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Jacob Appelbaum – Psychoterror US-Geheimdienste   2 comments

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Es ist unglaublich mit welchen Mitteln US-Geheimdienste greifen um auch nur Vertraute von Snowden zu terrorisieren. Da verschafft man sich ein um das andere mal Zugang zu seiner Wohnung. Jacob Appelbaum zieht es vor nicht mehr in die USA zurück zu reisen, was man sehr gut verstehen kann. Er hält sich in Berlin auf und wird ohne Zweifel überwacht.
Hier ein Artikel aus der Berliner Zeitung (Auszug).

Der Internetaktivist Jacob Appelbaum gehört zu den wenigen Vertrauten von NSA-Whistleblower Edward Snowden. Im Gespräch schildert er, wie er in Berlin von den Geheimdiensten verfolgt wird – und wie ihre Macht gebrochen werden könnte.

Weiß, was es bedeutet, überwacht zu werden: Jacob Appelbaum.

Weiß, was es bedeutet, überwacht
zu werden: Jacob Appelbaum. Foto: Imago

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Jacob Appelbaum ist einer der wenigen Personen, die einen Zugang zu den Dokumenten des früheren NSA-Mitarbeiters Edward Snowden haben. Er ist ein enger Vertrauter der Filmemacherin Laura Poitras, an die sich Snowden zuerst wendete. Im Interview spricht er über sein Exil in Berlin, die Macht der Geheimdienste und den Kampf um die Freiheit im Zeitalter des Internets.

Herr Appelbaum, Sie leben jetzt seit einigen Monaten in Berlin. Was hat Sie hierher verschlagen?

Der Zufall. Ich befand mich eigentlich auf dem Weg zu einer Menschenrechtskonferenz in Oslo. Just in diesem Moment wurden die ersten Dokumente von Edward Snowden veröffentlicht. Da Laura Poitras an den Veröffentlichungen beteiligt war, schien es nicht sinnvoll, in die USA zurückzukehren.

Die Filmemacherin ist eine Freundin von Ihnen. Sie arbeiten seit langem mit ihr an einer Dokumentation über die NSA und Whistleblower.

Ja.

Und jetzt befürchteten Sie, bei Ihrer Einreise in die USA Schwierigkeiten zu bekommen? Sie gerieten ja schon wegen Ihrer Wikileaks-Aktivitäten in das Visier der US-Geheimdienste.

Bisher lief die Einreise so ab, dass ich stundenlang und ohne anwaltlichen Beistand und ohne weitere Begründung in einen Verhörraum gesperrt wurde. Mir wurden meine Papiere und andere persönliche Sachen weggenommen und mir wurde gesagt, Menschen wie ich seien für die Anschläge vom 11. September verantwortlich. Dazu kommt dann noch die dauerhafte Überwachung, etwa durch das FBI. Nach den Snowden-Enthüllungen in die USA zurückzukehren, hätte bedeutet, dass sich das Ausmaß dieser Schikanen noch einmal gesteigert hätte.

Zur Person

Jacob Appelbaum ist ein US-amerikanischer Internetaktivist und Spezialist für Computersicherheit. Der 30-Jährige ist in Nordkalifornien aufgewachsen, lebt aber seit Beginn der Snowden-Enthüllungen in Berlin und hat in Deutschland eine Aufenthaltsgenehmigung beantragt. Filmemacherin Laura Poitras, an die sich Snowden zuerst wendete, kontaktierte Appelbaum zur Auswertung der Dokumente. Die beiden arbeiteten zuvor an einem Dokumentarfilm zur Überwachung.

Und jetzt wollen Sie vorerst in Berlin bleiben?

Ich habe langjährige Verbindungen nach Berlin. Ich engagiere mich hier im Chaos Computer Club, kenne viele Entwickler, die sich mit Verschlüsselung und freier Software beschäftigen, und habe hier viele echte Freunde – also keine Facebook-Freunde. In dieser Hinsicht fühle ich mich hier wohl.

Das klingt, als sei hier alles bestens.

Den Hype um Berlin finde ich eher abschreckend, ich bin kein „City-ist“ und auch kein Nationalist. Deutschland hat allerdings wegen seiner jüngeren Geschichte mit zwei Diktaturen eine gewisse Sensibilität, was Bürger- und Freiheitsrechte angeht.

Aber die US-amerikanischen Geheimdienste haben auch in Berlin ihre Agenten. Bleiben Sie denn hier unbehelligt?

Das kann ich nicht genau sagen. Es passieren allerdings viele merkwürdige Dinge. (Appelbaum holt ein rotes, A4-großes Notizbuch aus seiner Tasche und schlägt es auf.)

Was ist das?

In dem Notizbuch schreibe ich auf, was an ungewöhnlichen Ereignissen in meiner Wohnung oder um sie herum passiert. Am 10. Oktober versuchten zum Beispiel zwei Frauen, in meine Wohnung zu gelangen. Sie gaben vor, die Hausverwaltung habe ihnen für die Besichtigung einen Schlüssel gegeben, da sie die Wohnung mieten wollten. Ich rief bei der Hausverwaltung an – dort wusste man von nichts und hatte auch keine Schlüssel herausgegeben.

Jacob Appelbaum bei der Demonstration Freiheit statt Angst für mehr Datenschutz und gegen Überwachung in Berlin (07.09.2013).

Jacob Appelbaum bei der Demonstration „Freiheit statt Angst“
für mehr Datenschutz und gegen Überwachung in Berlin (07.09.2013).
Foto: Imago
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Und das könnte nicht einfach nur ein Missverständnis gewesen sein?

Ja, aber zehn Tage später machte sich wieder jemand am Schloss der Wohnungstür zu schaffen, und zwar um drei Uhr morgens. Sechs Tage später wieder das gleiche. Am 11. November bemerkte ein Besucher, dass Personen vor dem Haus notierten, wer hier ein und ausgeht. Manchmal laufen auch Leute auf dem Dach herum, aber ich habe mir sagen lassen, das sei in Berlin nicht ungewöhnlich (lacht).

[…]

Worum geht es Ihrer Meinung nach?

Es geht um die Freiheit als solche. Und deswegen geht es auch nicht um Internet-Zensur, sondern um das allgemeine Recht auf freie Meinungsäußerung. Es geht darum, unsere Grundwerte vor einem totalitären Überwachungsstaat zu schützen – egal ob in der analogen oder in der digitalen Welt. Verloren haben wir, wenn Überwachung zu Normalität geworden ist, gewissermaßen zu unserer zweiten Natur.

Was würde das bedeuten?

Ich denke, es wäre das Ende aller Freiheit. Es würde eine ganz neue Form fremder Kontrolle über unser Leben bedeuten. Vor zehn Jahren wussten wir noch nicht, in welchem Ausmaß wir überwacht werden. Man könnte jetzt sagen, unsere Freiheit damals sei eine Illusion gewesen, da wir zu diesem Zeitpunkt schon überwacht wurden. Doch wesentlich erschreckender ist, dass wir heute im Wissen um die Überwachung anfangen, uns wie im vorauseilenden Gehorsam zu verhalten und in unserem Handeln immer schon mitberücksichtigen, was uns verdächtig machen könnte. Und das führt mich unter anderem zu der Frage, ob wir noch eine funktionierende Öffentlichkeit haben werden, eine freie Presse. Leider können wir im Journalismus schon heute die Folgen der Total-Überwachung sehen.

[…]

Sehen Sie denn Anzeichen dafür, dass die Snowden-Enthüllungen in den USA Wirkung zeigen?

General Keith Alexander. Foto: REUTERS

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Schauen Sie sich mal Fotos von NSA-Direktor Keith Alexander an. Er wirkt, als hätte er seit den Snowden-Enthüllungen nicht viel Schlaf bekommen. Ich denke, die Geheimdienste sind extrem besorgt, dass die Kultur der Straflosigkeit enden könnte. Ein Beispiel: Der Direktor der nationalen Nachrichtendienste, Jamer Clapper, erklärte im Mai dieses Jahres bei einer Befragung durch Kongressabgeordnete, die NSA würde nicht rechtswidrig die Telefondaten von US-Bürger sammeln. Diese Aussage stellte sich wenig später als Lüge heraus – und genau an diesem Punkt fand ich die Reaktion von James Sensenbrenner interessant…

Sensenbrenner war einer der Initiatoren des Patriot Act und konzipierte damit das Fundament für viele Überwachungsprogramme.

Ja. Wenn Sensenbrenner nun öffentlich verkündet, Clapper müsse gefeuert oder sogar strafrechtlich belangt werden, weil er den Kongress angelogen hat, ist das ein enorm wichtiges Signal. Die politische Kaste in den USA wird jemanden opfern müssen – und die Geheimdienstler haben große Angst davor, dass es sie treffen könnte und sie ins Gefängnis wandern, bevor sie Edward Snowden in die Finger kriegen. Wir müssen die Kultur der Straflosigkeit beenden, Geheimdienste dürfen nicht länger im rechtsfreien Raum agieren.

Hier weiterlesen:

http://www.berliner-zeitung.de/spionage-skandal/jacob-appelbaum-zur-ueberwachung–eine-taktik-der-zersetzung-,23568638,25682272.html

Gruß Hubert