Archiv für 16. Juni 2024

Warum die Kirche lügen muss (3)   Leave a comment

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Rebloggt von Religionskritiker Wolfgang –  wolodja51.wordpress.com

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Fortsetzung vom vergangenem Sonntag:

Zweitens: Das Alte Testament sowie das Neue Testament bzw. ihre Bestandteile werden in der Vorrede zur revidierten Lutherbibel ausdrücklich als Wort Gottes betrachtet, und beide gelten als Heilige Schrift. Nun wird im protestantischen Lager die Bibel nicht mehr im wörtlichen Sinn als Wort Gottes verstanden. Vielmehr enthalte sie Gotteswort als Menschenwort. Dabei zieht man Formulierungen vor wie: Die Bibel sei Gottes Wort in, mit und unter Menschenwort oder ähnlich. Doch was meint man damit konkret? Spricht Gott etwa als Person?

Nun behaupteten die alttestamentlichen Propheten zwar, dass Gott sie beauftragt habe, das Wort Gottes an bestimmte Personen auszurichten, und ähnliches gilt für den Apostel Paulus, der beanspruchte, an Gottes bzw. Christi statt seinen Gemeinden bestimmte Dinge zu sagen. Doch ist gleich hinzuzufügen: Die Propheten, Paulus und alle anderen Zeugen dachten nur, dass es so sei. Von dort bis hin zur Behauptung, Gott habe hier – wie auch immer: in, mit, unter Menschenwort oder noch ganz anders – gesprochen, ist ein sehr weiter Weg, der den Menschen im 21. Jahrhundert kaum zu vermitteln ist.

Vielmehr gilt: Wir haben es in der Bibel und in allen heiligen Büchern immer nur mit Gottesbildern von Menschen zu tun. die nicht mit dem Anspruch zu vereinbaren sind, hier und dort habe Gott – wie auch immer – gesprochen. Wer sagt, die Bibel enthalte Gotteswort als Menschenwort, bedient sich daher einer unklaren Ausdrucksweise. Die Wendung „Gotteswort als Menschenwort“ suggeriert nämlich eine Entsprechung, die gar nicht besteht. Gemeint ist Immer, Menschen haben etwas geschrieben und geglaubt, dass es sich um Gottes Botschaft handelt.

Das Gleiche ist zur Wendung „Kreuz und Auferstehung“ zu sagen. Auch hier liegt keine Entsprechung vor, als ob die Auferstehung Jesu ebenso wie das Kreuz eine historische Tatsache sei. Gemeint ist vielmehr: Der Christ versteht die Auferstehung als Interpretation des Kreuzes. Anders gesagt: Der Satz, „Jesus ist auferstanden“ ist eine Interpretation des Kreuzestodes Jesu. Dann aber kann man Kreuz und Auferstehung nicht parallel verwenden, so wie es zuletzt der EKD-Ratsvorsitzende tat, als er zur Verteidigung der Rechtgläubigkeit von Jürgen Fliege sagte: Dieser bekenne sich zu Kreuz und Auferstehung. Der unvoreingenommene Hörer sieht sich schlichtweg getäuscht, wenn er über den wahren Sachverhalt aufgeklärt wird.

Die Kirche aber hat ein vitales Interesse an der Nicht-Aufklärung. Denn der auferstandene Gottessohn ist die Leiche in ihrem Keller. Würde bekannt, dass Jesus nicht wirklich auferstanden ist, sondern nur in der Phantasie der Jünger, wäre das Ende der Kirche gekommen. Die Kirche muss lügen, um ihre Machtstellung im Staate nicht zu verlieren. Noch einmal: Würde wirklich bekannt, dass der Herr der Kirche ein Phantasieprodukt der ersten Jünger ist, ade Kirche!

Aber es kommt noch toller. Alle, die als Pfarrer oder Pfarrerinnen in den Dienst der Kirche treten wollen, haben bei der Ordination ein Gelöbnis abzulegen. Es lautet in der Kurzform: „Ich gelobe, das Evangelium von Jesus Christus zu predigen, wie es in der Schrift gegeben und im Bekenntnis unserer Kirche bezeugt ist.“ Zum Bekenntnis der Kirche zählen die Bekenntnisschriften des 16. Jahrhunderts, angefangen vom Apostolischen Glaubensbekenntnis, das im 2. Jahrhundert formuliert wurde, bis hin zur Konkordienformel aus dem Jahre 1577: zur Schrift zählen das Alte und das Neue Testament.

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Warum die Kirche lügen muss (3)

Veröffentlicht 16. Juni 2024 von hubert wenzl in Religionskritik

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