Archiv für Mai 2016

AfD-Vize Gauland über Boateng: Ein bösartiger Satz   Leave a comment

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Nicht jeder hat das Glück als Weißer geboren zu sein – das ist schon ein besonderes Privileg, worauf man stolz sein kann, nicht wahr Herr Gauland? Ich habe endgültig die Nase voll von diesen wiederholten Spielchen der AfD und allgemein der Rechtspopulisten, zuerst provozieren, danach relativieren, wissend, dass es bei den eigenen Anhängern sehr wohl richtig ankam. Und danach feige abstreiten, anstatt zu seiner Aussage stehen. Ich denke das war ein klassisches Eigentor von Herrn Gauland. Die „Leute“ stehen hinter der Nationalmannschaft, bis auf ein paar denen es stört wenn ein paar Dunkelhäutige dabei sind, die aber die Qualität des deutschen Fußballs wesentlich erhöhen. Fraglich ob sie ohne diese Weltmeister geworden wären.

„Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben.“ Selbst DFB-Nationalspieler sind inzwischen offenes Ziel der Haßtiraden von Pegida und AfD-Vize Alexander Gauland. Sätze wie diese entlarven, wie viel Haß sich am rechten Rand dieser Gesellschaft aufgestaut hat und nun ganz ungezügelt offen Bahn bricht. Gauland weiß eben was „die Leute“ wollen, oder man kann das Wort Leute auch mit „das Volk“ austauschen.

Der in Berlin geborene Jerome Boateng ist der Sohn einer deutschen Mutter und eines ghanaischen Vaters – und Stammverteidiger in Deutschlands Nationalelf.

Einen besser Integrierten als Jérôme Boateng kann ich mir gar nicht vorstellen, und übrigens, er ist Christ.

(Nebenbemerkung zu Christ: was ich von mir nicht sagen könnte, also schon out bei der AfD, was ich aber wirklich nicht bedaure).

Was möchte denn Gauland und andere Deutschnationale? Möchten sie nur mehr Bio-Deutsche für die deutsche Nationalmannschaft spielen lassen? Warum denn dann nicht gleich den Ahnenpass wieder einführen mit Ariernachweis?

Hier ein Kommentar vom Sebastian Fischer, vom Spiegel, der ausgezeichnet analysiert wie die Masche bei Rechtspopulisten läuft.

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Gauland, Boateng

DPA -Gauland, Boateng
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Erst beleidigt AfD-Vize Alexander Gauland den Nationalspieler Jérôme Boateng, dann will er es nicht so gemeint und nicht so gesagt haben. Das ist eine bekannte Masche von Rechtspopulisten.

„Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben.“ Das hat AfD-Vizechef Alexander Gauland der „Frankfurter Allgemeiner Sonntagszeitung“ („FAS“) zufolge über den deutschen Staatsbürger und Fußballweltmeister Jérôme Boateng gesagt.

Es ist ein bösartiger, ein perfider, ein irrer Satz.

Bösartig natürlich zuallererst deshalb, weil hier mit rassistischen Klischees gearbeitet wird: „Die Leute“ wollen „einen Boateng“ nicht als Nachbarn haben – weil er Fußballer ist? Weil er Millionär ist? Nein, was Gauland meint, ist ganz klar: Weil Boatengs Haut schwarz ist.

Bösartig ist der Satz, weil er in gönnerhaftem Duktus daherkommt: Fußballspielen darf er gern für Deutschland – noch mal: Boateng ist gebürtiger Berliner – aber er muss ja nicht nebenan wohnen. Der Fußballnationalspieler wird zum Lakaien herabgestuft, zum Diener weißer Herren.

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Getty Images
AfD-Vize Alexander Gauland

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Bösartig ist der Satz auch, weil Gauland sich eines rhetorischen Kniffs bedient: Nicht er direkt beleidigt Boateng, sondern er zitiert „die Leute“ – ohne Beleg. Für die angebliche Meinung dieser Leute kann er ja tatsächlich nichts, durch seine Wortwahl aber vermittelt er ihnen, dass er ihre vermeintlichen Sorgen ernst nimmt.

Und es geht noch weiter: Als am Sonntag die öffentliche Empörung über Gauland Stunde um Stunde wächst, als sich sogar die AfD-Vorsitzende Frauke Petry von seinem Spruch distanziert, da gibt er eine Erklärung unter neuerlicher Anwendung des beschriebenen Rhetorik-Kniffs ab. Er habe Boateng „nie“ beleidigt. O-Ton-Gauland:

„Ich habe in dem vertraulichen Hintergrundgespräch die Einstellung mancher Menschen beschrieben, aber mich an keiner Stelle über Herrn Boateng geäußert, dessen gelungene Integration und christliches Glaubensbekenntnis mir aus Berichten über ihn bekannt sind.“

Ja, er selbst hat sich tatsächlich nicht über Boateng geäußert. Es waren ja „die Leute“ und Gauland war, nun ja, ihr Medium. Und, Stichwort „gelungene Integration“: Boateng ist in Berlin geboren, das sei hier gern zum dritten Mal angemerkt.

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Gaulands Kommunikationsstrategie ist alte Populisten-Schule: Man stellt etwas in den Raum, auf das man im Zweifel nicht festgelegt werden kann; die Anhänger aber verstehen die Botschaft ganz ohne Zweifel. Zugleich kann sich der Rechtspopulist als Opfer angeblicher medialer Kampagnen inszenieren. Jörg Haider war ein Meister dieses Faches.

Die „FAS“ übrigens bleibt bei ihrer Darstellung. Und nun? Bleibt noch die Nachbarschaftsfrage.

Hätte man also Alexander Gauland gern als Nachbar? Klar, warum denn nicht. Wahrscheinlich wäre er einer, der die Hecken sehr ordentlich schneiden und stets höflichst grüßen würde. Auch Jerôme Boateng wäre sicherlich ein freundlicher Nachbar, wenn man sich denn eine Villa nebenan leisten könnte.

Noch lieber aber will man ihn auf der großen Bühne sehen, als Akteur. Bei Gauland ist das genau anders herum. Als Nachbar? Passt schon. In politischer Verantwortung? Bitte nicht.

Ein Kommentar von

AfD-Vize Gauland über Boateng: Ein bösartiger Satz

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Hier noch ein Auszug aus Yahoo

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Als dann ein Sturm sich erhob und recht viele von diesen Leuten, von denen Gauland immerzu spricht, sich als Nachbarn von Boateng bewarben, ruderte der Mann, der sich gern als alter Weiser vom Berg sieht, zurück: Er habe sich nicht über Boateng als Person geäußert. „Ich habe nie, wie die ‘FAS’ insinuiert, Herrn Boateng beleidigt. Ich kenne ihn nicht und käme daher auch nicht auf die Idee, ihn als Persönlichkeit abzuwerten.“

Dumm nur, dass die Kollegen von der FAS das Gespräch aufgezeichnet hatten.

Das dämmerte auch dem Tweedjackenintellektuellen und er ging vor die Kamera. In der ARD erklärte Gauland schließlich, Boatengs Name könne gefallen sein, möglicherweise seitens der Journalisten – „denn ich kenne mich im Fußball gar nicht aus“. Er habe deutlich machen wollen, „dass es viele Menschen gibt, die halt Fremde in ihrer Nachbarschaft nicht für ideal halten“.

Was lernen wir daraus – abgesehen davon, dass Gauland sich nicht für Fußball interessiert?

Die gute Nachbarschaft scheint ihm am Herzen zu liegen. Und daher, das wird Gauland in aller Kühle seines Verstandes bewusst formuliert haben, wollte er wohl vier Dinge klarstellen.

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Erstens: Menschen, die so in etwa wie Boateng heißen, also Botting, Botenmann oder Tengelmann – die werden nur gemocht, wenn sie eine tolle Leistung erbringen. Sie müssen gewissermaßen in Vorleistung gehen, denn mit ihrem Namen scheint, so meint offenbar Gauland, etwas nicht in Ordnung zu sein. Also ein Spitzensportler, den nimmt Gauland gern. Aber nur für die Mattscheibe, und wenn er dort Ruhm und Ehre fürs Land erbringt (was Gauland und uns vielen anderen noch nicht gelungen ist), aber zu nah auf die Pelle rücken soll er nicht. Heißt: Nach Potsdam, wo Gauland wohnt, könne so einer wie Boateng vielleicht zum Shoppen, aber dann bittschön zurück ins Ghetto nach München oder Berlin-Charlottenburg, wo so einer wie Boateng aufwuchs.

 

Zweitens: Halt, Gauland ist missverstanden worden. Er redete ja nicht von sich, sondern von „den Leuten“. Er berichtete sozusagen über die. Da stellt sich die Frage: Warum tat er das? Wollte er warnen? Ist er darüber besorgt, dass Menschen „Fremde“ nicht in ihrer Nachbarschaft haben wollen – und warum gilt man als Fremder, wenn man Boateng heißt? Als Antwort fällt mir nur ein, dass Gauland nicht mehr genau weiß, wer die Leute sind – und wer er ist.

Als Rechtspopulist hat man es ja schwer. Da ist man ständig eine Art Inkarnation eines Volksgeistes, ein Sprachrohr des Volkswillens, denn ständig redet das Volk zu einem. Nur flüstern „die Leute“ ihm nicht ein: ‚Kauf mehr Himbeersaft‘, sondern sie bringen ihm bei, welche Namen gehen und welche nicht. Ständig weiß das Volk, was es will. Ein stressiger Job für eine Flüstertüte wie Gauland.

https://de.nachrichten.yahoo.com/wie-alexander-gauland-uns-alle-f%C3%BCr-dumm-verkaufen-114035911.html

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Bio-Deutsche Aufstellung für die Fußball-Nationalmannschaft

 

Ziemlich gute Nachbarn

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Aus web.de  – Auszug.

Auch Seehofer nannte die Aussagen von Alexander Gauland erbärmlich (im Video unten).

Er ist Sohn einer deutschen Mutter und eines ghanaischen Vaters, ein Fußball-Star, ein gläubiger Christ, ein Musterbeispiel für gelungene Integration. Aber für Alexander Gauland, dem stellvertretenden Parteivorsitzenden der AfD, ist Nationalspieler Jérôme Boateng offenbar trotzdem nicht gut genug.

„Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben„, sagte Gauland zwei Reportern der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS).

Die Empörung über Gaulands Worte war groß. Bundeskanzlerin Angela Merkel nannte sie „niederträchtig“ und selbst die AfD-Vorsitzende Frauke Petry distanzierte sich öffentlich von den Behauptungen des früheren CDU-Mitglieds. „Gaulands Äußerung ist das aktuell derbste und perfideste Beispiel für Versuche von AfD-Politikern, auf sich aufmerksam zu machen“, schrieb der Spiegel.

Experte: AfD nutzt EM, um Anhänger anzusprechen

In den vergangenen Monaten punktete die AfD bei ihren Wählern vor allem mit einem Thema: Sorgen vor der Überfremdung Deutschlands durch die Flüchtlinge sowie die Angst vor radikalen Dschihadisten in Deutschland.

Gegen gut integrierte Migranten und Ausländer sei nichts einzuwenden, betonte die AfD-Spitze immer wieder. Diese Aussagen hat Alexander Gauland nun mit seinem Boateng-Bashing ad absurdum geführt. Der Innenverteidiger von Bayern München ist in Deutschland geboren, aufgewachsen und vorbildlich integriert. Das einzige, was ihn wohl nach Gauland-Lesart von „den Leuten“ (also den Deutschen) unterscheidet ist seine Hautfarbe.

Aus diesem Grund wollen „die Leute“ Boateng, folgt man Gauland, auch nicht als Nachbarn haben. Nur weil er eben etwas dunkelhäutiger daherkommt als der Durchschnitt der Bevölkerung. „Einfach nur rassistisch“ nannte das die Frankfurter Rundschau.

[…]

In der Vergangenheit war es die rechtsextreme NPD, die durch eine Hetzkampagne gegen die dunkelhäutigen Ex-Nationalspieler Patrick Owomoyela und Gerald Asamoah unangenehm aufgefallen war. Und die damit den Fußball missbrauchte, um ihre menschenfeindliche Weltanschauung unters Volk zu bringen.

AfD-Anspruch: Für die ganze Bevölkerung sprechen

Zudem passt Gaulands Rhetorik zum Volksvertretungsanspruch, den die AfD und ihre Anhänger so gerne für sich reklamieren. Man vertrete die „wahren Interessen“ der deutschen Bevölkerung, man spreche für die schweigende, eingeschüchterte oder von den Medien manipulierte Mehrheit.

„Den Anspruch, für die ganze Bevölkerung zu sprechen, findet man bei vielen Politikern, nicht nur bei der AfD“, erklärt Experte Emmer. „Damit will man seinen Aussagen besondere Legitimität verleihen“.

Nur sei das im Fall Boateng ein Trugschluss. Vermutlich hätten die meisten Leute überhaupt kein Problem mit einen Nachbarn Boateng: Sie wären eher stolz neben einem Fußball-Promi zu leben.

Video:

http://web.de/magazine/politik/alexander-gauland-boateng-aussage-politiker-kritisieren-afd-vizen-scharf-31589144

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http://web.de/magazine/politik/gauland-boateng-gefahr-aussage-31589560

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Die AfD-Vorsitzende Frauke Petry – schon länger im Clinch mit ihrem Stellvertreter – hatte sich auffallend deutlich von ihm distanziert und von Erinnerungslücken gesprochen: „Herr Gauland kann sich nicht erinnern, ob er diese Äußerung getätigt hat. Ich entschuldige mich unabhängig davon bei Herrn Boateng für den Eindruck, der entstanden ist.“

http://web.de/magazine/politik/aeusserungen-jerome-boateng-weiten-afd-krise-31587528

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Gruß Hubert

 

Offener Brief: Islamkritikerin lehnt Einladung von AfD ab   Leave a comment

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Nicht nur Sahra Wagenknecht bekommt ihr Fett von Mina Ahadi ab, sondern auch die AfD mit Frauke Petry.

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Mina Ahadi an Frauke Petry

BERLIN. (hpd) Die Islamkritikerin Mina Ahadi wurde zu einem Gespräch mit AfD-Bundessprecherin Frauke Petry eingeladen. In einem offenen Brief erklärt sie ihre Absage.

Sehr geehrte Frauke Petry,

von Ihrem Parteikollegen Markus Frohnmeier habe ich eine Einladung für ein gemeinsames Treffen mit Ihnen erhalten. Aus Gründen der Höflichkeit möchte ich erklären, wieso ich dieser nicht nachkommen werde.

Ich gehe davon aus, dass Sie mit mir – als Vorsitzende des Zentralrats der Ex-Muslime – über die Rolle des Islam in unserer Gesellschaft reden wollen. Meine Grundhaltung ist dazu unmissverständlich: Religion ist Privatsache. Das gilt für den Islam, ebenso wie für das Christentum und alle anderen Religionen, die seit jeher Feinde des kulturellen Fortschritts waren. Denn die Geschichte lehrt uns: Sobald die gesellschaftlichen Verhältnisse nach den Vorstellungen einer Religion tanzten, kam es zu Unterdrückung, Verfolgung und Freiheitsberaubung.

Ich selbst musste als politische Aktivistin den brutalen, faschistoiden Charakter der Bewegung des politischen Islam am eigenen Leib erfahren. Wie Sie vielleicht wissen, bin ich vor 35 Jahren aus dem Iran geflohen. Als die Revolution im Iran scheiterte, Islamisten die Macht ergriffen und Khomeini den Kopftuchzwang anordnete, organisierte ich mit anderen mutigen Menschen Protestaktionen und Demonstrationen. Aufgrund meiner regime- und religionskritischen Aktivitäten durchsuchte die iranische Geheimpolizei meine Wohnung, während ich auf der Arbeit war. Dabei wurden mein damaliger Mann sowie fünf Gäste festgenommen und kurz darauf hingerichtet. Ich konnte entkommen, wurde aber in Abwesenheit zum Tode verurteilt und steckbrieflich gesucht. Daher lebte ich zunächst acht Monate mitten in Teheran im Untergrund und flüchtete schließlich nach Iranisch-Kurdistan. Nach zehn Jahren bewaffnetem Kampf in Kurdistan flüchtete ich 1990 nach Wien und lebe nun seit mehreren Jahren in Köln. Seitdem ich den Zentralrat der Ex-Muslime gegründet habe, werde ich auch in Deutschland von Islamisten bedroht und stand längere Zeit unter Personenschutz.

Sie sehen: Der Preis ist hoch, den ich für meinen Wunsch nach einem selbstbestimmten Leben in einer gerechten Gesellschaft zahlen musste. Ich weiß genau, welche Gründe hinter einer Flucht stehen können. Und ich bin sehr froh, dass ich in Deutschland die Möglichkeit erhalten habe, ein gutes Leben führen zu können. Doch ähnliche Schicksale mussten auch andere erleiden. Viele Menschen sind gerade deshalb nach Deutschland geflüchtet, weil sie in einer offenen Gesellschaft leben möchten, statt in einer islamistischen Diktatur. Viele flüchten vor Krieg, Terror, Gewalt und Ausbeutung.

Können Sie sich eine Welt vorstellen, in der der Ellenbogen dazu genutzt würde, um diesen Schutzsuchenden die Hand zu reichen?

Ich befürchte, ehrlich gesagt, nicht. Stattdessen propagiert Ihre Partei eine zynische Abschottungspolitik und nimmt damit den Tod tausender Menschen in Kauf. Anstatt Worte des Mitgefühls auszusprechen, schwadronieren Sie sogar von Schusswaffengebrauch an den Außengrenzen. Ich frage Sie offen: Haben Sie denn rein gar nichts aus der Geschichte gelernt? Wie viele Menschen müssen noch in NATO-Stacheldrahtzäunen verbluten, wie viele verdursten und im Mittelmeer ertrinken, bevor Sie auch nur eine emotionale Regung, nur eine einzige menschliche Geste zeigen? Ist Ihre Borniertheit wirklich grenzenlos?

Auch wenn sich die AfD öffentlich zur humanistischen Tradition der Aufklärung bekennt, bleibt dies ein Lippenbekenntnis. Denn im Grunde genommen vertritt sie eine ähnliche autoritäre, homophobe und sexistische – kurz: menschenfeindliche – Position wie die ultrakonservativen Islamverbände. Mit ihrem traditionell-patriarchalen Familienbild, ihrer Aversion gegen eine fortschrittliche Sexualerziehung und ihrer rückständigen Haltung zu Menschenrechten und Wissenschaft träumt Ihre Partei den gleichen fundamentalistischen Traum wie die Islamisten. Sie beide reduzieren Menschen auf Gruppenidentitäten, statt einzelne Menschen als Individuen in ihrer Unterschiedlichkeit ernst zu nehmen.

Die Parallelen sind kein Zufall. Denn die AfD ist die Partei der erzreaktionären, christlich-fundamentalistischen Bewegung in Deutschland. Dies ist der Grund, warum Sie einerseits den Islam kritisieren, zugleich aber andere Maßstäbe bei der nicht minder irrationalen christlichen Religion anlegen. Nur so lässt es sich erklären, dass Beatrix von Storch, also eine Frau mit religiösen Wahnvorstellungen, eine Führungsposition in Ihrer Partei einnimmt.

Sehr geehrte Frau Petry,

Weder die Idee einer christlichen Festung Europa noch die kulturrelativistische Beschwichtigungspolitik gegenüber dem Islam entsprechen meiner Vorstellung von einer offenen Gesellschaft. Doch die inszenierte Islamkritik der AfD ist eine Mogelpackung, hinter der sich fremdenfeindliche Einstellungen verbergen.

Ich möchte nicht missverstanden werden: Islamkritik ist notwendig – auch in Europa. Denn der politische Islam ist eine gefährliche Bewegung und eines der großen Probleme unserer Zeit. Tragischerweise haben viele europäische Regierungen aber auch Linke und Intellektuelle dieses Problem ignoriert oder verschwiegen. Während mutige Menschen versuchten im Iran die Politik der Steinigungen, Hinrichtungen und Frauenunterdrückung zurückzudrängen, nahmen unsere linken Freunde im Westen die islamische Barbarei gleichgültig hin.

Doch fremdenfeindliche Gruppierungen wie die AfD bieten keine Lösungen für das Problem. Die Antwort auf die Barbarei kann nur die Solidarität mit fortschrittlichen, humanistischen Bewegungen sein.

Offener Brief: Islamkritikerin lehnt Einladung von AfD ab

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Gruß Hubert

 

 

Offener Brief von Mina Ahadi an Sahra Wagenknecht   Leave a comment

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Als langjährige Kämpferin gegen den politischen Islam stellt die Religionskritikerin und Kommunistin fest, dass Die Linke das Problem mit dem politischen Islam entweder nicht richtig einschätzt oder es ignoriert.

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KÖLN. (hpd) Die Religionskritikerin und Kommunistin Mina Ahadi schrieb vor wenigen Tagen einen offenen Brief an Sahra Wagenknecht, Fraktionsvorsitzende der Partei „Die Linke“. Mit deutlichen Worten kritisiert Ahadi darin die Haltung der Partei zum politischen Islam. Der hpd dokumentiert den Brief in ganzer Länge.  

Sehr geehrte Sahra,

seitdem ich deine Rede im deutschen Bundestag gehört habe, bin ich erstaunt und fassungslos. Und zwar deshalb, weil du ebenso wie die Partei „Die Linke“ die politische Lage nicht richtig einschätzt. Du hast dich in jener lebhaften Rede gegen Brutalität und Krieg ausgesprochen. Du hast davon geredet, dass der Terror nicht mit Bomben zu bekämpfen sei. Ich füge meinerseits hinzu, dass die Lösung des Problems die Einbeziehung verschiedener Faktoren erforderlich macht. Nicht mit Bomben kann der Terror bekämpft werden, aber auch nicht mit Schweigen und einer verharmlosenden Darstellung des politischen Islam. 
Es ist eine bittere Wahrheit, dass die westlichen Staaten – Amerika, England, Frankreich – auf den politischen Islam zur Sicherung eigener Macht gesetzt haben. In Ländern wie dem Iran, dem Irak, Afghanistan, dem Sudan usw. haben die Terrorbanden der islamischen Bewegung das Leben von Millionen von Menschen beeinträchtigt oder gar zerstört. Um es deutlicher zu sagen: Ich rede über Steinigung, Zwangsverschleierung und Massenhinrichtungen. Ich rede von den offiziellen Gesetzen, nach denen du und ich halb so viel Wert sind wie die Männer. 

Als Iranerin habe ich hautnah den abscheulichen und ekelhaften Charakter der Bewegung des politischen Islam erlebt und seit 36 Jahren bekämpft. Nach deiner lebhaften Rede habe ich gegoogelt, um zu wissen, wie oft die Führerin der Linkspartei über das Verbrechen der islamischen Bewegung lebhafte Reden gehalten hat. Google hat meine Hoffnung zunichte gemacht. Nicht eine Minute lang hast du jemals eine Rede über die Steinigung, das Auspeitschen der Frauen, die Hinrichtung z. B. das Erhängen der Atheisten/innen, Kommunisten/innen usw. gehalten. Google hat mir gesagt, dass unter dem Namen Sahra und islamische Bewegung nichts zu finden ist. 

Ich hoffe, dass du von mir gehört hast. Ich bin eine Bürgerin, die seit Jahren in fast allen Städten Deutschlands gegen Steinigung, Hinrichtung, Burka, Frauenfeindlichkeit und islamischen Terrorismus Reden gehalten hat und die nicht zuletzt Kritik an der Politik der westlichen Staaten, auch Deutschlands, geübt hat. Ich war aber niemals euer Gast. Weshalb? Weil deine Partei fortwährend die islamische Bewegung als Verkörperung des Befreiungskampfes der Bevölkerung – jener Länder, aus denen wir kommen – gegen imperialistische Machtherrschaft versteht, und vielleicht verstehst auch du es so. Ihr bewertet jede Taktik und Aktion dieser Verbrecher als „antiimperialistisch“. 

Die islamische Bewegung an sich ist eine Bewegung zur Unterdrückung der Bevölkerung im Allgemeinen und der Linken im Besonderen. Diese Bewegung terrorisiert und mordet nach islamischer Überzeugung und nach den Gesetzen des Koran.

Die islamische Bewegung nahm im Iran, dem Land, aus dem auch dein Vater stammt, Form an – als Antwort und zur Zerschlagung jener Revolution, die linke Charakterzüge besaß.

Der „Islamische Staat“ als Zwillingsbruder der „Islamischen Republik“ begann im Iran. Seine barbarische Errichtung ging mit bestialischem Massenmord an Tausenden von jungen Menschen einher. Bis heute habe ich keine einzige Zeile deiner Partei zu einer Verurteilung der Verbrechen von der iranischen Entsprechung der DAESH (IS) gelesen. Warum? 

Wir, du und ich, sind Linke und Kommunistinnen. Wir sind uns in Deutschland noch nicht begegnet, denn wie haben unterschiedliche Positionen zur der großen Katastrophe des Jahrhunderts, nämlich dem grausamen islamischen Terrorismus. Niemals habt ihr die verbrecherische Rolle des politischen Islam in der jetzigen Welt erkannt. Ihr habt die Apologeten des Multikulturalismus und Postmodernismus unterstützt. Ihr habt uns – Frauen, die diesen Psychopathen in die Hände gefallen und zu Gefangenen geworden waren – ignoriert. Ihr habt euch mit eurer Arbeit und eurem Leben beschäftigt. Nichts findet man in euren politischen Bekundungen zur Unterstützung der Frauenbewegung in den islamisch beherrschten Ländern. Warum?

Ich bin eine iranische Kommunistin. Viele Jahre meines Lebens habe ich gegen ein Monster gekämpft, das von den westlichen Ländern ins Leben gerufen wurde. Wir haben im Iran die Politik der Steinigungen, Hinrichtungen und Frauenunterdrückung dieser Bewegung zurückgedrängt, während unsere linken Freunde und insbesondere linke Frauen im Westen die Steinigungen gleichgültig hinnahmen. Ich hoffe du weißt, was ich meine. 

Als eine Frau aus dem Iran – unter der Herrschaft des islamischen Terrorismus – klage ich an: 

  • die westlichen Staaten, die den ins Mittelalter gehörenden Reaktionären geholfen haben,

  • die Intellektuellen, die uns ruhig stellen wollten und von Harmlosigkeit des Islams erzählten,

  • die Linken, die schwiegen oder die Augenwischerei betrieben, die erzählten, dass Hinrichtung ein Bestandteil unserer Kultur sei.

Schließt eure Augen und lebt weiter, und schließlich ihr, als Linke mit politischer Verantwortung in der Gesellschaft, ihr seid noch einen Schritt weiter gegangen und habt erzählt, es gäbe keine Probleme. Manchmal habt ihr den Ex-Staatspräsidenten Ahmadinedschad als Sieger über das US-imperialistische Amerika bejubelt. 

Du hast im Bundestag über Afghanistan und die falsche Politik, die die Entwicklung der Taliban ermöglichte, gesprochen. Zur falschen Politik gehörte nicht nur die Bombardierung und die Entsendung von Militär, sondern sie umfasste auch die Weichenstellung zur afghanischen Regierungsbildung, wiederholt verteidigt durch die deutsche Regierung auf der Afghanistan-Konferenz, bei der alle modernen und säkularen politischen Kräfte ausgeschlossen bleiben und Bürgerrechte durch religiös-ethnisches Recht ersetzt wird.

2011 veranstalteten wir in Bonn eine Kundgebung gegen die beschlossene falsche Politik von zehn Jahren der Afghanistan-Konferenz. Wir waren der Meinung, dass diese Politik den Weg für weitere jahrelange blutige Auseinandersetzungen in Afghanistan vorbereitet. Leider beteiligte sich niemand von euch an dieser Protestkundgebung.

Vereehrte Sahra, 
wir sind gegen Krieg und Terror, gegen Terrorismus des Staates und islamischen Terrorismus. Angesichts der momentanen Lage erfordert linke Politik die Bildung einer dritten Front sowohl gegen Staatsterror als auch gegen islamischen Terror. Leider steht deine Partei nicht in der Kampffront gegen den islamischen Terrorismus. Daher gehört sie meines Erachtens nicht zum linken Lager. 

Der Kommunismus ist die richtige, schöpferische Antwort auf die Probleme der Menschheit für ein besseres Leben. Ignorieren der Probleme, Übersehen der Schwierigkeiten und falsche Interpretation des antiimperialistischen Kampfes haben euer Verhältnis zu der Bevölkerung in den islamisierten Ländern zerstört.

Als langjährige Kämpferin gegen den politischen Islam stelle ich fest, dass ihr das Problem entweder nicht richtig einschätzt oder es ignoriert. Aus diesem Grund habt ihr seit 36 Jahren keinen Platz an unserer Seite im Kampf gegen den politischen Islam eingenommen.

Ich hoffe, dass dieser Brief ein Nachdenken ermöglicht. Seit Jahren hat sich die islamische Bewegung in Deutschland mit dem Bau von Moscheen, mit Zwangsverschleierung, Trennung der Geschlechter in den Schulen usw. ausgebreitet. Viele Deutsche sind zu Recht über die Zurückdrängung der relativ säkularen Prinzipien Deutschlands besorgt – und eure Partei steht wie üblich auf der Seite der Islamisten. 

Denkt bitte darüber nach.
Ich warte auf eine Antwort zu diesem Brief.

Hochachtungsvoll
Mina Ahadi 

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Offener Brief von Mina Ahadi an Sahra Wagenknecht

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Gruß Hubert

 

Ein Pastor lässt das Frömmeln nicht?   Leave a comment

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Ansprache Bundespräsident Gauck auf dem Katholikentag
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Foto: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

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MANNHEIM. (hpd/sb) Bundespräsident Gauck wünscht sich mehr Christen in der Politik, die sind in der Politik aber bereits überrepräsentiert. Der gesellschaftliche Fortschritt der letzten fünf Jahrzehnte ist durch eine “Entchristlichung” des Rechts geprägt. Der Bundespräsident sollte lieber Konfessionslose zu mehr politischem Engagement ermuntern.

Der ehemalige Pastor und jetzige Bundespräsident Hans-Joachim Gauck wünscht sich offenbar noch mehr Christen in der Politik. Der evangelische Pressedienst epd meldet: „Bundespräsident Joachim Gauck hat die Bedeutung des christlichen Glaubens für die deutsche Gesellschaft hervorgehoben. Er sei der Auffassung, dass Deutschland seine Stärke und seinen Wohlstand auch daher habe, dass der christliche Glaube immer wieder politisches Handeln provoziert habe, sagte Gauck bei einem Empfang für die Organisatoren des Mannheimer Katholikentages, der am Sonntag zu Ende ging. Das Engagement aus dem Glauben spiele eine wichtige Rolle. […] Der Bundespräsident forderte die Christen zu verstärktem politischen Engagement auf.“

Zwar wählte Gauck in seiner Ansprache weniger angreifbare Formulierungen, aber der evangelische Pressedienst dürfte die Intention des Bundespräsidenten doch recht gut wiedergegeben haben.

Auch der Saarländische Rundfunk meldete: „Mannheim: Gauck ruft Christen zu politischem Engagement auf. Zum Abschluss der Deutschen Katholikentages hat Bundespräsident Gauck die Christen aufgerufen, sich stärker in der Politik zu engagieren.“

WELT ONLINE schreibt: „An die Christen appellierte [Gauck], sich stärker in der Politik zu engagieren.“

BILD meldet sogar: Gauck will mehr Christen in der Politik. (Mittlerweile wurde die Überschrift offenbar geändert, sie ist in der URL allerdings immer noch zu erkennen.) BILD schreibt: [Gauck] wünscht sich mehr Christen in der Politik: „Denn die Politik braucht Menschen, die an eine Sache glauben, die größer ist als sie selbst. Sie braucht Menschen, die eine Haltung haben und dafür mutig eintreten. Sie braucht jene überzeugten und deshalb überzeugenden Persönlichkeiten, wie sie oft und zu unserem Wohl aus kirchlicher Heimat und aus christlichem Engagement gekommen sind.“

Man fragt sich allerdings, wie Gauck, der ja immerhin Präsident aller Deutschen sein soll (und das sind neben rund einem Drittel Protestanten und einem Drittel Katholiken eben auch ein Drittel Konfessionslose), diesen Wunsch begründen will?

Christen sind bereits überrepräsentiert

Zum einen scheint es, dass Christen in der Politik ohnehin bereits überrepräsentiert sind. Dies zeigt sich besonders in den neuen Bundesländern, wo zwar nur etwa 25 % der Bevölkerung einer christlichen Kirche angehören, aber alle Ministerpräsidenten Christen sind – darunter sogar eine Theologin.

Im Bundestag geben 29 % der Abgeordneten als Konfession „evangelisch“ an und 30 % „katholisch“. Damit sind die Christen im deutschen Parlament mindestens so stark vertreten, wie es ihrem Anteil an der Bevölkerung entspricht. (Höchstwahrscheinlich sind sie sogar überrepräsentiert, da gut ein Drittel der Abgeordneten keine Angabe zur Konfession macht.) Die größte Regierungspartei trägt ein „C“ im Namen und stellt die Kanzlerin. Und der Bundespräsident ist ein ehemaliger Pastor.

Während m.W. alle im Bundestag vertretenen Parteien christliche Arbeitskreise haben, existiert nur bei den Linken eine Arbeitsgemeinschaft „Laizismus“. In der SPD wurde die Gründung einer offiziellen laizistischen Arbeitsgruppe schlichtweg verboten.

Es kann also keine Rede davon sein, dass Christen zu wenig Einfluss in der Politik hätten.

Gesellschaftlicher Fortschritt ist durch „Entchristlichung“ geprägt

Zum anderen ist aber auch die Idee, die hinter Gaucks Wunsch steckt, begründungswürdig: nämlich dass die Betätigung von Christen die Gesellschaft und das Recht vor allem positiv voranbringen würden.

Gauck scheint hier „Kleinigkeiten“ auszublenden wie den Umstand, dass deutsche Soldaten in zwei Weltkriegen mit der Aufschrift „Gott mit uns“ über andere Länder hergefallen sind. Die katholische Zentrumspartei hat durch ihre eigene Auflösung die Machtübernahme der Nationalsozialisten erst ermöglicht.

Sind deshalb alle Christen faschistische Kriegstreiber? Natürlich nicht. Aber genauso wenig kann sich Gauck angesichts dieser Punkte einfach nur das Positive herausgreifen.

Überhaupt lässt sich ganz klar feststellen, dass das deutsche Recht seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland ganz klar von spezifisch christlichen Komponenten bereinigt wurde, was allgemein als Fortschritt angesehen wird: Aufhebung des Verbots der Homosexualität und des Kuppelparagrafen, die Gleichstellung von Frauen und unehelichen Kindern, oder die Einführung der eingetragenen Lebenspartnerschaft für Homosexuelle.

Gleichzeitig wurden mehrere allzu kirchenfreundliche Praktiken durch das Bundesverfassungsgericht verboten, z.B. Kirchensteuer für Unternehmen, die Besteuerung von Nicht-Kirchenmitgliedern (Ehepartnern) oder das Aufhängen von Kruzifixen in Klassenräumen ohne Widerspruchsmöglichkeit.

Der gesellschaftliche Fortschritt der letzten fünf Jahrzehnte ist meines Erachtens ganz klar durch eine „Entchristlichung“ des Rechts geprägt.

Was zugenommen hat, ist sind kirchliche Privilegien

Was allerdings tatsächlich zugenommen hat, ist die Kirchenfreundlichkeit der Gesetze. Mit dem Recht auf eigene Kirchensteuern und Religionsunterricht war das Grundgesetz ohnehin schon ausgesprochen kirchenfreundlich. Zwar sollen die Staatsleistungen an die Kirchen dem Grundgesetz zufolge abgelöst werden, in vielen Länderverfassungen werden sie aber tatsächlich festgeschrieben, und in den entsprechenden Staat-Kirche-Verträgen ist auch noch festgelegt, dass die Zahlungen des Staates an die Kirchen immer weiter steigen.

Bereits unter den Nationalsozialisten wurde der Einzug der Kirchensteuer den Arbeitgebern übertragen, was einen klaren Verfassungsverstoß darstellt. („Niemand ist verpflichtet, seine religiöse Überzeugung zu offenbaren.“) Leider nicht klar genug für das Bundesverfassungsgericht – aber da dürften ja wiederum auch überwiegend Christen sitzen.

Aus der Vorgabe des Grundgesetzes, dass Gottesdienst und Seelsorge beim Heer „zuzulassen“ sind, wurde eine institutionalisierte Militärseelsorge für die evangelische und die katholische Kirche, mit verbeamteten und staatlich bezahlten Militärpfarrern, für 30 Millionen Euro pro Jahr.

Selbst das von Gauck in seiner Rede positiv hervorgehobene „Subsidiaritätsprinzip“ der „christlichen Soziallehre“ dürfte wohl in erster Linie den Kirchen nutzen, nicht den Menschen. Carsten Frerk schreibt dazu in seinem „Violettbuch Kirchenfinanzen“ (S. 219): „Dieses ‚Subsidiaritätsprinzip‘ wurde insbesondere von der organisierten katholischen ‚Nächstenliebe‘ (Caritas) und der evangelischen ‚Brüderlichkeit‘ (Diakonie) genutzt, um zum größten privaten Arbeitgeberverbund in Europa aufzusteigen.“

Caritas und Diakonie sind die Arbeitgeber von rd. 1 Million hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, denen ganz legal elementare Arbeitnehmerrechte vorenthalten werden und die z.B. wegen eines Kirchenaustritts oder unehelichem Zusammenleben entlassen werden dürfen. Auch in Einrichtungen wie Krankenhäusern, deren Zweck überhaupt nicht religiös ist und die komplett öffentlich finanziert werden.

Religiöse Voreingenommenheit

Es ist bezeichnend, dass selbst das vom Bundespräsidenten selbst gewählte Beispiel für den christlichen Einfluss auf die Politik einen so gravierenden „Pferdefuß“ aufweist. Über die Vorteile schweigt sich Gauck übrigens aus, er empfindet es offenbar bereits als positiv, dass überhaupt die katholische Soziallehre „viele der politischen Grundentscheidungen und politischen Institutionen der Bundesrepublik entscheidend beeinflusst“ hat.

Nur: Wenn Gauck sein Urteil an der Christlichkeit des Einflusses festmacht und nicht an konkreten positiven Ergebnissen, dann erweckt er den Eindruck einer religiösen Voreingenommenheit, die man zwar von einem Pfarrer erwarten kann, aber eben nicht von einem Bundespräsidenten.

Wenn christliche Politiker mit Kirchenvertretern „verhandeln“ …

Die extreme Privilegierung der beiden großen christlichen Kirchen kann natürlich nicht verwundern. Denn was sonst soll dabei herauskommen, wenn über Jahrzehnte hinweg christliche Politiker mit Kirchenvertretern über das deutsche Staatskirchenrecht verhandeln? Immer wieder wird vor den Gefahren einer „Unterwanderung“ der Gesellschaft z.B. durch Scientology gewarnt. Die oben beschriebenen Punkte zeigen: In der Praxis lässt sich wohl eher von einer „christlichen Unterwanderung“ sprechen, die mittlerweile offenbar das Amt des Bundespräsidenten erreicht hat.

Gauck sollte Konfessionslose ermuntern

Der Bundespräsident sorgt sich um den religiös-weltanschaulichen Einfluss in der Politik? Dann sollte er sich mal über Folgendes Gedanken machen: Wie oben bereits erwähnt, geben 29 % der Bundestagsabgeordneten als Konfession „evangelisch“ an und 30 % „katholisch“. Das entspricht ziemlich exakt ihrem Anteil an der Bevölkerung.

Allerdings geben sich nur knapp 5 % der Abgeordneten als Atheist oder konfessionsfrei zu erkennen, obwohl sie die „größte Konfession“ stellen: nämlich ein Drittel der Bevölkerung. 36 % der Bundestagsabgeordneten machten keine Angabe zur Konfession. Wenn darin ein nennenswerter Anteil von Christen enthalten ist (die z.B. der Auffassung sind, dass die religiöse Überzeugung Privatsache ist), dann wären die Christen im Bundestag über- und die Konfessionslosen unterrepräsentiert. In diesem Fall sollte der Bundespräsident lieber die Konfessionslosen zu mehr politischem Engagement aufrufen.

Oder aber, bei den Abgeordneten, die keine Angabe gemacht haben, handelt es sich im Wesentlichen um Konfessionslose und Atheisten. Dann sollte sich der Bundespräsident die Frage stellen, weshalb christliche Politiker ihre Konfession alle angeben und Konfessionslose und Atheisten es offenbar vorziehen, ihre weltanschauliche Überzeugung nicht preiszugeben.

Auch dies würde auf einen unangemessen großen christlichen Einfluss auf die Politik hinweisen – und zwar auf einen sehr unschönen.

Ich habe Bundespräsident Gauck eine sachliche E-Mail mit meiner Kritik geschickt und angeregt: Am kommenden Wochenende ist übrigens eine internationale Atheistentagung in Köln. Es würde sich m.E. anbieten, hier – schon als „Ausgleich“ für seine obigen Ausführungen – ein Grußwort zu schicken, in dem auch Konfessionsfreie dazu ermuntert werden, sich politisch zu betätigen.

Ein Kommentar von Matthias Krause – 21. Mai 2012

Ein Pastor lässt das Frömmeln nicht?

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Gruß Hubert

 

Du hast Angst   Leave a comment

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Angst_Gedicht

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Header image by David Ruiz

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Ich habe Angst.
Jeden Tag. Jede Stunde.
(Du bist nicht der Einzige)
Manchmal kann ich sagen, wovor ich Angst habe.
(Du bist nicht der Einzige)
– Armut, Arbeit, Arbeitslosigkeit, Polizei, Abstieg, Einsamkeit, Auschluss,
Hässlichkeit, Krankheit, Schuld, Versagen –
(Du bist nicht der Einzige)
aber die Wahrheit ist,
dass es egal ist, wovor ich Angst habe.
Das eine Ungeheuer ist so gut wie das Andere.
Und alle sind alte Schatten.
Das neue
(Du bist nicht der Einzige)
ist die Gotthaftigkeit der Angst,
die überall ist,
weil ich stets sichtbar bin,
die alles weiß
und mein Handeln schon vorweg nimmt,
die meine Welt erschafft,
als eine nicht enden wollende Prüfung,
(Du bist nicht der Einzige)
der ich allein gegenüber stehe.
Und dies ist die Welt der Angst:

Die Enge der weiten Orte.
Darin die Abwesenheit eines Endes.

Die unsichtbaren Fäuste und zerrenden Griffe.
Darin der Zwang geleugneter Gewalt.

Die Augen der Anderen.
In denen man Selbst sein muss.
(Ich schließe die Augen um zu sehen)

Die Bilder des Sollens.
Bestialische Titanen, sie flüstern unablässig.
(Ängstliche, hörst du sie nicht?)

Die Maschinen der Verwaltung.
Darin die strafenden Regeln.
(Beurteilter, dein Urteil ist das Urteil der Regeln)

Der Teppich der Verantwortung.
Darin die Geisel aus Scham und Schuld.
Kein Meter Boden, das er nicht bedeckte.
(Wandernde, er wächst aus deinen Füßen)
Wer hat ihn dort hinein gepflanzt?

Meine Füße sind zerschnitten
(Unter dem Teppich stehen Messer)
vom langen Pilgergang
– nur noch einen Schritt –
(Stolpernder, ewig kann nicht Winter sein)
bei jedem Schritt
– So denken Erfolgreiche: sieh niemals auf deine Füße –
Es ist kein Wandern,
kein Pilgern,
kein Suchen,
(Du bist nicht der Einzige)
kein Werden,
ein Fortschreiten

„Sieh nach Vorne!“
– Dort laufen die Besseren, hole sie ein!

„Sieh nach Hinten!“
– Das Pack ist nahe, es greift schon nach dir!

„Sieh zur Seite!“
– Abgefallene am Straßenrand, von Lumpen umarmt, nach Ekel stinkend.

Entlassen in die Freiheit des Marktes
(Du bist nicht der Einzige)
ist die harte Hand des Herrschers
(Ich sehe keine Schwerter)
ein Gespenst geworden
– Dies ist das Geheimnis:
Das Gespenst hat zwei Seiten
Besessenheit und Poltergeist –

Es ist ein Atmen,
in mir und außerhalb meiner
Selbst
(Atmende, riechst du es nicht?)

Ich habe Angst.
Jeden Tag. Jede Stunde.
(Du bist nicht der Einzige)
Es ist die Angst in der Ordnung der Angst
(Du bist nicht der Einzige)
Es ist die alles umfassende Angst
(Du bist nicht der Einzige)
Es ist die Angst vor dem Sichtbarwerden der Angst.
(Ich bin nicht der Einzige)
Es ist die Angst vor den Augen der Anderen.

Und jeder Schritt verspricht mir: Dieser noch,
dann ist die Angst vorbei.
Und jedes Bild verspricht mir: Dieses noch,
dann kommt das Gute.

Ich habe Angst.
Jeden Tag. Jede Stunde.
Ich atme sie ein
– Angst ist die Ordnung der Welt
Ich atme sie aus
– Angst ist der Raum zwischen uns

(Sie kann nicht sein, außer in einer Welt, die nach ihr und durch sie geordnet is, einer Welt, in der die Bedingung der Angst des Einzelnen, die Angst aller ist. Sie verlangt unsere Mitarbeit.
Ich weiß nicht, ob wir uns ohne Angst ansehen können. Aber hier ist meine Hand, meine sichtbare, offene Hand. Sie ist krumm und geschunden, die Nägel ungepflegt und die Nagelbetten entzündet. Ich weiß nicht, ob ich meine Hand ausstrecken kann, ohne dass sie von gespensterhaften Händen umgeben ist. Aber ich weiß ebensowenig, was ich sonst tun könnte und ich versuche keine Angst vor deinem Blick zu haben. Hier also ist meine Hand.)

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https://gedichtblog.wordpress.com/2015/07/08/du-hast-angst/

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Schloss-wp-blic

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gruss hubert

 

Veröffentlicht 26. Mai 2016 von hubert wenzl in Lyrik, Uncategorized

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Die verlorene Würde des Menschen und der Tiere   Leave a comment

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Bei der Würde, die wir den Tieren zugestehen beziehungsweise vielmehr nicht zugestehen sind wir astronomisch weit entfernt. Erschreckend das fehlende Mitgefühl und das sich einfühlen können oder wollen in ein Tier. Gleich erschreckend der Egoismus der da dazu gehört.

 

Schwein-Gra-D-Böhm

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Die Freizeitmesse FREE auf dem Münchner Messegelände am letzten Februarwochenende: Familien mit quengelnden Kindern drängeln und schieben sich auf der Suche nach dem Traumurlaub durch die Gänge. Bella Italia in der Halle B5 steht wie immer hoch im Kurs und die eindringlichen Ohrwürmer aus den sechziger Jahren sowie Eiscreme und Pizza, verheißen Urlaubsfeeling trotz Schnee und klirrender Kälte vor den Toren der Messehallen.

Es ist fünfzehn Uhr und ich wundere mich über eine riesige Menschentraube vor einem Stand, der verschiedene Campingplätze in Italien anbietet. Ich recke meinen Hals und versuche einen Blick zu erhaschen. Ungläubige Erschütterung und Entsetzen breiten sich augenblicklich in mir aus, die ersten beiden Wörter, die mir in den Sinn kommen, sind barbarisch und würdelos. In welchem Jahrhundert leben wir? Schreiben wir wirklich das Jahr 2013? Auf den Tischen, die eigentlich für Campingprospekte gedacht sind, liegt der Körper eines braungebratenen Schweines, das der Länge nach, Semmel für Semmel, scheibchenweise gekürzt wird. Dieser Anblick allein wäre ja schon entsetzlich genug, doch damit ist es nicht getan. Auf seinem Körper liegt der ihm abgehackte Kopf und in sein Maul hat man zur Belustigung der hungrigen Meute eine Semmel geschoben. Ich bin fassungslos – vor Wut und Schmerz. Ich frage mich, warum ich keine Menschen sehe, die sich sofort umdrehen und weglaufen, Kinder inbegriffen, sondern nur eine gierige Meute, die geduldig, bis zu zwanzig Minuten, für eine kostenlose Semmel mit einem Stück toten Lebewesen ansteht.

Das Wort Würde lässt mich nicht mehr los, ebenso wie das Entsetzen. Zu Hause gebe ich dieses für mich gerade bedeutungsschwere Wort bei Google ein und lande natürlich bei Wikipedia. Nicht immer die zuverlässigste Quelle wie man weiß, doch um die Begrifflichkeit des Wortes zu hinterfragen, ausreichend. „Der Begriff Würde, (lateinisch: dignitas) bezeichnet die Eigenschaft, eine einzigartige Seinsbestimmung zu besitzen. Sie kann einem Lebewesen, einem System von Lebewesen, aber auch einer natürlichen oder menschlichen Schöpfung zugesprochen werden.“ Das Wort Würde ist im Deutschen außerdem sprachgeschichtlich mit dem Wort Wert verwandt. Friedrich von Schiller, der große Dichterfürst, schreibt über diesen Begriff: „Würde bezeichnet auch den Ausdruck einer erhabenen Gesinnung.“

Würde wäre demnach, die Einzigartigkeit eines Lebewesens wertzuschätzen und geht in unserem Sprachgebrauch Hand in Hand mit Respekt. Jemand oder etwas zu würdigen, bedeutet, ihn oder es zu respektieren und vor allem sein Recht auf Leben. Doch bei diesem traurigen Spektakel wurde nicht nur dem geköpften Schwein jegliche Würde abgesprochen. Der Betreiber des Standes, der sich diese Grausamkeit ausgedacht hat, um wie ein Rattenfänger urlaubshungrige Leute einzufangen, hat sich würdelos verhalten und mit ihm all die Menschen, welche für diese Semmel mit einem Stück entwürdigten Lebens angestanden sind.

Friedrich von Schiller versus Berthold Brecht? Letzterer prägte in seiner Dreigroschenoper den Begriff: „Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral.“ (auch bei Wikipedia nachzulesen).

Braucht die Fleisch essende Mehrheit der Bevölkerung noch mehr Skandale in der Fleischindustrie, die sie zu einer Umkehr ihrer Essgewohnheiten bewegen könnten? Vielleicht schon denke ich, denn wenn selbst der Anblick eines Wesens nicht reicht, dem auch im Tod noch jegliche Würde abgesprochen wird, was dann?

Ich habe es nicht übers Herz gebracht, dieses arme Wesen zu fotografieren. Nach einem ersten Impuls ließ ich mein Handy sinken und wieder in meiner Handtasche verschwinden. Ich wollte diesen Anblick niemandem antun, weder den Lesern hier auf Fellbeisser noch meinen Tierrechtsfreunden auf Facebook. Zu sehr hat mich das Gesehene erschüttert und in mein Herz gebrannt. Daher füge ich diesem Artikel lieber eine Zeichnung der Künstlerin Sabine Anders bei, die ein glückliches Schwein darstellt und seine Würde als Lebewesen unterstreicht.

Copyright Zeichnung © Sabine Anders

© Daniela Böhm

www.danielaböhm.com

 

Die verlorene Würde des Menschen und der Tiere

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Gruß Hubert

 

Die Konterrevolution   Leave a comment

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Rechtspopulismus

Wer Dugins Schriften liest, wird sich von der Hoffnung verabschieden müssen, der Faschismus gehöre für immer der Vergangenheit an. Doch offensichtlich trifft die Radikalkritik an der multikulturellen Gesellschaft das Lebensgefühl auch vieler Konservativer. Kein anderer hat seiner Angst vor dem Fremden, vor Vermischung und Identitätsverlust so freimütig Ausdruck verliehen wie der neue polnische Außenminister Witold Waszczykowski: Im Westen sei es wie im Marxismus – „als müsse sich die Welt automatisch in nur eine Richtung bewegen – zu einem neuen Mix von Kulturen und Rassen, eine Welt aus Radfahrern und Vegetariern, die nur noch auf erneuerbare Energien setzen und gegen jede Form der Religion kämpfen. Das hat mit traditionellen polnischen Werten nichts mehr zu tun.“

Das neue polnische Mediengesetz soll den Staat von „Krankheiten heilen“

Es gibt noch eine zweite Kritik am Multikulturalismus, auch sie ist analytisch aufschlussreich. Ihr zufolge glaube nur der zeitgeistkonforme Normalbürger, die multikulturelle Gesellschaft bringe den Menschen Toleranz und Frieden. Das sei ein Irrtum. In Wirklichkeit bringe sie ihnen den Bürgerkrieg, den Kampf aller gegen alle. Von unsichtbaren Mauern und Identitätspolitiken werde die Gesellschaft durchzogen, von sinnlosen Differenzen und leeren Unterscheidungen, die jede „natürliche Einheit“ zerstörten.

Diese Kritik existiert auch in einer interessanten linken Version. Der Multikulturalismus, so schreibt der slowenische Theoretiker Slavoj Žižek, sei zwar eine Errungenschaft, doch sie werde von Hass und Gleichgültigkeit bedroht. Deshalb brauche eine multikulturelle Gesellschaft etwas Gemeinsames – nicht das idiotische Geraune von Volk, sondern den Kampf für weltweite Solidarität und universelle Normen. Wenn es gelänge, alle gesellschaftlichen Gruppen, auch die Einwanderer, darauf zu verpflichten, dann sei es rasch vorbei mit Islamofaschismus und der Missachtung von Frauenrechten.

Man muss nicht lange rätseln, worin für rechte Parteien die erlösende Alternative zum postmodernen Kapitalismus besteht. Nicht in einer Repolitisierung der Verhältnisse – das wäre ja wieder nur eine neue Form von Verflüssigung; die Rettung besteht vielmehr in der Rückkehr zur Nationalkultur. Im rechten Weltbild ist die Kultur immer etwas Einheitliches und Zeitloses, ihre Mythen und Erzählungen speichern den Volksgeist und sind die tiefste Quelle von kollektivem Sinn. Deshalb sei es für die „Völker der Welt“ ein Unglück, dass der angelsächsische Liberalismus die Kultur aus der strengen Aufsicht des Staates entlassen und sie in die schmutzigen Hände der Gesellschaft gelegt habe, wo profane Regisseure auf offener Bühne das Heilige zersägten, anstatt es demütig dem Volk vor Augen zu bringen.

Die rechte Kritik an der rasenden Traditionsfeindlichkeit der Moderne oder einem selbstgefälligen Regietheater mag einen Punkt treffen, aber darum geht es gar nicht, es geht um ein fundamental anderes Verständnis von Kultur: Die Kultur soll dem Staat dienen, sie soll ihm eine metaphysische Aura verleihen, denn sonst wäre der Staat – wie im Liberalismus – nur eine „Maschine“. Als die ungarische Regierung nach ihrem Machtantritt den Kulturbetrieb im Handstreich von unbotmäßigen Intendanten säuberte, rechtfertigte sie sich damit, die nationale Kultur müsse aus den Ketten einer linksmoralischen Gesinnungsästhetik befreit werden.

Tatsächlich war das ästhetische Argument nur ein Vorwand. Die frisch befreite Kunst wurde umgehend instrumentalisiert und als patriotische Sinnstiftungsagentur zur geistigen Absicherung von Orbáns Präsidialregime in Haft genommen, verlangt war staatstragende Klassikerkost und keine Diät aus der kritischen Hexenküche. Derselbe Angriff auf die Kunstfreiheit scheint sich nun in Polen zu wiederholen. Kaum hatte Kaczyńskis PiS-Partei die Wahl gewonnen, sollte eine „pornografische“ Jelinek-Inszenierung verboten werden; angeblich verstieß sie gegen heimische Werte. Dahinter mag der Wunsch stecken, Stücke sollten wieder keusch vom Blatt gespielt werden; doch Zensur ist, wenn der Staat bestimmt, wo Werktreue endet und Ruhestörung beginnt.

In Polen jedenfalls werden Theateraufführungen künftig vorab begutachtet und einer sittlichen Verträglichkeitsprüfung unterzogen. Der AfD wird dies gefallen. Ihr Landesvorsitzender in Sachsen-Anhalt fordert seit Langem, deutsche Klassiker sollten gefälligst so inszeniert werden, dass sie „zur Identifikation mit unserm Land anregen“.

Eine tatkräftige Pflege von Werten, Traditionen und Zusammenhalt verlangen Europas Rechte auch von den Medien. In ihrer Sicht bilden sie keine vierte Gewalt, die dem Staat kontrollierend auf die Finger schaut; im Gegenteil, die Medien sind für sie halb staatliche Organe, die den identitätspolitischen Deckungsbedarf der Nation bereit- und das gesundheitliche Wohlbefinden des Staatskörpers sicherstellen. In Polen soll das neue Mediengesetz „den Staat von Krankheiten heilen, damit er wieder genesen kann“; es soll dafür sorgen, dass Rundfunk und Fernsehen eine nationale Gemeinschaft aufbauen, um „die Polen zu großen Zielen zu vereinen“. Schöner könnten es Wladimir Putin, Viktor Orbán oder Alexander Gauland auch nicht sagen.

Der zarte Hinweis, der Zangenangriff auf Kunst und Medien zerstöre die demokratische Gewaltenteilung, hilft hier wenig.

Im rechten Weltbild ist „Demokratie“ nur der kleine Teil eines überwölbenden Staates, der alle gesellschaftlichen Teilbereiche umfasst und sie, so weit es geht, zur organischen Einheit verschmilzt – Justiz- und Bildungswesen, Zeitungen, Fernsehen und Kultureinrichtungen. Deshalb muss der Volkswille auch nicht in demokratischen Prozessen mühsam gebildet werden; im Gegenteil, er ist immer schon in den Tiefenschichten des Volkes vorhanden, im Vorpolitischen von Religion, Sprache, Kultur.

In diesem Demokratieverständnis liegt der eigentliche Brandsatz der Rechten. Legitim ist in ihrem Verständnis die Demokratie nämlich bereits dann, wenn die Regierung den ursprünglichen Volkswillen wiederherstellt, wenn sie ihn zum Leben erweckt und in einem Akt kollektiver Selbstbehauptung absichert gegen Feinde von außen und innen. Oder um den berüchtigten Satz des Staatsrechtlers Carl Schmitt zu zitieren: „Die politische Kraft einer Demokratie zeigt sich darin, daß sie das Fremde und Ungleiche, die Homogenität Bedrohende zu beseitigen oder fernzuhalten weiß.“ Zur Not, wie die AfD mitteilt, auch mit der Schusswaffe.

Die Konterrevolution

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Zum „Volkswillen“ noch etwas von yahoo.

Der Nationalgeist und anderer Spuk

Hofer bekennt sich zur “deutschen Volks- und Kulturgemeinschaft”. Er sieht sich als Teil von etwas, das wirklich schwer zu beschreiben ist – wie das halt bei komplexen Gebilden wie Gesellschaften so ist. Doch für Hofer ist alles ganz einfach. Er weiß, wer dazu gehört und wer nicht. Was das Volk denkt. Nämlich im Zweifel das, was ER denkt.

Rechtspopulisten wie er sprechen im Namen des Volkes, um sich aufzupumpen. Nicht Argumente oder Achtung des Anderen sollen für sie sprechen, sondern eine diffuse, herbeigeredete “Mehrheit”. Dass die automatisch ausschließt, versteht sich von selbst.

Doch wäre Hofer ein Bundespräsident, würde er alle ausschließen. Denn er würde einen Widerspruch in der österreichischen Verfassung offen legen.

Österreich besitzt nämlich auf dem Papier einen Bundespräsidenten, wie ihn Deutschland in der Weimarer Republik hatte. Der durfte Kanzler und Minister absetzen und mit Notverordnungen regieren. Die Regierungen mussten sich nicht nur dem Willen des Parlamentes stellen, sondern dem des Reichspräsidenten. Letztlich ging dieses Prinzip darauf zurück, dass die alten “Eliten” dem Volk nicht trauten. Sie wünschten sich mehr eine Kontrolle durch wenige. Wie das ausging, wissen wir. Reichspräsident Hindenburg ernannte Hitler zum Reichskanzler.

https://de.nachrichten.yahoo.com/warum-linke-und-rechte-norbert-hofer-von-der-fp%C3%B6-090608837.html
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Radio Bremen

Rechtspopulisten bedrohen die Demokratie

Die Landtage werden immer bunter, so zum Beispiel in Sachsen-Anhalt mit der Kenia-Koalition. Natürlich würden Parteien dadurch ununterscheidbarer, aber, sagt der Politikwissenschaftler Hajo Funke: „Die Gefahr liegt tiefer: Warum wählen die Menschen rechtspopulistische Parteien?“ Die Gründe sieht er in der sozialen Unzufriedenheit der Wähler, der fehlenden Glaubwürdigkeit etablierter Parteien und der massiven Mobilisierung von Ressentiments gegen Fremde der Rechtspopulisten.

Audio:
http://www.radiobremen.de/nordwestradio/sendungen/der-gute-morgen/audio164148-popup.htm

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http://www.radiobremen.de/politik/themen/rechtpopulismus-funke100.html

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Gruß Hubert

 

Veröffentlicht 24. Mai 2016 von hubert wenzl in Politik, Uncategorized

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Pressefreiheit – Lügenpresse – Rückblick   Leave a comment

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Heute wird ja vor allem von der AfD, aber auch von PEGIDA viel über die Lügenpresse gesprochen und dass ihren Meinungen zu kurz kämen, falsch wieder gegeben oder unter dem Tisch gekehrt würden. Sie verwenden Begriffe aus einer dunklen Zeit und wundern sich wenn dann entsprechende Assoziationen kommen. Und da verwahren sie sich dann dagegen. Aber es gibt nichts so Verräterisches als die Sprache.

 

Aus buggisch.wordpress.com

Europäische Patrioten und die unpatriotische „Lügenpresse“

Bei einer derart diffusen Gemengelage lohnt es vielleicht, den Blick auf Details zu richten. Dass die Angst vor Überfremdung, vor einer Islamisierung Deutschlands und vor zu viel politischer Toleranz gegenüber Asylbewerbern und Migranten weitgehend irrational ist, haben diverse Faktenchecks bereits gezeigt.

Doch nicht nur die Kernthesen von Pegida sollten überprüft werden, auch die Sprache, derer sich die Bewegung bzw. ihre Anhänger und Mitläufer bedienen, ist interessant. So wird der diffuse, schwer begründbare (und damit natürlich auch schwer zu entkräftende) Vorwurf, der Journalismus in Deutschland sei tendenziös, linksliberal, mögliche Gefahren relativierend  und damit im Kern – anders als Pegida – unpatriotisch, gerne mit dem Begriff der „Lügenpresse“ auf den Punkt gebracht.

Diesen Begriff hat Pegida natürlich nicht erfunden. Die Suche nach den Ursprüngen und der Hochzeit des Begriffs führt zurück zum Beginn des 20. Jahrhunderts – in die Zeit völkischer und nationalsozialistischer Ideologie.

 

Die Google Book Search zeigt, wann der Begriff "Lügenpresse" Hochkonjunktur hatte
Die Google Book Search zeigt, wann der Begriff „Lügenpresse“ Hochkonjunktur hatte

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NS-Rhetorik: Apodiktik und primitive Parolen

Die Ideologisierung der Sprache und die Radikalisierung der Rhetorik im Dritten Reich sind hervorragend untersucht. Es gibt zahlreiche Monographien und Dissertationen zum Thema, ein kleiner Blogbeitrag wie dieser wäre sicher der falsche Ort, um das Thema ausführlich darzustellen. Um es kurz zu machen: Ein zentrales Merkmal dieser Rhetorik ist argumentationsfreie und -verweigernde apodiktische Behauptung, das Verkünden (nicht Begründen!) von Wahrheiten, die stumpfe, permanent wiederholte Aufladung von Begriffen jenseits aller Differenzierung, die Umdeutung von Begriffen zu Kampfbegriffen.

„Diesem Grundsatz“, so der Historiker Joachim Fest, „entsprachen die Forderungen nach größter Primitivität, nach einfachen, schlagwortartigen Parolen, ständigen Wiederholungen, die Wendung gegen jeweils nur einen Gegner sowie der apodiktische Ton der Reden, die sich ‚Gründen‘ oder ‚Widerlegungen anderer Meinungen‘ bewusst versagte.“

Und Victor Klemperer schon 1947 über die Lingua Tertii Imperii: „Der Nazismus glitt in Fleisch und Blut der Menge über durch die Einzelworte, die Redewendungen, die Satzformen, die er ihr in millionenfachen Wiederholungen aufzwang, und die mechanisch und unbewusst übernommen wurden. (…) Das ‚Dritte Reich‘ hat die wenigsten Worte seiner Sprache selbstschöpferisch geprägt, vielleicht, wahrscheinlich sogar, überhaupt keines. Die nazistische Sprache weist in vielem auf das Ausland zurück, übernimmt das meiste andere von vorhitlerischen Deutschen. Aber sie ändert Wortwerte und Worthäufigkeiten, sie macht zum Allgemeingut, was früher einem Einzelnen oder einer winzigen Gruppe gehörte, sie beschlagnahmt für die Partei, was früher Allgemeingut war, und in alledem durchtränkt sie Worte und Wortgruppen und Satzformen mit ihrem Gift, macht sie die Sprache ihrem fürchterlichen System dienstbar, gewinnt sie an der Sprache ihr stärkstes, ihr öffentlichstes und geheimstes Werbemittel.“

[…]

Die „Lügenpresse“ in der völkischen und nationalsozialistischen Propaganda

So erschien schon 1914 das Buch „Der Lügenfeldzug unserer Feinde: Die Lügenpresse“ mit einer „Gegenüberstellung deutscher, englischer, französischer und russischer Nachrichten“. Es war offenbar erfolgreich, denn 1916 legte der Autor einen zweiten Band vor: „Die Lügenpresse: Der Lügenfeldzug unserer Feinde: Noch eine Gegenüberstellung deutscher und feindlicher Nachrichten“.

Später verwendet kein Geringerer als Joseph Goebbels den Begriff in seinen Reden und Schriften: „Ungehemmter denn je führt die rote Lügenpresse ihren Verleumdungsfeldzug durch …“ Richtet sich die Propaganda hier gegen den Gegner links im Parteienspektrum, wird andernorts gerne die „jüdisch marxistische Lügenpresse“ attackiert. Und auch Adolf Hitler distanzierte sich schon 1922 von der Monarchie mit dem Hinweis: „Für die Marxisten gelten wir dank ihrer Lügenpresse als reaktionäre Monarchisten“.

[…]

Alfred Rosenberg und die LügenpresseNur ein weiteres Beispiel, um die Sache abzukürzen: Alfred Rosenberg, Chef-Ideologe der NSDAP, verfasste 1923 das Programm der „Bewegung“ mit dem Titel Wesen, Grundlagen und Ziele der national-sozialistischen deutschen Arbeiterpartei. In Kapitel 10 propagiert er „die alte deutsche Auffassung vom Wesen und Wert der Arbeit“ und kommt zu dem Schluss: „Das Volk wird seine großen Künstler, Feldherren und Staatsmänner nicht mehr als ein ihm Entgegengesetztes empfinden – als welches eine Lügenpresse sie uns darstellen möchte -, sondern, umgekehrt, als den höchsten Ausdruck seines oft dunklen, noch unbestimmten Wollens.“

[…]

 

Ein patriotischer Kampfbegriff mit Tradition

Nach 1945 geht der Begriff nicht mit der NS-Diktatur unter, er taucht aber nur noch gelegentlich auf – bezeichnenderweise gerne in antidemokratischem Kontext, etwa im Rahmen der DDR-Propaganda gegen den Westen.

Mit anderen Worten: In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde mit „Lügenpresse“ insbesondere die ausländische, als marxistisch und jüdisch geltende Presse diffamiert. Mit dem Kampfbegriff wurden die Publikationen der linken und ausländischen Zeitungen pauschal als „undeutsch“ und „vaterlandslos“ verurteilt. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts bedient sich Pegida desselben Kampfbegriffs, richtet ihn gegen die Zeitungen im eigenen Land, verknüpft damit aber die gleiche Kritik wie ein Jahrhundert zuvor: Lügenpresse ist unpatriotische Presse. Wäre der Begriff noch salonfähig, hätte Pegida die Journalisten auch als „Vaterlandsverräter“ bezeichnen können.

Update: Inzwischen wurde der Begriff „Lügenpresse“ zum Unwort des Jahres 2014 gekürt. Aus diesem Anlass habe ich dem NDR ein Interview zur Geschichte des Begriffs gegeben.

Update 2: Hier gibt es einen Beitrag von mir zu der Frage, wie wir mit Pegida umgehen sollten.

Hier noch ein Kommentar dazu.

Selbstverständlich ist Pegida mit Schuld an den Brandanschlägen. Wenn man aktiv daran mitwirkt, ein fremdenfeindliches Klima im Land zu schaffen, in dem man absurde Vorurteile jenseits von Fakten schürt und behauptet, man repräsentiere die schweigende Mehrheit aus der Mitte, obwohl man offensichtlich eine laute Minderheit vom rechten Rand ist, dann muss man sich nicht wundern, wenn manche Hohlbirnen sich dazu angespornt fühlen, den nächsten Schritt zu gehen.

 

Pressefreiheit – Lügenpresse – Rückblick

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Und wie sah es mit der „Freien Presse“ im Nationalsozialismus aus?

Auszug aus dem Spiegel.

Sie waren ausgezogen, die Nation von der bürgerlich-marxistischen Journaille“ zu säubern. Das Führerprinzip sollte auch in der Presse Einzug halten, jeder Zeitung und jeder Spalte war die Aufgabe zugedacht, das Genie Adolf Hitlers zu feiern und die nationalsozialistische Volksgemeinschaft zu festigen.

Schlag um Schlag zerstörten sie die freie Presse. Die sozialdemokratischen und kommunistischen Zeitungen wurden verboten, die Journalisten in das Joch eines diktatorischen Schriftleitergesetzes genommen, jede Opposition aus den Redaktionsstuben vertrieben.

Später fielen auch die unpolitischen Zeitungen in die Hände des Regimes. Bis 1942 hatte der NS-Pressetrust des Reichsleiters Max Amann 80 Prozent der bürgerlichen Presse aufgesogen. Amann triumphierte: „Die Partei beherrscht die Presse.“ Selbst Hitler staunte: „Das macht uns kein Land nach.“

An die Stelle einer vielstimmigen Presse aber rückte eine graue Einöde, in der sich nicht einmal Nationalsozialisten wohl fühlten. Reichspropagandaminister Joseph Goebbels, der selber täglich detaillierte „Sprachregelungen“ an die Presse herausgab, notierte sich am 14. April 1943: „Der Journalismus wird hier geschurigelt, als wenn er sich noch in der Volksschule befände. Ein Mann, der noch ein bißchen Ehrgefühl besitzt, wird sich in Zukunft schwer hüten, Journalist zu werden.“

Am ärgsten irritierte die totalitäre Gedankenkontrolle den Mann, der von Berufs wegen dazu ausersehen war, die Pressepolitik des Regimes exemplarisch vorzuleben: den Hauptmann außer Dienst Wilhelm Weiß, SA-Gruppenführer, Leiter des Reichsverbandes der Deutschen Presse und Hauptschriftleiter des „Völkischen Beobachter“. Mit dem „Kampfblatt der nationalsozialistischen Bewegung Großdeutschlands“, wie sich der „VB“ im Untertitel nannte, sollte Weiß den Typ einer neuen, nur auf die Bedürfnisse des Regimes zugeschnittenen Presse schaffen.

[…]

Das Elend nationalsozialistischer Pressepraxis hat jetzt die Münchner Historikerin Dr. Sonja Noller am Beispiel des „Völkischen Beobachter“ dargestellt. In einem Essay, der in der Reihe der vom Scherz Verlag herausgegebenen Faksimile-Ausgaben bedeutender Zeitungen erschienen ist, erzählt sie Aufstieg und Bankrott der ersten deutschen Tageszeitung, deren Auflage die Millionengrenze überschritt*.

Der VB nannte sich nicht „Zeitung“, sondern „Kampfblatt“, und das war kein Zufall. Sein Stil verriet die Herkunft des NS-Organs: Er war, formuliert Sonja Noller, „aus der Flugschrift und dem Plakat entwickelt. Er war mehr gesprochen als geschrieben und trug alle Zeichen des Plakathaften: Zusammenballung von Schlagworten, auf das Gefühl abgestellte Phrasen und Meinungen, überredende, verführende Wortkraft, Radau und Aggressivität“.

[…]

Nach Ehers Tod im Jahre 1918 verkaufte seine Witwe die Zeitung an den Freiherrn Rudolf von Sebottendorff, und mit ihm begann die politische Karriere der Zeitung. Ab 1919 nannte sich das Blatt „Völkischer Beobachter“, die Vorstadt-Zeitung wurde zum Sprachrohr nationalistisch-völkischer Rechtsextremisten.

Der Freiherr von Sebottendorff gehörte zu den Führern der Thule-Gesellschaft, einer jener völkischen Vorläuferinnen des Nationalsozialismus, die auf den verlorenen Krieg und den Zusammenbruch der Thron- und-Altar-Ordnung mit Haß gegen Republik, „Rote“ und Juden reagierten.

„Macht ganze Arbeit mit den Juden!“ krakeelte der VB am 10. März 1920 und putschte seine Leser dazu auf, „das ostjüdische und jüdische Ungeziefer überhaupt mit eisernen Besen auszufegen“. Pausenlos propagierte das Thule-Blatt „völkische Politik, d. i. innere Einstellung und Verfahren völkischer Geister zu den Dingen des Staates, des Volkes und der Welt“ — so der VB am 29. Juli 1920.

Aber auch der unermüdliche Appell an die nationalistischen Instinkte vermochte das Blatt nicht von seiner wachsenden Schuldenlast zu befreien. Der „Völkische Beobachter“ verkaufte knapp 7000 Exemplare, Ende 1920 beliefen sich die VB-Schulden auf 250 000 Mark. Das Blatt der „völkischen Erneuerung“ stand vor dem Bankrott.

Da bot sich ein Retter an: Anton Drexler, Vorsitzender der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei, hinter dem damals schon sprungbereit Adolf Hitler stand, erwarb den VB für 120 000 Mark. Am 17. Dezember 1920 ließ er sich neben Käthe Bierbaumer und Dora Kunze, der Geliebten und der Schwester Sebottendorffs, als Hauptteilhaber ins Handelsregister eintragen, einen Tag später erfuhren die Leser, daß die Zeitung in den Besitz der NSDAP übergegangen sei.

* Sonja Noller und Hildegard von Kotze: Facsimile-Querschnitt durch den Völkischen Beobachter“. Scherz Verlag, München – Bern – Wien; 208 Seiten; 24.80 Mark.

[…]

Am 30. April 1945 druckte Wilhelm Weiß in München die letzte Nummer des „Völkischen Beobachter“ mit der sechsspaltigen Schlagzeile: „Großschlacht um Bayern“. Sie erreichte die Deutschen nicht mehr — Amerikas Panzer rollten schon durch die Straßen und signalisierten das Ende.

Hier weiterlesen:

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46437602.html

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Gruß Hubert

 

Der Encierro in Pamplona: Brachiale Tradition   Leave a comment

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Es wäre höchst an der Zeit diese grausame sogenannte Tradition von Stierkämpfen abzuschaffen. Es zeugt nicht von Mut, wenn Männer einen Stier töten, der eine Woche vorher schon durch verschiedene Eingriffe geschwächt wurde. Ganz zu schweigen, dass ein Tier nicht dazu missbraucht werden darf um gefühllosen Leuten einen zweifelhaften Spaß zu bereiten. Über die Intelligenz und Empathie solcher Leute will ich mich hier gar nicht auslassen.

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Wir schreiben das Jahr 2013 und leben in einer hochzivilisierten und modernen Welt. Das könnte man zumindest meinen, wären da nicht immer noch die brachialen Traditionen eines Patriarchats, deren Fortbestand das Wort „zivilisiert“ bei genauerer Betrachtung ins Wanken bringt. Das Patriarchat fordert auch in der heutigen Zeit einen hohen Preis: Es verlangt nach Kampf, dem Recht, der Stärkere zu sein, dem Recht nach Waffen, Vorherrschaft und Glaubenssystemen.
Die katholische Kirche ist eines dieser patriarchalen Systeme mit einem herrschaftlichen Anspruch von Glaubenssätzen. Und dass Männer kämpfen müssen, ist ebenfalls eine Überzeugung des Patriarchats die noch weit verbreitet ist. Wie könnte „Mann“ es sonst erklären, dass 2011 von den hundert größten Rüstungsunternehmen weltweit Waffen im Wert von über 400 Milliarden Euro verkauft wurden? Allein die Schuld den Männern zu geben, wäre jedoch zu einfach. Erstens kämpften und kämpfen auch Frauen und zweitens unterstützen sie oft patriarchale Strukturen, weil sie diese im Laufe der Jahrhunderte verinnerlicht und ihre Ansprüche und Vormachtstellung akzeptiert haben.

Im spanischen Pamplona treffen zwei dieser Strukturen zusammen: Zu Ehren eines männlichen Heiligen (Firmin der Ältere) und um den virilen Mut zur Schau zu stellen, wird der Encierro, wie die Stierhatz in Spanien genannt wird, alljährlich mit großen Feierlichkeiten begangen. Diese Stierhatz ist nichts anderes als das Eintreiben der Stiere in die Arena und beruft seine Tradition neben der Ehrung eines Heiligen auf mittelalterliche Jahrmärkte und den Stierkampf. Bevor es geeignete Transportmittel gab, wurden jene Stiere, die für den Kampf in der Arena bestimmt waren, auf Weiden außerhalb der Stadt gehalten und am entscheidenden Tag von Hirten durch die Straßen zur Arena getrieben. Im Laufe der Jahrhunderte entwickelte sich daraus vor allem unter den jüngeren Männern die Tradition, als Mutprobe eine Zeit lang neben den Tieren herzulaufen.

Interessanter Weise prallen hier zwei Gegensätze aufeinander: Mut und Angst. Eine Herrschaft der Angst und des Schreckens wurde insbesondere im Mittelalter durch die katholische Kirche aufrechterhalten: Die „Heilige“ Inquisition ist nach wie vor eines der schwärzesten Löcher im Universum der Kirche. Ihren Mut hingegen möchten junge Spanier und mittlerweile auch viele TouristInnen auch heutzutage noch auf die Probe stellen.

Überall in den Medien wird über die Verletzten oder gar Toten dieses grausamen Spektakels geschrieben. Am Samstag (13.07.2013) wurden über zwanzig Menschen schwer verletzt, als einer der Stiere beim Einzug in die Arena hinfiel. In den Mainstreammedien geht es vor allem um die Verletzungen der Menschen und nicht um die Angst und den anschließenden gewaltsamen Tod der Stiere in der Arena. Der Stierkampf, bei dem ein unschuldiges Lebewesen, das mit panischer Angst und Fluchtverhalten reagiert, vor den Augen einer schaulustigen Menge schließlich getötet wird, ist eine besonders grausame Tradition des Patriarchats gegenüber den Tieren.

Cantinillo ist einer dieser Stiere, der am ersten Tag der Feierlichkeiten beim anschließenden Kampf in der Arena in Todesangst zweimal über die Absperrungen sprang, um vor seinen Henkern zu flüchten. Es ist kaum auszudenken, bzw. mitzufühlen, was dieses arme Wesen an jenem Tag vor seinem Tod durchgemacht hat. Cantinillo ist durch die Hölle gegangen.

Die Hölle ist kein Ort, der weit, weit weg ist, nicht für Cantinillo und auch nicht für Milliarden anderer Tiere.

Die Hölle ist hier auf Erden und nichts anderes als die Schreckensherrschaft des Menschen unter der die Tiere leiden müssen. Auch die erfundene Hölle der katholischen Kirche, mit der sie ihre gläubigen Schäfchen in Todesangst versetzte und auf dieser Furcht ihre Vormachtstellung und Herrschaft begründete, ist menschgemacht, treffender wäre es in diesem Fall vielleicht zu sagen: Sie ist „manngemacht“.

Immer wieder sind es veraltete Strukturen, Glaubenssätze, Ansichten und Meinungen um derentwillen Tiere leiden müssen. Tiere sind auch heute Opfer uralter Dogmen. Frauen wurden als Hexen verbrannt, wenn sie nicht dem Glaubensdogma einer durch und durch männlichen katholischen Kirche entsprachen und Tiere werden noch heute für anthropozentrische Dogmen ausgebeutet, gequält, verfolgt und getötet.
Anstatt neben einem Stier herzurennen oder davonzurennen und damit seinen Mut beweisen zu wollen, würde es von viel größerem Mut zeugen, sich den eigenen Vorurteilen, althergebrachten Überzeugungen, Begrenzungen und auch Ängsten, im eigenen Denken zu stellen. Damit das große Leid der Tiere auf diesem Planeten ein Ende findet, braucht es den Mut, über den eigenen Tellerrand zu blicken und ein anthropozentrisches Weltbild in Frage zu stellen.
Dies erfordert wahren Mut. Von Männern und Frauen.

©Daniela Böhm
www.danielaböhm.com

Der Encierro in Pamplona: Brachiale Tradition

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Gruß Hubert

 

Bischof Laun: Van der Bellen „ist Gottesfeind“   Leave a comment

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Dieser Salzburger Bischof ist schon ein richtiger Fundamentalist, sozusagen ein katholischer Taliban. Er nennt Alexander einen Linksextremen, was man nur als lächerlich bezeichnen kann. Vielmehr ist Laun ein Rechtsextremer. Kardinal Schönborn widerspricht ihm ganz deutlich und sagte, dass es in Österreich gute Tradition sei, dass die Bischöfe keine Wahlempfehlungen abgeben. Was ist denn das für ein Wort – Gottesfeind? Man kann sich ja vorstellen, was der über Konfessionslose oder gar Atheisten denkt.
Die Präsidentschaftswahl ist ja nun gelaufen in Österreich und Laun muss sich nun nur abfinden mit einem „Linksextremen“ von seiner Seite aus gesehen. Aber bei Bischof Laun braucht man sich ja nicht zu wundern, der fiel schon öfter sehr negativ auf.
Man sieht nur wieder wie wichtig es ist, dass Kirche und Staat getrennt sein sollen und wie wichtig es ist, dass Priester, Bischöfe usw. nicht mehr gewählt werden dürfen. Laun lebt wohl in einer Scheinwelt, ganz sicher in einer Welt der Ewig-Gestrigen, reaktionären Leute. Der weiß noch nicht was die Stunde geschlagen hat. Schlaf weiter in deinem Fundamentalismus. Solchen Kirchenleuten folgen immer weniger Schäfchen.

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Foto: KURIER/Martin Gnedt Andreas Laun
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Der Salzburger Bischof outet sich als Hofer-Anhänger und hält christliche VdB-Wähler für „gehirngewaschen“.

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Üblich sind Wahlempfehlungen von Kirchenmännern nicht – aber Andreas Laun schlägt gerne mal eigene Wege ein. Der streitbare und auch umstrittene Salzburger Weihbischof steigt in den Wahlkampf um die Bundespräsidentschaft ein und tut seine Meinung wenig diplomatisch kund.

„So, wie das Angebot jetzt ist, kann man nur Hofer wählen und beten für ihn und für Österreich“, schrieb Laun laut Kathpress in einem am Donnerstag auf dem Internetportal kath.net veröffentlichten Gastbeitrag. Was man von Hofer lese und höre, sei vernünftig und in Ordnung, so Laun. „Dass ihn die Linken hassen und mit ihrer erprobten ‚Nazikeule‘ prügeln, spricht eher für und nicht gegen Hofer.“ Laun geht davon aus, dass Hofer, „durch sein Gewissen vermittelt, Gott in den wesentlichen Punkten gehorchen wird“.

Für den „links-extremen Kandidaten“ Alexander Van der Bellen findet Laun hingegen kein gutes Wort. „In allen heiklen und gefährlichen Fragen, vom Lebensschutz über die Gottesfrage bis Gender, steht er auf der falschen Seite.“

„Gottes- und Kirchenfeind“

Kritik übt Laun nun auch an Teilen der Kirche, die sich für Van der Bellen ausgesprochen haben, wie der Katholischen Frauenbewegung. „Dass Christen darüber entweder nicht nachdenken oder, noch schlimmer, bereits so gehirngewaschen sind, dass sie bereit sind, lieber einen erklärten Gottes- und damit auch Kirchenfeind zu wählen und andere dazu auch noch verführen wollen – zeigt, in welchem Zustand bestimmte Kreise in der Kirche sind.“

Laun ist in der Vergangenheit mehrmals mit umstrittenen Aussagen aufgefallen, etwa 2010 nach dem Unglück bei der Love-Parade in Duisburg. „Love-Parade ist kein ‚harmloses Feiern‘ – Wenn Gott ’straft‘, tut er dies mit der Absicht, den Menschen zurückzuholen, Gott straft aus Liebe!“, hieß es damals in seiner Kolumne.

(Anmerkung: ich kann nur den Kopf schütteln, wenn Laun da sagt „Gott straft aus Liebe“. Es klingt komisch aus dem Mund von Laun, wenn er von Liebe spricht).

Schönborn: „Andersdenkende nicht verurteilen“

Laun ist nicht nur der erste Kirchenmann, sondern überhaupt einer der wenigen Prominenten, die für Hofer eintreten. Erst vor einer Woche hatte der Wiener Erzbischof, Kardinal Christoph Schönborn, in der Kleinen Zeitung betont, dass es in Österreich gute Tradition sei, dass die Bischöfe keine Wahlempfehlungen abgeben. Auch heute rief der Erzbischof alle Katholiken dazu auf, sich selbst ein Bild zu machen. Angesichts der Haltung Launs „möchte ich als Vorsitzender der Österreichischen Bischofskonferenz darauf hinweisen, dass es auch diesmal keine Wahlempfehlung der katholischen Kirche als solcher gibt und auch nicht geben wird“, lässt Schönborn via Aussendung wissen.

Jeder habe das Recht, eine Wahlempfehlung abzugeben, „auch ein Bischof. Trotzdem hat die katholische Kirche in der Vergangenheit auf Wahlempfehlungen verzichtet, und die Erfahrung hat uns gelehrt, dass dies sinnvoll ist…“ Zudem appellierte er an „alle Vertreter des katholischen Lebens“, bei Wortmeldungen auf ihren Stil zu achten und „Andersdenkende nicht zu verurteilen. Es ist völlig legitim, wenn auch bei dieser Wahl Katholiken zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, was die Wählbarkeit der einzelnen Kandidaten betrifft.“

(apa / smek) Erstellt am 19.05.2016

Bischof Laun: Van der Bellen „ist Gottesfeind“

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Gruß Hubert