tirol, Vorarlberg und Salzburg verhaltensauffällig gewordenen Kinder gerieten in die Hände von Maria Nowak-Vogl. Sie leitete die Kinderbeobachtungsstation der Kinderpsychiatrie Innsbruck, wo sie insgesamt 3650 Kinder behandelte. Nebenbei war sie Gerichtsgutachterin sowie psychiatrische Beraterin von Kinder- und Jugendheimen. Bettnässer mussten bei ihr auf Matratzen schlafen, die bei Feuchtigkeit zu klingeln begannen, und wer tagsüber in die mit einem elektrischen Gerät verkabelte Hose machte und damit den Alarm auslöste, bekam zusätzlich Stromstöße. Die Hosen, deren Alarm sich nur im Haus abstellen ließ, mussten auch außerhalb der Station getragen werden, etwa bei Freizeitaktivitäten außer Haus oder in der Kirche, wodurch die Kinder nicht nur vor der Gruppe sondern auch öffentlich bloßgestellt wurden. Gegen Masturbation setzte Nowak-Vogl Epiphysan (ein Hormon aus der Zirbeldrüse von Rindern) ein, obwohl ihr bekannt war, dass dieses Medikament zu schweren Hodenschädigungen führte. Sie habe sich, wie sie 1965 in einer Fachzeitschrift ausführte, trotz aller Bedenken für das Medikament entschieden, weil die Folgen einer „exzessiven sexuellen Aktivität“ gravierend seien. Als die Staatsanwaltschaft Innsbruck im Jahr 1980 gegen Nowak-Vogl ermittelte, rechtfertigte Andreas Rett deren Verwendung von Epiphysan mit der Begründung, dass er selbst das Medikament über einen Zeitraum von 17 Jahren an 500 Behinderten erprobt habe.[22] Weiters setzte Nowak-Vogl bei „Verwahrlosung“ und „Wutanfällen“ Röntgenstrahlen ein, die keinerlei therapeutischen Wert hatten. Da bereits seit den 1950er-Jahren in Fachzeitschriften unmissverständlich vor Krebsschäden durch Röntgenstrahlung gewarnt wurde, wird darin eine absichtliche schwere Körperverletzung gesehen. Auch Medikamente gegen Epilepsie und Betäubungsmittel kamen zum Einsatz, um die Kinder „zur Ruhe zu bringen“. Besonders demütigend war für die Kinder auch die Benützung als Vorführobjekte in Lehrveranstaltungen, bei denen sie angezogen oder nackt in herabwürdigender Weise präsentiert wurden.
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Andreas Rett
Während seiner Tätigkeit als Leiter der Kinderabteilung des Krankenhauses Lainz (bis 1975) und als Leiter der Abteilung für entwicklungsgestörte Kinder am Neurologischen Krankenhaus Rosenhügel in Wien (1975 bis 1989) führte Andreas Rett neben den oben erwähnten 500 Epiphysan-Behandlungen auch andere Medikamenten-Versuche an Kindern – auch Heimkindern – durch. Dazu gehörten etwa Oxazolidin, das heute aufgrund seiner Giftigkeit nur mehr als Schmiermittel verwendet wird, und Thalidomid: Zwar war zur Zeit seiner Versuche (1958 bis 1961) der Contergan-Skandal noch kein Begriff, das Medikament hatte aber auch andere schwere Nebenwirkungen, die häufig und zeitnah auftraten. Andreas Rett arbeitete zeitweise auch eng mit Heinrich Gross zusammen.
Man muss sich fragen was läuft da eigentlich vor im Frankenland. Der in ganz Deutschland bekannte Fall Gustl Mollath, dem 7 1/2 Jahre in der Psychiatrie gestohlen wurden, hat jetzt auch noch den Tod seines Bruders Jürgen zu beklagen. Jürgen Mollath starb zwei Wochen nach der Klinik-Einlieferung. Bei der Todesursache wurde nur Herzversagen angegeben und die massiven Hämatome vor allem im Hals- und Kopfbereich des Toten wurden verschwiegen. Warum? War es Körperverletzung mit Todesfolge oder etwa Misshandlung mit Todesfolge?
Auch die Unterbringung in der Psychiatrie selbst war unverhältnismäßig. Wie viele wären in der Psychiatrie, wenn alle wegen Schwarzfahrten und einer Zechprellerei in der Klapsmühle landen würden?
Aus der Münchner Abendzeitung.
Mysteriös: Mollath-Bruder liegt tot in der Psychiatrie
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Das wohl bekannteste Bild von Gustl Mollath: Am 6. August 2013 verlässt er mit einer Topfpflanze das Bezirkskrankenhaus in Bayreuth. Ist seinem Bruder Jürgen ein ähnliches Shicksal widerfahren? Foto: dpa
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Der Bruder von Gustl Mollath ist tot: Wie der 70-Jährige ums Leben gekommen ist, wirft Fragen auf. Ebenso die Tatsache, warum der Mann ins Bezirksklinikum gebracht worden ist. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft.
Nürnberg – Der Name Gustl Mollath steht für ein beispielloses Versagen von Justiz und Psychiatrie. Mehr als sieben Jahre saß er unter rechtswidrigen Umständen in den geschlossenen Abteilungen der Bezirkskrankenhäuser Straubing und Bayreuth.Jetzt taucht der Name Mollath erneut in Zusammenhang mit fragwürdigen Vorgängen auf. Diesmal geht es um seinen älteren Bruder Jürgen (70), der im Bezirkskrankenhaus Ansbach unter mysteriösen Umständen gestorben ist.
Die Staatsanwaltschaft Ansbach will sich mit Hinweis auf Persönlichkeitsrechte nicht zu den Details der Todesumstände äußern. Oberstaatsanwalt Michael Schrotberger, Sprecher der Behörde in der mittelfränkischen Bezirkshauptstadt, bestätigte aber auf Anfrage, dass ein Todesermittlungsverfahren eingeleitet und eine Obduktion durchgeführt worden sei. „Das Verfahren richtet sich derzeit gegen Unbekannt“, erklärt er.
Jürgen Mollath stirbt zwei Wochen nach der Klinik-Einlieferung
Keinerlei Angaben, nicht einmal eine Bestätigung dafür, dass Jürgen Mollath in der geschlossenen Abteilung untergebracht war, macht die Sprecherin des Ansbacher Bezirkskrankenhauses. Nach Informationen der AZ wurde Jürgen Mollath am 8. September, gerade einmal zwei Wochen nach seiner Einlieferung in die Psychiatrie, tot in seinem Bett und nur mit einem Unterhemd bekleidet aufgefunden. Nachdem eine hinzugezogene Ärztin die genaue Todesursache nicht feststellen konnte und in der entsprechenden Bescheinigung die Rubrik „ungeklärt“ angekreuzt hatte, wurde die Staatsanwaltschaft eingeschaltet, die eine Obduktion des Leichnams veranlasste. Als Ergebnis der amtlichen Untersuchung wurde als Todesursache ein Herzversagen festgestellt.
Merkwürdig ist allerdings, dass laut zuverlässigen Quellen in dem Bericht des Obduzenten keine Hinweise auf massive Hämatome vor allem im Hals- und Kopfbereich des Toten erwähnt werden und wie sie zustande gekommen sein könnten. Nach gesicherten Informationen der AZ wies die Leiche von Jürgen Mollath jedoch mehrere Hämatome und Verletzungen auf.
Aus dem Umfeld des Toten, der am Dienstag auf dem Nürnberger Südfriedhof beigesetzt werden soll, sind Stimmen zu hören, die auch Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der Unterbringung in der Psychiatrie äußern. Der zuvor in einem Nürnberger Altenheim lebende Mann habe unter anderem durch unachtsames Hantieren mit einer Zigarette einen Zimmerbrand ohne nennenswerte Folgen ausgelöst und sei sonst lediglich durch wenige Schwarzfahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln und einer Zechprellerei aufgefallen, die aber strafrechtlich nicht weiter verfolgt worden seien. Die Einweisung sei wie bei seinem Bruder Gustl durch die Nürnberger Justiz erfolgt.
Eine tiefe Wunde am Kopf des Toten wirft weitere Fragen auf
Auf Fotos des Leichnams sind jedoch deutlich sichtbare Hämatome im Halsbereich, starke Schwellungen an der Stirn und eine relativ tiefe Verletzung am Hinterkopf Mollaths zu sehen.
Auch der Landtagsabgeordnete Peter Bauer (Freie Wähler), der im Landkreis Ansbach wohnt, selbst Arzt ist und dem die Fotos vorgelegt wurden, wollte die Möglichkeit von Gewaltanwendung nicht ausschließen. Er forderte Justizminister Winfried Bausback in einem Schreiben auf, „aus Gründen der Rechtssicherheit“ eine zweite Obduktion durchführen zu lassen.
Ich wollte den Ursachen warum Hass entsteht von psychologischer Seite aus ein wenig auf den Grund gehen. Ein zentrales Element bei der Entstehung von Hass ist das Gefühl des Ausgeliefertseins.
Bei seele-und-gesundheit.de wird folgendes darüber gesagt.
Auszug.
1. Begriffsbestimmung
Etymologisch wird Hass auf die indogermanische Wurzel kados = Leid, Groll zurückgeführt. Mit Hass verwandt sind die Begriffe hetzen und hässlich.
Hass hat immer mit Leid zu tun; sowohl bei dem, der Hass empfindet als auch bei dem, der ihm zum Opfer fällt. Ähnliches gilt für die Hatz. Es mag sein, dass die Hatz, für den der hetzt, ein oberflächliches Vergnügen ist, tatsächlich ist solch ein Vergnügen aber nur ein bitterer Trost für tiefer verankertes Leid. Wer zufrieden ist, hetzt nicht: weder einen anderen noch sich selbst.
Kleiner Bruder
Wut ist der kleine Bruder des Hasses. Während Hass die endgültige Vernichtung bedrohlicher Kräfte verlangt, begnügt sich Wut damit, das Bedrohliche in seine Schranken zu verweisen. Während Wut im Affekt gelegentlich Totschlag begeht, begeht Hass systematische Morde.
Hässlich wird heute meist als rein ästhetischer Gegensatz zu schön begriffen. Bezieht es sich auf das Verhalten, das man einer anderen Person angedeihen lässt, ist der ursprüngliche Sinngehalt der Gehässig- und Feindseligkeit noch spürbar.
Pauls Verhalten gegenüber Lina war hässlich.
2. Entstehungsbedingungen
Hass entsteht aus einem Wechselspiel existenzieller, psychologischer und sozialer Bedingungen. Dabei kann je nach Lage der Dinge mehr der eine oder der andere Faktor im Vordergrund stehen.
2.1. Existenzielle Grundlagen
Die existenzielle Grundlage des Hasses ist das Ausgeliefertsein des Menschen und seine Fähigkeit, das Ausgeliefertsein zu erkennen. Der Mensch lebt grundsätzlich im Bewusstsein der Verletzbarkeit und des potenziellen Untergangs. Da Wohlbefinden nur schwerlich zu erreichen ist, wenn man sich einer Bedrohung ausgesetzt sieht, hat die menschliche Psyche eine Vielzahl von Mechanismen entwickelt, um faktische Bedrohung entweder abzuwenden oder um das Wissen um die Bedrohung aus dem Bewusstsein herauszuhalten.
Wird eine Bedrohung, die man nicht beseitigen kann, als geringfügig erlebt, genügt es meist, das Wissen darum zu verdrängen.
Simon weiß, dass Menschen sterben. Da er aber erst zwanzig ist, geht er davon aus, dass das Thema nur alte Leute betrifft.
Fiona weiß, dass eine Frau nachts auf der Straße nicht absolut sicher sein kann. Unterwegs zur Disko denkt sie stattdessen aber an Simon, den sie dort zu treffen hofft.
Wird Bedrohung als massive Gefahr erlebt, entwickelt sich oftmals Hass. Er dient dazu, maximale Kräfte freizusetzen, um das bedrohliche Ausgeliefertsein aktiv abzuwehren.
Hass wird von der Psychologie zwar nicht als Abwehrmechanismus definiert, er hat innerseelisch aber eine analoge Funktion. Wird Hass nach außen gewandt um das als bedrohlich Empfundene anzugreifen, schwächt er regelhaft Ängste ab, die der Wucht der hasserfüllten Aggression im Wege stehen. Wer hasst, ignoriert Gefahren für sich selbst… und begeht, wenn es denn sein muss, ein Selbstmordattentat.
Aber auch dann, wenn Hass nicht ausagiert wird, wehrt er ab; allerdings nicht die Angst, dass man bei einem Angriff selbst Schaden nehmen könnte, sondern die gefürchtete Erfahrung, dass man tatsächlich ausgeliefert ist.
Da der Mensch sich vom Mitmenschen wünscht, dass er ihn vor dem Ausgesetztsein schützt, reagiert er mit Hass, wenn ihn der Mitmensch stattdessen seinem Eigennutz aussetzt.
2.1.1. Formen des Ausgesetztseins
Das Individuum kann in verschiedener Art ausgesetzt sein. Zu unterscheiden ist physisches Ausgesetztsein von sozialem und begrenzendes von vereinnahmendem. Während sich beim sozialen Ausgesetztsein die begrenzende von der vereinnahmenden Variante deutlich unterscheiden lässt, fallen beide Aspekte beim physischen Ausgesetztsein eher zusammen.
Physisch
Durch den leiblichen Aspekt der Person ist man physikalischen Gegebenheiten ausgesetzt.
Beim Einpflanzen des Stachelbeerbuschs stieß Werner auf dicke Steine unter der dünnen Krume. Er war gezwungen, sich den Gegebenheiten des Geländes anzupassen.
Sozial
Sobald man in Gemeinschaften lebt, wird man von anderen vereinnahmt oder zurückgewiesen.
Begrenzend
Bei der Durchsetzung sozialer Ansprüche ist man dem Widerstand anderer ausgesetzt. Der Andere erfüllt meine Forderung nicht.
Als Lars mit Sonja ins Bett gehen wollte, erteilte sie ihm eine Abfuhr.
Vereinnahmend
Im Zusammenleben ist man dem Zugriff anderer ausgesetzt. Der Andere will unmittelbar über mich bestimmen.
Unter Androhung von Strafe wurde Katja gezwungen, ihren Teller leer zu essen.
Sowohl Werner als auch Lars und Katja können auf die verschiedenen Formen ihres Ausgesetztseins mit heftiger Aggression reagieren. Ob sie es tun oder nicht, hängt vor allem von ihrem Selbstbild ab.
Der Vereinnahmung durch andere ausgesetzt zu sein, hätte kaum psychologische Folgen, wäre die Emotionalität des Menschen nicht aufs engste mit dem Psychologischen Grundkonflikt verwoben. Gewiss: Man kann sich vereinnahmen lassen, um dem Bedürfnis nach Zugehörigkeit zu dienen, je mehr man es aber tut, desto größer wird der Druck von dessen dialektischem Gegenpol: dem Bedürfnis nach Selbstbestimmung. Das führt dazu, dass der Mensch nicht in der Lage ist, den Zugriff anderer auf sich selbst zu dulden ohne dass….
es dafür triftige Gründe gibt, die auch in seinem Interesse liegen…
oder
entsprechende Abwehrmechanismen das durch die Vereinnahmung gestörte seelische Gleichgewicht in Schach halten.
2.2. Psychosoziale Faktoren
Ausgesetzt zu sein, ist nicht nur ein existenzielles Problem. Es ist auch ein psycho-soziales. Den Menschen treffen nicht nur Hagelschlag, Hungersnot und Vogelgrippe, er ist auch dem Widerstand und den Machenschaften seiner Zeitgenossen ausgesetzt. Übler als den Kräften der Natur sind wir oftmals solchen ausgeliefert, die der Mitmensch sich erdreistet, auf uns anzuwenden; oder der Blindheit unserer eigenen Person, mit der wir selbst über andere bestimmen wollen.
Der Zündfunke des Hasses stammt überwiegend aus dem Zusammenleben von Menschen miteinander. Das hat drei Gründe:
Die Grundstruktur der menschlichen Psyche ist auf Familie, Freundeskreis und Sippe ausgerichtet. Die ursprüngliche Funktion solcher Gemeinschaften liegt in der Abwehr existenzieller Bedrohungen. Gerade das Kind erwartet von den anderen keine Bedrohung, sondern liebenden Schutz; ohne den es gar nicht existieren könnte. Wird Schutz aber mit Bedrohung vermengt, provoziert das emotionale Widersprüche, die erst recht als bedrohlich empfunden werden. Resultat kann Hass sein, der all diese Bedrohungen aus der Welt schaffen will.
Längst hat sich der Schwerpunkt des menschlichen Lebens weg von der Auseinandersetzung mit der blanken Natur und hin zur Einbindung in komplexe soziale Strukturen verschoben. Je mehr man mit anderen Menschen zu tun hat, desto größer wird die Gefahr, dass man von ihnen übergangen wird.
Die Angst, anderen ausgesetzt zu sein, treibt Menschen milliardenfach dazu, zum Präventivschlag auszuholen. Nur wenige sind durchgehend in der Lage, sich und andere so zu belassen, wie sie sind. Öfter kommt es vor, dass man andere dem eigenen Vorteilsstreben aussetzt.
Von großer Bedeutung für das Ausmaß späterer Hassbereitschaft ist die Erziehung. Gerade traditionelle Weltanschauungen betonen die Notwendigkeit, die Spontaneität kindlicher Entwicklungen programmatisch zu behindern und stattdessen vorgegebene Verhaltens- und Identifikationsziele durchzusetzen.
Nicht dass Erwachsene kindlichen Impulsen wahllos zuschauen könnten: Es macht aber einen Unterschied, ob elterliche Eingriffe unmittelbar schützend sind, oder ob sie kollektiven Anpassungszielen dienen. Ist das Anpassungsziel nicht individuell, sondern kollektiv normierend, liegt stets latenter Missbrauch vor.
Je bezwingender die Subjektivität des Individuums normierenden Übergriffen ausgesetzt wird, desto mehr Hassbereitschaft wird dadurch herangezüchtet. Im Regelfall wird ein normiertes Kind sein Ausgeliefertsein nicht bewusst durchleben. Im Regelfall wird es sich auch nicht dazu entscheiden, seine reaktive Aggression nach außen auszuleben; denn allzu groß ist die Abhängigkeit von genau denen, die es ihrem Erziehungseifer aussetzen. Im Regelfall wird der Erzogene seine Wut verdrängen; bis Umstände die gesammelte Aggression an passender Stelle aus der Verdrängung entlassen.
Mechanismen, die für weltanschauliche Anpassungsforderungen gelten, gelten auch für Kinderstuben, in denen jenseits aller Weltanschauung der Egoismus elterlicher Willkür herrscht. Auch dort sind Kinder ausgeliefert. Auch dort sammelt sich Aggression, die solange in der Verdrängung schlafen kann, bis ein Knall sie weckt.
2.3. Soziale Strukturen
Politik und Gesellschaftsstruktur dienen dazu, sich gegen das Ausgesetztsein zu schützen….
… entweder defensiv, indem sie vor dem Zugriff durch andere schützen.
… oder offensiv, indem sie andere für den eigenen Vorteil vereinnahmen.
In jeder sozialen Struktur vermengen sich die gegensätzlichen Pole, die das Ausgesetztsein umspannen. Durch jede gesellschaftliche Struktur bieten Menschen einander Schutz davor… und setzen sich zeitgleich neuem Ausgeliefertsein aus. Die Balance entscheidet darüber maßgeblich mit, ob das gesellschaftliche Klima friedlich ist, oder von unterschwelliger oder offener Hassbereitschaft durchsetzt.
Einmischungen
Sobald man beim Zappen vorm TV in eine Nachrichtensendung gerät, hört man vom Hass, der über die Außengrenzen der Kulturkreise schwappt. Besonders Kulturkreise, die von ihrer Alleingültigkeit überzeugt sind, sind als Produzenten des Hasses erkennbar. Dazu gehören Kulturen, die sich in der Eitelkeit gefallen, Gott persönlich habe sie zur Dominanz bestimmt, aber auch die repräsentative Demokratie, die sich bar jeder Selbstkritik als vermeintliche Endfassung menschlichen Zusammenlebens in alle Welt zu exportieren trachtet.
Eine Menge des Hasses, der dem Westen aus dem Islam entgegenschlägt, wird nicht nur durch den Widersinn islamischer Lehren befeuert, sondern ebenso durch den Hochmut eines technologisch überlegenen Westens, der sich unter dem Deckmantel des Demokratieexports mit Bestechung, Erpressung, Intrigen und Waffengewalt in quasi jedes islamische Land einmischt, dessen er habhaft werden kann.
Statt das kümmerliche Maß an Volksherrschaft, das er bislang verwirklicht hat, im Dienste wirtschaftlicher Interessen missionarisch zu verbreiten, wäre es besser, der Westen machte sich auf den Weg, seine Parteien- und Lobbyistenherrschaft in echte Demokratie zu verwandeln.
Konkret lassen sich bestimmte gesellschaftliche Strukturen benennen, die Hassgefühle fördern:
Offene Fremdbestimmung durch hierarchische Strukturen; z.B. diktatorische Systeme.
Verdeckte Bevormundung durch Überregulation und Bürokratie; z.B. repräsentative Demokratie.
Ausbeuterische Wirtschaftsstrukturen
Konfessionell beherrschte Kulturen mit überwertiger Tradition.
Aufeinandertreffen verschiedener Kulturkreise, besonders dann, wenn mindestens einer davon ein elitäres Selbstverständnis pflegt.
Besonders der Versuch, Kulturkreise zu vermischen, von denen sich mindestens einer durch die Festlegung auf eine bestimmte weltanschauliche Tradition definiert, birgt ein hohes Risiko, gesellschaftliche Gruppen in wechselseitigen Hass zu führen. Auch hier liegt die Ursache in drohendem Ausgeliefertsein. Gruppen, die ihre eigene Kultur für unaustauschbar halten und der Kultur aller anderen Gruppen grundsätzlich überlegen, sind für das Selbstbestimmungsrecht der anderen eine faktische Bedrohung; vor allem dann…
wenn dem elitären Gruppengeist ein politisch expansiver Auftrag innewohnt
und
wenn das Problem politisch korrekt verharmlost und totgeschwiegen wird.
In den sozialen Netzwerken schwirren ja die verschiedensten und verrücktesten Theorien umher, wie zum Beispiel, dass der Amokläufer von München kein Amokläufer gewesen sei, sondern einer von drei islamistischen Attentätern. Es wäre keine Hysterie und keine Falschmeldungen gewesen von den anderen angeblichen „Tatorten“ in München.
Die Bluttat von Reutlingen war eine Beziehungstat. Der Täter, der die Frau mit einer Machete erstach, kannte die Frau.
Islamistische Taten war „nur“ die Bluttat mit der Axt in Würzburg im Zug und der Attentäter der sich in Ansbach in die Luft sprengte. Aber für manche, die damit Stimmungsmache machen möchten, waren das alles islamistische Anschläge. Man sollte aber schon immer bei den Fakten bleiben. Aber vielleicht hören auch manche das Gras wachsen.
Aber zurück zur Analyse von Amokläufern.
Als Laie glaubt man ja meist, dass Amokläufer ihre Tat sehr kurzfristig umsetzen. Das ist aber in keiner Weise der Fall. Die Vorbereitungszeit zieht sich oft über Wochen und Monate hin.
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Mythos Nº 1: Ein Amoklauf ist ein spontaner Aussetzer.
Mythos Nº 2: Amokläufer haben ein bestimmtes soziales Profil.
Falsch, sagt der Psychologe und Amokforscher Jens Hoffmann. Er hat an der Universität Darmstadt viele Amokläufe untersucht und weiß, wie die Täter ticken. Es gibt kein bestimmtes Profil. Amokläufer stammen aus den unterschiedlichsten Schichten: mal aus problematischen Familien, mal aus guten Familienstrukturen. Und ein Amoklauf ist keine durchgebrannte Sicherung, sondern der Endpunkt einer langen Entwicklung.
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Amokforscher Jens Hoffmann
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Nicht blinde Wut, sondern ein Prozess
Amokläufer planen ihre Tat genau und sind oft mitten im Amoklauf erstaunlich ruhig. Ein Video des Amoklaufs in Columbine etwa zeigt die beiden Täter, kurz bevor sie sich selbst erschossen – völlig entspannt beim Nachladen ihrer Waffen. Ein Amoklauf ist nicht blindwütig, sondern das Ende eines Prozesses, der aus vielen Stufen besteht, sagt Hoffmann: „Es steht niemand morgens auf und sagt, ich werde einen Amoklauf machen.“
[…]
Selbstinszenierung nach Medienvorbild
Auf der verzweifelten Suche nach Anerkennung identifizieren sich Amokläufer mit Helden – seien es historische Gestalten, Filmhelden, Computerspiel-Akteure – oder andere Amokläufer. Sie inszenieren sich nach Medienvorbildern und erledigen dabei manchmal regelrecht Pressearbeit: Der Amokläufer von Blacksburg etwa schickte nach seinen ersten beiden Morden ein Multimediapaket an einen US-Fernsehsender, bevor er an der Technischen Hochschule von Virginia dreißig Menschen erschoss.
Gezielte Opfer des Amoks
Die Opfer des Amokläufers, so erschreckend viele es auch oft sind, sind meist nicht zufällig. Der Amokläufer schießt nicht blindwütig um sich, sondern hat eine ganz bestimmte Gruppe von Zielpersonen im Visier. Vielleicht passen sie aus ganz realen Gründen in sein Zielschema – etwa Rache an den Lehrern, die man als Drangsalierer empfand. Vielleicht stehen sie aber auch nur symbolisch als Gruppe für eine bestimmte Form der Kränkung. So hatte der Erfurter Amokläufer vor allem seine Lehrer im Visier – Schüler und Polizisten sind eher zufällig zu seinen Opfern geworden, weil sie im Weg waren oder ihn gestört hatten.
„Ich will, dass sich mein Gesicht in Eure Köpfe einbrennt!“
Der Amoktäter von Emsdetten in seinem Abschiedsbrief
Das Wichtigste, was Jens Hoffmann mit seiner Amokforschung herausfindet: Für diese ganze Entwicklung gibt es Hinweise, die man frühzeitig bemerken kann – wenn man weiß, welche.
Deutschland ist nach den USA das Land mit den meisten Amokläufen: Der Kriminalpsychologe Jens Hoffmann hat ein Frühwarnsystem entwickelt – es wartet noch immer auf flächendeckenden Einsatz.
[…]
„Es gibt eine Vorbereitungszeit, die sich über Wochen, manchmal sogar Monate hinzieht“, sagt der Kriminalpsychologe Jens Hoffmann von der Technischen Universität Darmstadt. Er hat mit seinem Team ein System entwickelt, das bisherige Täterprofile ablöst und dabei helfen soll, potentielle Gewalttäter früher zu erkennen.
[…]
Ein Weg, den man hätte erkennen können – mit einem System, wie Hoffmann es entwickelt hat. Das „Dynamische Risiko-Analyse-System“ wird derzeit an Schulen und bei der Polizei in Deutschland getestet. Es gibt 31 Punkte, die Verhaltensvariablen abfragen: Gibt es eine Identifizierung mit anderen Amokläufern? Welche Probleme hat der Auffällige? Hat er eine Waffe herumgezeigt? Wenn Drogen im Spiel sind, welche genau? „Anhand dieser Variablen gibt das System eine Risiko-Einschätzung ab“, sagt Hoffmann.
[…]
Potentielle Amokläufer verehren oftmals andere Täter als Helden. Unter dem Video auf YouTube, das die Tat von Erfurt im Jahr 2002 beschreibt, gibt es Einträge wie: „Großartig! Endlich bekämpft einer das System!“ Potentielle Täter zeichnen sich oft dadurch aus, dass sie Waffen in der Schule herumzeigen, dass sie ihre Tat bei Freunden, Lehrern oder im Internet ankündigen. All diese Anzeichen müssten erkannt werden, um dann die richtigen Fragen zu stellen.
Es ist kaum zu glauben, welche grausamen und auch sadistischen Zustände in den Heimen Tirols noch bis in die 1980-er Jahre herrschten. Gar nicht zu reden von den Zuständen in der Kinderbeobachtungsstelle in Hötting/Innsbruck unter der Psychiaterein Maria Novak-Vogl.
Horst Schreiber hat mit vielen ehemaligen Zöglingen aus Tiroler Heimen lebensgeschichtliche Interviews geführt.
Die Stimmen der Betroffenen stehen im Zentrum des Buches. Sie lassen erahnen, welche Leiden sie erduldeten und wieviel Mut, Widerstandskraft und Überlebensenergie sie entwickeln mussten und noch immer brauchen.
Am Beispiel Tirols diskutiert dieses Buch die gesellschaftlichen Hintergründe für die unerbittlich harte Erziehung von Kindern aus armen, deklassierten Tiroler Familien. Auftrag und Duldung durch weltliche und geistliche Autoritäten und die Mittäterschaft sowie das Schweigen oder die Hilflosigkeit von FürsorgerInnen, ErzieherInnen und PsychiaterInnen waren dabei zentrale Rahmenbedingungen.