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Das ist dran an Ken Jebsens großer Gates-Verschwörung   1 comment

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Wie es im Beitrag heißt ist es mühsam und zeitaufwändig 30-minütige Videos von Ken Jebsen ernst zu nehmen und dann auch noch zu widerlegen. Aber trotzdem ist es notwendig.

Von t-online.de – Auszug.

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Der Querfront-Aktivist Ken Jebsen ist angeblich einer großen Sache auf der Spur: Das Ehepaar Gates regiere die Welt und wolle alle Menschen mit Corona-Impfungen versklaven. Urteilen Sie selbst. 

Sollten Sie diesen Text wirklich lesen wollen, müssen Sie zwei Dinge im Vorhinein wissen: Erstens ist Ken Jebsen ein ehemaliger Moderator, der vor fast zehn Jahren seinen Job beim rbb nach antisemitischen Äußerungen verlor – damals bezeichnete er den Holocaust als PR. Zweitens stellen sich auch sonst die meisten seiner Behauptungen als falsch heraus. Deswegen ist es sowohl anstrengend, als auch zeitaufwändig eines seiner 30-minütigen Videos ernst zu nehmen und dann auch noch zu widerlegen. t-online.de macht sich trotzdem die Mühe, da sich das fragliche Video zur Corona-Krise mittlerweile fast drei Millionen Menschen auf YouTube angeschaut haben.

Das sind zwar immer noch 8 Millionen Klicks weniger, als diese tolle Zusammenstellung der besten Skateboard-Tricks von Tony Hawk hat und rund 906 Millionen Klicks weniger als dieser Hit von Rapstar Eminem – es sind aber wohl genug, dass t-online.de erklären muss, warum Ken Jebsen Unsinn redet. Gehen wir den roten Faden des kleinen Klickhits also Schritt für Schritt durch. Warnung: Es wird unangenehm.

Ken Jebsens Kernthese: Bill und Melinda Gates haben die WHO gekauft und regieren auf diesem Wege diktatorisch die Welt – um Zwangsimpfungen zu verteilen, mit denen sie die Weltbevölkerung reduzieren, und ganz nebenher auch noch Profit scheffeln wollen

Bewertung (Achtung Spoiler): falsch, falsch, falsch, falsch

An dieser Stelle könnte der Text eigentlich enden. Das Wichtigste wissen Sie nun. Die Skateboad-Tricks von Tony Hawk und Eminems Welthit stehen noch immer etwas weiter oben als Empfehlung. Damit ist die Zeit besser genutzt. Wenn Sie aber unbedingt im Detail wissen wollen, ob das Ehepaar Gates uns mit Impfungen versklavt oder nicht: Sehen wir uns den Jebsen’schen Verschwörungsmythos im Detail an.

Behauptung: Bill und Melinda Gates haben die WHO gekauft, indem sie die Weltgesundheitsorganisation zu über 80 Prozent finanzieren

Bewertung: falsch

Schon die erste, zentrale Behauptung ist falsch. Zwar finanziert sich die WHO mittlerweile zu 80 Prozent aus Spenden von privaten Geldgebern, Regierungen und Stiftungen und nur noch zu 20 Prozent aus festen Pflichtbeiträgen der Mitgliedstaaten. Daran gibt es seriöse Kritik, Staaten müssten einfach mehr zahlen. Die Gates-Stiftung steuert aber nur einen Teil der freiwilligen Spenden bei: Im Jahr 2017 waren es laut dieser WHO-Aufstellung rund 327 Millionen US-Dollar von insgesamt 2,1 Milliarden Dollar privater Zuwendungen. Ähnlich sieht es auch heute noch aus. An der Größenordnung ändert sich auch durch die zusätzlichen Spenden der Impfallianz Gavi nichts Wesentliches.

Behauptung: Bill und Melinda Gates haben auch die Impfallianz Gavi gekauft und kontrollieren sie zu 70 Prozent, womit sie ihren Einfluss auf die WHO vergrößert haben

Bewertung: falsch

Die Gates-Stiftung hat 1999 die Gründung von Gavi zwar mit einer Spende von 750 Millionen US-Dollar überhaupt erst möglich gemacht und mittlerweile mit fast 4 Milliarden US-Dollar unterstützt, wie Gavi angibt. Auch hat die Stiftung einen Sitz im Aufsichtsrat. Tatsächlich finanziert sich die Allianz aber laut eigenen Angaben nur noch zu 77 Prozent aus Spenden – und wiederum vier Fünftel dieser Zuwendungen kommen von Staaten, wie die Aufstellung für das Jahr 2019 zeigt. Die Gates-Stiftung trägt nur rund 17 Prozent des gesamten Spendenaufkommens bei, was allerdings noch etwa 1,5 Milliarden US-Dollar entspricht.

Behauptung: Bill und Melinda Gates haben sich auch in die „höchst korrupte“ Bundesregierung eingekauft

Bewertung: diffus und böswillig

Es ist unklar, was Jebsen damit genau meint. Angeblich stützt sich die Regierung ausschließlich auf Berater, die „auf der Gates-Lohnliste“ stehen. Das Robert Koch-Institut, der prominente Virologe Christian Drosten: Alle sind sie demnach von ganz oben kontrolliert. Hier mischt Jebsen Fakten mit böswilligen Unterstellungen. Das Robert Koch-Institut erhält laut Gates-Foundation beispielsweise projektgebundenes Geld zur Erforschung der Pocken-Impfung. Drosten hat bereits im März öffentlich berichtet, dass auch die Gates-Stiftung neuerdings sein Virologie-Team an der Berliner Charité finanziell unterstütze.

Werden das Institut und ein renommierter Wissenschaftler in Festanstellung an Deutschlands bekanntestem Krankenhaus dadurch zu willenlosen Marionetten? Wahrscheinlicher ist, dass eine Stiftung, die sich seit Jahrzehnten dem Kampf gegen Infektionskrankheiten widmet, besonders aussichtsreiche Forschungen unterstützt. Das Wissenschaftsmagazin „Science“ zählt zum Beispiel Drosten zu den „weltweit führenden Experten im Hinblick auf Coronaviren“.

Behauptung: Der Beweis für die Verschwörung: Unsere Grundrechte werden eingeschränkt! Bei der Hygiene-Demo in Berlin wurden sogar Menschen verhaftet!

Bewertung: falsch

Bei der Hygiene-Demo in Berlin von der Jebsen berichtet, wurden zwar   Menschen festgenommen (von Verhaftungen ist nichts bekannt), und das auch mit „Grundgesetz in Händen“. Auch das Grundgesetz schützt bei entsprechendem Verhalten nicht vor der Festnahme bei einer Versammlung, die in weiten Teilen gegen die Corona-Auflagen verstieß. Tatsächlich konnten viele Menschen dort völlig unbehelligt demonstrieren, auch Jebsen selbst.*

Vielmehr berichtet die Polizei Berlin HIER von 91 Identitätsfeststellungen, Ordnungswidrigkeitsanzeigen und Strafverfahren aufgrund von Verstößen gegen die Corona-Verordnung und das Infektionsschutzgesetz. Zusätzlich gab es Strafanzeigen wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, tätlichen Angriffs, Körperverletzung und Beleidigung. Und auch der Anmelder der Demonstration wurde festgenommen. Warum, das können Sie hier im Video sehen. Vorweg: Es sieht nicht nach Verhaftung wegen Grundgesetz aus.

Behauptung: Die Bundesregierung führt aber doch schon jetzt die Zwangsimpfung ein

Bewertung: falsch

Nein, tut sie nicht. t-online.de hat sich der Behauptung bereits ausführlich gewidmet. Zwar stimmt es, dass die CDU/CSU in einem Gesetzentwurf einen sogenannten Immunitätsnachweis vorsah – mit ihm sollte Bürgern, die Covid-19 bereits überstanden haben oder geimpft wurden, aufgrund ihrer Immunität mehr Bewegungsfreiheit gegeben werden. Aufgrund der großen Bedenken in den anderen Parteien, unter anderem der regierungsbeteiligten SPD, wurde der Nachweis aber aus dem Entwurf gestrichen. Zu groß schien die Gefahr, dass eine solche Regelung zu Diskriminierung derjenigen führen könnte, die noch keine Immunität aufgebaut haben.

Behauptung: Zwangsimpfungen sollen dazu genutzt werden, Frauen heimlich zu sterilisieren

Bewertung: falsch

Nein. Erstens gibt es keine Zwangsimpfungen, zweitens wird auch niemand mit Impfungen sterilisiert. Aber Jebsen vermischt hier offenbar alles, was er mal irgendwo im Internet gelesen hat. Die Falschbehauptung, die WHO und die Gates-Stiftung hätten Impfungen in Kenia genutzt, um heimlich Sterilisationen durchzuführen, ist so alt wie auch widerlegt. Mimikama hat die Falschbehauptung kürzlich noch einmal auf ihren Gehalt geprüft.

Behauptung: Der große Plan von Bill und Melinda Gates ist es aber, die Menschheit per Zwangsimpfungen mit Mikrochips zu versehen und digital zu versklaven 

Bewertung: falsch

Das ist sozusagen die Krönung des Mythos, das große Geschütz: Wofür wäre es sonst gut, die WHO, die Bundesregierung und die prominenten Virologen zu kontrollieren? Unter anderem die Nachrichtenagentur Reuters hat das in bestimmten Kreisen im Internet beliebte Gerücht schon vor Wochen überprüft. Auch weitere Faktenchecks sind dem nachgegangen. Ergebnis: An der Behauptung ist nichts dran. Weder forscht die Gates-Stiftung an Mikrochips, die injiziert werden sollen. Noch sollen mit sogenannten digitalen Zertifikaten beispielsweise Bewegungen von Individuen verfolgt werden können.

Fazit: Warum das alles?

Jebsen ist – anders als er behauptet – kein Journalist. Er ist ein politischer Aktivist mit einer radikalen Agenda, die Links- und Rechtsradikale vereinen soll. Im Video sagt er sogar deutlich: „Auf dem Weg an die Front (…) spielt es keine Rolle, ob du auf der rechten oder linken Seite marschierst.“ Er ruft ausdrücklich dazu auf, der Regierung „in den Arm zu fallen“ und vom grundgesetzlich verbrieften „Recht auf Widerstand“ Gebrauch zu machen. Er verspricht Strafprozesse, Enteignungen und die Gleichschaltung der Presse. Das ist kein Journalismus.

Für seine Agenda nutzt er dabei auch immer wieder antisemitische Motive – da schließt sich der Kreis zu den Gründen, warum er seinen Job beim rbb verlor. Bei Jebsen geht es auch im aktuellen Video um eine „Weltverschwörung“, die aus einem „religiösen Wahn“ heraus Menschen vergiftet und damit an „Euthanasie erinnert“, die „in Auschwitz endete“. Das Ehepaar Gates habe mehr Macht als „Roosevelt, Churchill, Stalin und Hitler zusammen“. Er reproduziert damit nicht nur antisemitisch anschlussfähige Konzepte, sondern relativiert en passant auch noch den Holocaust. 30 Minuten lassen sich sinnvoller verbringen.

In einer vorherigen Version hieß es, die WHO finanziere sich mittlerweile zu 80 Prozent aus Spenden privater Geldgeber und nur noch zu 20 Prozent aus festen Pflichtbeiträgen der Mitgliedstaaten. Richtig ist dagegen, dass sich die 80 Prozent nicht nur aus Spenden privater Geldgeber, sondern auch von Regierungen oder Stiftungen zusammensetzen. Wir bedauern diesen Fehler.

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Das ist dran an Ken Jebsens großer Gates-Verschwörung

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Gruß Hubert

Deutsche Journalisten unterstützen ORF-Moderator Armin Wolf   Leave a comment

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Da jammern und plärren Rechte herum, dass sie nicht genügend Meinungsfreiheit garantiert hätten. Wenn sie aber an der Macht sind, dann ist die freie Presse das Erste was sie angreifen. Sie können es nicht ertragen, wenn nicht in ihrem Sinne berichtet wird oder wenn sie kritisiert werden. Beispiele kennt man ja genug: Türkei, Ungarn, Polen, Russland…
In Österreich gab es jetzt ein Aufjaulen gegen den Anchorman Armin Wolf in ZIB2. Die rechtspopulistische FPÖ möchte gar, dass der ORF ihn entlässt.

Hier ein Artikel von nrz.de

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Armin Wolf, österreichischer Journalist und Fernsehmoderator, bei einer Preisverleihung vor wenigen Tagen. Die FPÖ möchte ihn gern ruhigstellen.

Foto: Hans Punz / dpa

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Dem ORF-Moderator Wolf wird vom Stiftungsrat des Senders eine Auszeit nahegelegt. Deutsche Journalisten ergreifen Partei für ihn.

Es geschieht nicht jeden Tag, dass deutsche Journalisten an die Öffentlichkeit gehen, weil sie die Pressefreiheit in einem befreundeten Nachbarstaat bedroht sehen, der bisher in dieser Hinsicht als gänzlich unproblematisch galt.

Im Falle Österreichs ist genau das nun passiert: Der ehemalige „Spiegel“- Reporter Cordt Schnibben twitterte: „Bitte aufwachen, was da im Nachbarland passiert, braucht unser Interesse und unsere Solidarität.“ Der Deutsche Journalisten-Verband mahnte: „Feinde der Pressefreiheit dürfen nicht gewinnen.“ Und ZDF-Moderator Claus Kleber schrieb: „Es geht offensichtlich darum, das Undenkbare nun endlich denkbar zu machen.“

Alle drei Wortmeldungen bezogen sich auf ein Interview, dass der Moderator der mit den „Tagesthemen“ vergleichbaren Nachrichtensendung „Zeit im Bild 2 (ZiB 2)“ des österreichischen ORF, Armin Wolf, am 23. April mit dem Generalsekretär der rechtspopulistischen Regierungspartei FPÖ Harald Vilimsky führte.

FPÖ-Mann droht mit Konsequenzen

Kurz zuvor hatte ein anderer FPÖ-Politiker Migranten mit Ratten verglichen. Auch deshalb stellte Wolf im Verlauf des Gesprächs ein gezeichnetes Wahlplakat der Rechtspopulisten, auf dem Flüchtlinge mit großen Nasen, eng zusammenstehenden Augen und zusammengewachsenen Augenbrauen zu sehen waren einem ganz ähnlichen Zerrbild eines Juden gegenüber, das einst im NS-Hetzblatt „Stürmer“ erschienen war.

Daraufhin drohte Vilimsky noch vor laufender Kamera Wolf mit Konsequenzen. „Das“ könne „nicht ohne Folgen bleiben“, sagte er. Wolfs Vorgehen habe „eine Qualität, die nach unten offen ist“. Und: „Ich halte das für einen Skandal der Sonderklasse.“ Vilimskys Parteifreundin Ursula Stenzel, eine ehemalige ORF-Moderatorin, sagte nach der Sendung gar, Wolf hätte in einem „Volksgerichtshof“ auftreten können.

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Auszug aus dem Link bei Twitter oben:

Ich bin am Morgen nach meinem Interview mit Harald Vilimsky zu einem lange geplanten Kurzurlaub aufgebrochen – aber sehr erholsam waren die paar Tage in Tel Aviv letztlich nicht. Jeden Tag kamen mehrere hundert Mails, SMSe und Twitter-Mentions. 99 Prozent davon lobend, freundlich und unterstützend (vielen Dank!) – aber ein freundlicher Herr hat mir auch unter vollem Namen gemailt: „Grüß sie warum sind sie noch nicht gekündigt beim orf sie. Ratte scheiss geburt einer Hure“ (Rechtschreibung im Original).

Doch wie ist es zu diesem Interview gekommen, das FPÖ-Chef Strache seither jeden Tag zumindest einmal „widerlich“ nennt, das der ORF-Stiftungsratsvorsitzende und ehemalige FPÖ-Chef Steger für „pervers“  hält und für das mich die frühere ZiB-Moderatorin und nunmehrige FPÖ-Stadträtin Ursula Stenzel am NS-„Volksgerichtshof“ verortet?

[…]

Am Wochenende zuvor, zu Ostern, hatte die FPÖ Krach mit ihrem Koalitionspartner. Das ekelhafte „Ratten“-Pamphlet des Braunauer Vize-Bürgermeisters im lokalen FPÖ-Parteiblatt hatte (nach der Debatte um das Verhältnis zu den rechtsextremen „Identitären“) eine kleine Koalitionskrise verursacht. Der Kanzler selbst hatte das „Gedicht“ als „abscheulich, menschenverachtend sowie zutiefst rassistisch“ kritisiert und eine Distanzierung verlangt. Dienstag früh trat der Braunauer FPÖ-Funktionär schließlich zurück.

https://www.arminwolf.at/2019/04/28/etwas-das-nicht-ohne-folgen-bleiben-kann/

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Zur Medienaffäre wurde die Sache aber erst, als sich der Vorsitzende des ORF-Stiftungsrats, Norbert Steger, ein ehemaliger FPÖ-Politiker, in der Sache äußerte. Er riet Wolf, dem er attestierte, er habe, das „Gefühl verloren, dass er vielleicht auch einmal unrecht haben könnte“, indirekt zu einer Auszeit: An dessen Stelle würde er „ein Sabbatical nehmen“, sagte Stegner.

Stegners Wort hat Gewicht. Der Stiftungsrat, dem er vorsteht , ist das oberste Aufsichtsgremium des ORF. Es entsteht der Eindruck, die Regierungspartei FPÖ wolle sich eines unbequemen Journalisten entledigen, an dem sie sich schon lange abarbeitet.

ORF soll aus dem Staatshaushalt bezahlt werden

Zuletzt holte sie sich dabei aber eine blutige Nase: Vergangenes Jahr musste sich kein Geringerer als der FPÖ-Chef und österreichische Vizekanzler Heinz-Christian Strache bei Wolf entschuldigen. Er hatte auf Facebook ein Bild des Journalisten im „ZiB2“-Studio verbreitet und dazu geschrieben: „Es gibt einen Ort, wo Lügen und Fake News zu Nachrichten werden.“

Doch das gestörte Verhältnis von Teilen der österreichischen Bundesregierung zur Pressefreiheit geht über die Causa Wolf hinaus. So will die FPÖ die unbeliebte Rundfunkgebühr abschaffen und den ORF künftig direkt aus dem Staatshaushalt finanzieren. So könnte man aus Sicht der Rechtspopulisten den Sender enger an die Kandare nehmen.

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