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Am Beispiel der Türkei sieht man wie wichtig und wertvoll Güter wie Demokratie, Pressefreiheit und Rechtsstaat sind. Es gibt Leute in Deutschland, die klagen, dass dort so schrecklich zensuriert würde. Sie würden sich wundern wie schnell sie in der Türkei hinter Gittern wären, wenn sie dieselbe Kritik dort schreiben würden. In der Türkei gibt es schnell mal lebenslänglich, wenn man ein Gegner von Erdogan ist. Selbstverständlich mit dem stets und schon langweilig klingenden Vorwurf des Terrorismus oder des Geheimnisverrats. Einige Journalisten haben sich ja früh genug nach Deutschland abgesetzt um nicht in Gefängnis zu landen. Jetzt kauft Erdogan auch noch eine ihm nahe stehende Gruppe auf – nachdem er ja sowieso jedes Fünkchen Kritik im Keim erstickt. Die Türkei ist für Kritiker heute ein Land wo man nicht mehr atmen kann. Es wäre ein Grausen für jemand der Demokratie und Pressefreiheit gewohnt ist in der Türkei zu leben. Aber die Türkei ist nicht das einzige Land wo es solche grausigen Zustände gibt. Die Gleichschaltung und die Ausschaltung der kritischen, unabhängigen Presse ist ein Merkmal von Diktaturen.
Aus tagesschau.de
In der Türkei sollen Medien der Dogan-Gruppe, zu der unter anderem der Sender CNN Türk gehört, an einen Erdogan-nahen Konzern übergehen. Kritiker befürchten eine weitere Einschränkung der Pressefreiheit.
Dem türkischen Medienmarkt steht wohl eine bisher nie dagewesene Konzentration bevor: Die Mediensparte der größten Mediengruppe des Landes, Dogan, soll an die regierungsnahe Demirören-Gruppe verkauft werden. Der Dogan-Konzern bestätigte nach diversen Medienberichten die Verhandlungen.
Es gehe um die Übernahme der Zeitung „Hürriyet“ und des Nachrichtensenders CNN Türk, heißt es in einer Dogan-Erklärung an die Istanbuler Börse. Das Paket hat den Angaben nach einen Börsenwert von rund 725 Millionen Euro. Beide Medien galten in der Türkei bislang als halbwegs unabhängig.
Die Demirören-Gruppe ist vor allem in den Bereichen Bau, Energie, Automobil, Tourismus und Bildung tätig. Ihr wird eine Nähe zum türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan nachgesagt. Demirören hatte bereits 2011 die Zeitungen „Milliyet“ und „Vatan“ übernommen. Beide Blätter schwenkten daraufhin auf einen regierungsfreundlichen Kurs um. Kritiker befürchten durch die erneute Konzentration auf dem türkischen Medienmarkt weitere Einschränkungen bei Meinungsvielfalt und Pressefreiheit.
Nach dem Putschversuch 2016 waren per Notstandsdekret rund 150 Medienbetriebe geschlossen worden. Die regierungskritische „Cumhuriyet“ schreibt: „Der einzige große Medienmogul des Landes ist nun die Regierung.“
Springer will sich von Dogan TV zurückziehen
Nach Bekanntwerden der Übernahmepläne kündigte der deutsche Springer-Konzern an, sich aus dem türkischen Medienunternehmen komplett zurückzuziehen. Springer sei seit Januar 2007 als Investor an der Dogan TV Holding A.S. beteiligt und habe diese Beteiligung in den vergangenen Jahren sukzessive zurückgefahren. „Das Unternehmen hält derzeit noch sieben Prozent an der Dogan TV Holding, es gibt aber die klare Absicht und auch entsprechende Vereinbarungen, sich komplett zurückzuziehen.“ Näher äußerte sich Springer nicht.
Mit Informationen von Christian Buttkereit, ARD-Studio Istanbul
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Gruß Hubert
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Recep Tayyip Erdogan kündigt einheitliche Gerichtskleidung für Putschverdächtige an – und zwar braun.
Erinnert mich das nicht an etwas… grübel, grübel…?
Der türkische Sultan(inen) Django will eine einheitliche Kleidung für „Terroristen“ einführen. Auslöser war ein Häftling (es sind ja eigentlich alle Terroristen laut „erdoganischer“ Sprachregelung) der ein T-Shirt mit der Aufschrift „Hero“ (Held) hatte. Das passte dem Erdowahn natürlich nicht. Wo käme man denn dahin, wenn man „Terroristen“, Putschisten, oder was auch immer, das durchgehen lassen würde?
Der türkische Django will eine einheitliche braune Sträflingskleidung für diese schrecklichen, untürkischen Menschen. Braun passt zu Erdogan, denn er ist wirklich SCHEISSE!
Hier ein Artikel aus web.de
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat erneut auf einheitliche Kleidung für die Angeklagten des Putsches gepocht. Seine Vorschläge machte er nun erneut öffentlich.
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Steudtner bleibt sein Gefangener
Einspruch des Menschenrechtlers gegen U-Haft in Türkei abgelehnt.
Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hat erneut einheitliche Gerichtskleidung für alle des Terrorismus angeklagten Untersuchungshäftlinge angekündigt.
Mutmaßliche Putschisten müssten in Zukunft in braunen Overalls vor Gericht erscheinen, sagte Erdogan laut der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu am Samstag vor Anhängern der AKP im ostanatolischen Malatya. Alle anderen Terrorverdächtigen müssten im Gerichtssaal braune Hosen und Jacketts tragen. „Ab jetzt können sie nicht einfach kommen und anziehen, was sie wollen. Auf diese Weise werden sie der ganzen Welt bekannt gemacht“, so Erdogan. Er beschrieb die geplanten Uniformen als „mandelfarbig“.
Auslöser war Häftling mit T-Shirt
Bereits im Juli hatte Erdogan Uniformen ähnlich derer der Insassen im US-Gefangenenlager in Guantanamo für Putsch-und Terrorverdächtige in der Türkei angekündigt, wenn sie vor Gericht erscheinen. Auslöser war ein putschverdächtiger Untersuchungshäftling, der in einem T-Shirt mit der englischen Aufschrift „Hero“ (dt. „Held“) vor Gericht antrat. Türkeiweit waren daraufhin mehrere Menschen, die T-Shirts mit der Aufschrift „Hero“ trugen, festgenommen worden.
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Gruß Hubert
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Es ist kaum zu glauben, dass die EU-Länder nicht klare Kante gegen Erdogan zeigt. Die EU-Beitrittsverhandlungen müsste man sofort beenden. Mit Erdogan ist eine Mitgliedschaft in der EU ausgeschlossen. Unfassbar wie brutal Erdogan ist und in den Gefängnissen foltern lässt.
Aus Huffington Post, Auszug
„Ich wünschte, sie hätten mich umgebracht“ – ein Augenzeuge enthüllt die grausamen Foltermethoden in Erdogans Gefängnissen
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Die 90er Jahre gehören zu den dunkelsten Zeitabschnitten in der Geschichte der Türkischen Republik. Instabile Regierungen, Insolvenz von Großbanken und wirtschaftliche Unsicherheit, Attentate auf Journalisten und Intellektuelle des Landes sind Ereignisse, die die Erinnerungen an dieses Jahrzehnt bis heute prägen.
Besonders schwerwiegend waren die Folgen der politischen Zerrissenheit für die kurdische Bevölkerung. Jahrelang waren die Bewohner der südostanatolischen Dörfer hin- und hergerissen zwischen skrupellosen, ultranationalistischen Beamten auf der einen Seite, die ihnen jedes Recht auf die Auslebung ihrer Kultur absprachen und der Terrororganisation PKK auf der anderen.
Zeitungen berichteten sowohl von Angriffen der Terroristen auf Sicherheitskräfte und die Zivilbevölkerung als auch von Folter im berüchtigten Gefängnis von Diyarbakir durch türkische Vollzugsbeamte sowie von Attentaten auf prominente Kurden durch Auftragskiller des sogenannten „tiefen Staates“.
Reformen im türkischen Sicherheitsapparat
Anfang der 2000er Jahre kam es mit der Regierungsübernahme der AKP, die sich in ihren ersten Legislaturperioden noch um ein pro-westliches, demokratisches Image bemühte, im Rahmen einer Vielzahl von Reformen auch zu einem Generationenwechsel im Sicherheitsapparat.
[…]
Mit der zunehmenden Abkehr von EU-Normen und demokratischen Werten auf Regierungsebene kam es zu einem erneuten Gesinnungswechsel in den Sicherheitskräften. Doch im Vergleich zu den 90er Jahren wurden die Kader nun nicht nur mit nationalistischen Beamten aufgebaut, sondern vermehrt mit dschihadistisch-motivierten, loyalen Erdogan-Fanatikern aus regierungsnahen Jugendgruppierungen.
Kennzeichnend für diese neue Generation ist neben ihrer strikten Loyalität gegenüber der Parteiführung, auch eine pseudo-islamische Sensibilität, die Erdogan durch religiös angehauchte, populistische Reden in seinem Interesse zu nutzen weiß.
Parteimiliz nach Vorbild der iranischen Revolutionsgarde
Der gescheiterte Putschversuch am 15. Juli 2016 war ein idealer Vorwand, um die Umstrukturierung der Sicherheitsbehörden in eine Parteimiliz nach Vorbild der iranischen Revolutionsgarde weiter voranzutreiben.
Gleichzeitig sprachen Erdogan und weitere AKP-Politiker sowie regierungsnahe Theologen Fatwas (islamische Rechtsurteile) aus, die die vermeintlichen Drahtzieher des Putschversuchs laut Regierungsnarrativ, Fethullah Gülen und die Hizmet-Bewegung, als Irrgläubige, ja sogar als Islam-Feinde bezeichneten.
Dass Erdogan bisher weder für den angeblichen Putsch-Befehl Gülens, noch für dessen Beteiligung an einer internationalen islamfeindlichen Verschwörung handfeste Beweise liefern konnte, spielt für einen maßgeblichen Teil der türkischen Bevölkerung so gut wie keine Rolle. Die Worte des Reis (dt.: der Führer) gelten für viele als Gesetz.
„Dschihadistisch-motivierte, loyale Erdogan-Fanatiker aus regierungsnahen Jugendgruppierungen.“
Davon überzeugt, ließ Erdogan die staatliche Religionsbehörde Diyanet, welche auch die DITIB in Deutschland kontrolliert, eine Stellungnahme veröffentlichen, in der Menschen aus der Gülen-Bewegung die islamische Glaubenszugehörigkeit abgesprochen wird.
Metin Balkanlioglu, ein radikaler Prediger aus der islamistischen Szene, bezeichnete in einer Ansprache vor Erdogan-Fanatikern das von der Regierung beschlagnahmte Eigentum von Gülen-Sympathisanten als „Kriegsbeute“ und versicherte, dass diese für die „wahren Muslime“ halal seien.
Legitimierung der Verbrechen von Erdogans Dschihadisten
Nihat Zeybekci, der damalige Wirtschaftsminister ging sogar einen Schritt weiter und machte mit seiner Rede vor einer aufgewühlten Menge kurz nach dem gescheiterten Putschversuch den Weg frei für die Schandtaten der türkischen Polizei. Seine Worte sind als deutliche Beweismittel für die systematische Folter in türkischen Gefängnissen festzuhalten:
„Wir werden diese Verräter so hart bestrafen, dass sie um ihren Tod betteln werden. Wir werden sie dazu bringen, uns anzuflehen. Wir werden sie in solche Löcher stecken, dass sie nicht mehr in der Lage sein werden, die Sonne Gottes zu erblicken. Sie werden wie die Ratten in diesen finsteren Löchern verrecken.“
Ein weiterer Minister unterstützte diese Hetzrede und versprach, dass er als Mitglied der Putsch-Untersuchungskommission alle Anzeigen wegen Folter und Menschenrechtsverletzungen ignorieren werde.
Für Erdogans Dschihadisten im türkischen Sicherheitsapparat bedeuteten diese Stellungnahmen die zweifache Legitimierung ihrer Verbrechen. Auf der einen Seite wurde von „höchsten Instanzen“ das Urteil ausgesprochen, dass es sich bei den Regierungskritikern um die „Feinde Allahs und des Korans“ handle und eine dementsprechende Sanktionierung notwendig sei.
Auf der anderen Seite bekamen sie die Zusicherung der politischen Führung, dass selbst die brutalste Vorgehensweise gegenüber Oppositionelle unbestraft bleiben wird.
Ein Beispiel für die grausame Folter
Und damit kommen wir zum entscheidenden Teil dieses Artikels. Zu einem Punkt, an dem jeder Kommentar aus der Außenperspektive als überflüssig und jede politische oder ideologische Stellungnahme als sinnlos erscheint. Es fällt einem nicht leicht, die folgenden Zeilen zu schreiben, ohne sich über die Ignoranz-Politik des Westens bezüglich der Menschenrechtsverletzungen in der Türkei den Kopf zu zerbrechen.
„Sie werden wie die Ratten in diesen finsteren Löchern verrecken.“
Und genau aus diesem Grund sehe ich es als eine menschliche Pflicht, meinen Lesern eines von unzähligen Beispielen dafür vor Augen zu führen, wie das Resultat der Hetzkampagne gegenüber Erdogan-Kritikern, insbesondere der Gülen-Bewegung und Kurden, momentan ausfällt.
Ich möchte an dieser Stelle die Aussagen des Schulleiters H. K. vor Gericht zitieren, der im Rahmen der Hexenjagd auf Gülen-Sympathisanten verhaftet und auf grausame Art gefoltert wurde. Augenzeugen berichten, dass er seine Worte damit begann, indem er die Beamten bat, seine Mutter, die sich unter den Zuschauern befand, aus dem Gerichtssaal hinauszuführen.
Ob sich dennoch auch nur die Wenigsten vorstellen konnten, dass sie eine derartige Unmenschlichkeit zu hören bekommen würden, wage ich zu bezweifeln:
„Vom ersten Moment meiner Festnahme an wurde ich ununterbrochen beleidigt und beschimpft. Die Polizisten haben mir die Kleider ausgezogen, mir die Hände und Füße gefesselt und die Augen zugebunden. In diesem Zustand haben sie mich durch die Korridore gezerrt und mich in ein Bad gebracht. Dort lag ich etwa eine Stunde unter eiskaltem Wasser und wurde auf brutalste Art verprügelt.
Als sie mich wieder in meine Zelle brachten, war mir so kalt, dass ich im ganzen Körper zitterte, obwohl ich alle meine Kleidungsstücke und meine Decke über mich gezogen hatte.
Nachdem sich mein gesundheitlicher Zustand enorm verschlechterte, wurde ich zu einem Arzt gebracht. Doch ehe ich den Arzt überhaupt wahrnehmen konnte, gab er mir irgendeine Spritze, über deren Inhalt ich keine Auskunft erhielt, und ging wieder.
Am nächsten Tag wurde ich erneut komplett ausgezogen. Die Polizisten zerdrückten mit ihren Händen mein Geschlechtsorgan. Auf diese Weise folterten sie mich über mehrere Tage hinweg. Obwohl bereits Monate vergangen sind, spüre ich noch immer die Schmerzen. Immer wieder wurde ich im Genitalbereich gefoltert und mit einem Schlagstock vergewaltigt.
Ich schäme mich zutiefst und wünschte, sie hätten mich stattdessen umgebracht.
Sie drohten mir außerdem, sie würden meine Frau ebenfalls festnehmen und ihr das Gleiche antun. Unsere Kinder würden sie uns wegnehmen und einer Kinderpflegeanstalt übergeben.
Ich konnte es nicht mehr länger aushalten und sah mich gezwungen, das von den Beamten vorgefertigte Geständnis zu unterzeichnen.„
50.000 Menschen in Haft, darunter etwa 17.000 Frauen mit etwa 600 Babys
H. K. war Schulleiter einer Gülen-nahen Grundschule. Keine Vorstrafen, kein konkreter Tatbestand. Ihm wurde lediglich vorgeworfen, eine verschlüsselte Messaging-App namens „ByLock“ auf sein Smartphone heruntergeladen zu haben, die angeblich auch einige Putschisten für ihre interne Kommunikation während der Putschvorbereitung verwendet hatten.
Die App war allerdings für jeden frei zugänglich und konnte wie jede andere Messaging-App kostenlos heruntergeladen werden. Unter diesem absurden Vorwand befinden sich momentan etwa 50.000 Menschen in Haft, darunter etwa 17.000 Frauen mit etwa 600 Babys.
H. K. ist nur einer von Tausenden Folter-Opfern, die den unmenschlichen Repressionen der türkischen Regierung ausgeliefert sind und darauf warten, dass ihren Hilferufen, die im eigenen Land nicht mehr erhört werden, in der internationalen Gemeinschaft endlich Beachtung geschenkt wird.
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Gruß Hubert
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Heute hörte ich im österreichischen Rundfunk, wie Erdogan (wohl vor einer großen Menge, nehme ich an) brüllte: die Todesstrafe ist die erste Augabe, wollt ihr sie – darauf ja logisch bei seinen Anhängern ein tausendfaches JA. Jeder weiß an was das erinnert.
Erdogan sprach von einer „historischen Entscheidung“ JA zum Verfassungsreferendums gesagt zu haben. In Wirklichkeit will er nur alle Macht für sich haben. Es ging nur um ihn allein.
Außerdem wurde berichtet dass es in den Städten ein klares Nein gab und auf dem Land ein klares Ja. Es ist bekannt, dass es auf dem Land konservative und autoritäre Tendenzen gibt. Intelligent ist das jedenfalls nicht, wenn man alle Macht in eine Hand gibt, so kann Erdogan nach Belieben das Parlament auflösen, er hat die Justiz in seiner Hand u.v.a. mehr. Diese Leute können von mir aus gerne beleidigt sein, wenn ich sie nicht für sehr intelligent halte (manche vielleicht auch nur mit einem IQ von 90). Es zeigt, dass die Demokratie mit allen Mitteln zu verteidigen ist, mag sich auch Mängel haben. Aber es gibt keine vollkommene Regierungsform. Von Vollkommenheit ist der Mensch Welten entfernt. Eine Demokratie mit einer Diktatur einzutauschen ist Idiotie. Auf jedem Fall wären die Beitrittverhandlungen mit der Türkei sofort abzubrechen.
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Hier einige Auszüge aus verschiedenen Medien
Aus der SZ
Wie es aussieht, hat sich die Mehrheit der Wähler für die Einführung eines Präsidialsystems in der Türkei ausgesprochen. Das Ergebnis ist äußerst knapp ausgefallen, und man darf annehmen, dass der türkische Präsident gestern Abend sehr erleichtert war – und enttäuscht. Recep Tayyip Erdo?an hat alles auf eine Karte gesetzt, er hat alle Register gezogen, und am Ende wäre die Sache doch fast noch schiefgegangen. So viel Polemik gegen Europa, so viel Denunziation seiner innertürkischen Gegner, all die Repression und Manipulation der Öffentlichkeit – und dann nur ein paar Stimmen mehr als unbedingt nötig. Erdo?an ist ein kümmerlicher Sieger. Ob er das weiß?
Wie frei und fair die Abstimmung selbst war, wird sich herausstellen, wenn die wahlbeobachtenden Organisationen ihre Berichte vorstellen. Zwischenfälle in Wahllokalen und Last-Minute-Entscheidungen der Wahlbehörde haben das Vertrauen vieler Wähler in das Ergebnis nicht gerade gestärkt. Die Opposition hat bereits angekündigt, das Ergebnis anfechten zu wollen. Gut möglich, dass es zu weiteren Protesten kommt.
Kein fairer Wahlkampf
So oder so ist klar: Einen fairen Wahlkampf hat es nicht gegeben. Während den Befürwortern des Systemwechsels sämtliche Kanäle offenstanden, wurden die Gegner von der Staatsmacht behindert und verfolgt. Gemessen an diesem minimalen Spielraum ist das Ergebnis des Nein-Lagers ein enorme Leistung. Die türkische Zivilgesellschaft lebt. Ihrem Einsatz ist es zu verdanken, dass Erdo?an mit dem Makel der Verletzbarkeit aus der Abstimmung hervorgeht – anstatt mit dem Nimbus des Unbesiegbaren. Wie wäre die Wahl ausgegangen, wenn der Wahlkampf ein kleines bisschen fairer abgelaufen wäre? Diese unbequeme Frage wird die nächsten Schritte des Präsidenten begleiten.
Aus MSN
Erdogan will Todesstrafe auf Tagesordnung setzen
Die Wahlkommission der Türkei erklärt das Ja-Lager zum Sieger des Verfassungsreferendums. Erdogan spricht von einer „historischen Entscheidung“. Die Wiedereinführung der Todesstrafe sei jetzt seine „erste Aufgabe“.
Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan hat das „Ja“-Lager zum Sieger des Referendums über ein Präsidialsystem in der Türkei erklärt. Das Volk habe eine „historische Entscheidung“ getroffen und der Verfassungsänderung zugestimmt, sagte Erdogan am Sonntagabend in Istanbul.
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Ministerpräsident Yildirim beschwor die Einheit des Volkes. „Wir sind eine Nation“, sagte er. „Wir werden unsere Einheit und Solidarität wahren.“ Er fügte hinzu: „Es gibt keine Verlierer dieser Volksabstimmung. Gewonnen hat die Türkei und mein edles Volk.
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Aus Tagesschau.de
Nur ein Pyrrhus-Sieg
Mit Eskalation und Polarisierung hat Erdogan seine Macht ausgebaut, dieses Rezept wird er weiter nutzen. Langfristig drohten der Türkei deswegen Verwerfungen. Der Erfolg des Referendums sei nur ein Pyrrhus-Sieg.
Um kurz vor 23 Uhr Ortszeit hat er sich zum Wahlsieger erklärt. Recep Tayyip Erdogan bekommt, wonach es ihn so sehr gelüstet: Macht und noch mehr Macht. Der 63-jährige Präsident fährt einen Pyrrhus-Sieg ein. Das türkische Volk ist tief gespalten, die Beziehungen zur EU sind zerrüttet, das Verhältnis zu Deutschland ist auf dem Tiefpunkt.
Die erste wichtige Botschaft des Wahlsiegers lautet: Wir werden jetzt über ein Referendum zur Wiedereinführung der Todesstrafe entscheiden. Erdogans Strategie ist aufgegangen: Polarisieren, Eskalieren, Stimmung machen. Der Wahlkampf war unfair, der Präsident missachtete sein verfassungsmäßiges Neutralitätsgebot, die Ja-Sager bedienten sich schamlos staatlicher und öffentlicher Mittel, um für ihre Sache zu werben. „Na und“, sagt eine Mehrheit der Urnengänger, für sie ist Erdogan eine Lichtgestalt, ein selbstbewusster und starker Führer.
Der Sieg ist knapp, und der Sieg ist eine Niederlage, zuallererst für die Demokratie in der Türkei. Zu viel Macht mit zu wenig Kontrolle wird in die Hände einer einzigen Person gelegt. Geschichte wiederholt sich in Variationen. Europa und Südamerika haben die Konzentration von Macht in den Händen von Populisten und Demagogen teuer bezahlen müssen. Möge der Türkei dieses Los erspart bleiben.
Ein Kommentar von Reinhard Baumgarten, ARD-Studio Istanbul
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Aus MSN
Dieser Sieg Erdogans ist eine Niederlage
Der Präsident auf allen Kanälen, eingeschüchterte Gegner – und dennoch wollte ihm die Hälfte der Wähler nicht folgen. Ein allseits verehrter Herrscher, dem das Volk freie Hand gibt, ist Erdogan nicht.
Die Opposition fordert eine Neuauszählung zahlreicher Stimmen beim türkischen Verfassungsreferendum. Doch Präsident Recep Tayyip Erdogan hat schon den Sieg erklärt, ebenso die Wahlkommission in der Türkei.
Auf den ersten Blick ist es ein Ja für Erdogan selbst. Ganz persönlich. Denn nach einer Umfrage des Instituts Gezici Research wussten 80 Prozent der AKP-Anhänger nicht, worum es bei der geforderten Verfassungsänderung überhaupt geht.
Sie stimmten dafür, weil es der Staatspräsident von ihnen forderte. Jener Mann, der die Türkei seit 2003 zeitweise entscheidend voranbrachte, der ihr Wirtschaftswachstum bescherte, eine modernere Infrastruktur und eine bessere Gesundheitsversorgung auch für die Ärmsten. Es ist sein Sieg. Auf den ersten Blick.
Auf den zweiten Blick ist dieser Sieg eine Niederlage. Fast ein Jahr lang drängte Erdogan sein Volk zum Ja, drohte, warnte, mahnte, entließ Hunderttausende Beamte, Lehrer, Richter, verhaftete mehr als hundert Journalisten, ließ fast alle kritischen Medien schließen oder zugrunde gehen, bis sie in regierungstreue Hände wanderten.
Er sorgte dafür, dass Befürworter eines Nein in der Öffentlichkeit so gut wie nicht zu Wort kamen; entvölkerte die Kurdengebiete militärisch und zwang zahllose seiner überzeugtesten Gegner ins Ausland.
Er schickte ganze Fraktionen der Opposition ins Gefängnis; diffamierte Gegner seiner Verfassungsänderung durchgängig als Terroristen; zettelte diplomatische Krisen an, damit sich die Türken weltweit bedroht fühlen sollten.
Und das Ergebnis: ein nur hauchdünner Vorsprung.
Wie hätte das Ergebnis ausgesehen, wenn es ein fairer Wahlkampf ohne Ausnahmezustand gewesen wäre? Aller Wahrscheinlichkeit nach hätte Erdogan dramatisch verloren.
Kein Parlament der Welt könnte eine Verfassungsänderung auf eine derart schwache Mehrheit gründen. Selbst wenn Erdogan die Türken mit aller Gewalt zu einem Liebesbeweis nötigt – der allseits verehrte Herrscher, dem das Volk in allem freie Hand geben will, ist Erdogan nicht. Und er wird es nie werden. Das ist jetzt dokumentiert. Ganz gleich, was zukünftig in der Verfassung steht.
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Gruß Hubert