Archiv für das Schlagwort ‘Demokratie

Wie Demokratien sterben   Leave a comment

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Der Artikel in den Dolomiten (Tageszeitung aus Südtirol) vom 7./8. Juli ist m.M.n. eine gute Analyse wie Demokratien in Gefahr geraten oder sterben. Gefahren gehen vor allem von einer extremen Polarisierung in der Gesellschaft aus. Wenn jede Seite meint im Recht zu sein, nicht fähig oder willens ist Toleranz zu üben, Kompromisse zu schließen, kann es nur zur Konfrontation kommen. Man muss sich dann der Konfrontation stellen, sofern die Argumente akzeptabel, diskussionswürdig und nicht auf Polemik und Provokation ausgerichtet sind. Wenn mal eine autokratische Regierungsform oder Diktatur fest installiert ist, wird es sehr schwer diese mit demokratischen Mitteln abzulösen.

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Gruß Hubert

 

 

Veröffentlicht 10. Juli 2018 von hubert wenzl in Politik, Uncategorized

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Medienkonzentration in der Türkei   Leave a comment

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Am Beispiel der Türkei sieht man wie wichtig und wertvoll Güter wie Demokratie, Pressefreiheit und Rechtsstaat sind. Es gibt Leute in Deutschland, die klagen, dass dort so schrecklich zensuriert würde. Sie würden sich wundern wie schnell sie in der Türkei hinter Gittern wären, wenn sie dieselbe Kritik dort schreiben würden. In der Türkei gibt es schnell mal lebenslänglich, wenn man ein Gegner von Erdogan ist. Selbstverständlich mit dem stets und schon langweilig klingenden Vorwurf des Terrorismus oder des Geheimnisverrats. Einige Journalisten haben sich ja früh genug nach Deutschland abgesetzt um nicht in Gefängnis zu landen. Jetzt kauft Erdogan auch noch eine ihm nahe stehende Gruppe auf – nachdem er ja sowieso jedes Fünkchen Kritik im Keim erstickt. Die Türkei ist für Kritiker heute ein Land wo man nicht mehr atmen kann. Es wäre ein Grausen für jemand der Demokratie und Pressefreiheit gewohnt ist in der Türkei zu leben. Aber die Türkei ist nicht das einzige Land wo es solche grausigen Zustände gibt. Die Gleichschaltung und die Ausschaltung der kritischen, unabhängigen Presse ist ein Merkmal von Diktaturen.

 

Aus tagesschau.de

In der Türkei sollen Medien der Dogan-Gruppe, zu der unter anderem der Sender CNN Türk gehört, an einen Erdogan-nahen Konzern übergehen. Kritiker befürchten eine weitere Einschränkung der Pressefreiheit.

Dem türkischen Medienmarkt steht wohl eine bisher nie dagewesene Konzentration bevor: Die Mediensparte der größten Mediengruppe des Landes, Dogan, soll an die regierungsnahe Demirören-Gruppe verkauft werden. Der Dogan-Konzern bestätigte nach diversen Medienberichten die Verhandlungen.

Jubiläum Hürriyet

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Die Tageszeitung „Hürriyet“ gilt als halbwegs unabhängig. Doch nun soll auch sie an die regierungsnahe Demirören-Gruppe verkauft werden.

Es gehe um die Übernahme der Zeitung „Hürriyet“ und des Nachrichtensenders CNN Türk, heißt es in einer Dogan-Erklärung an die Istanbuler Börse. Das Paket hat den Angaben nach einen Börsenwert von rund 725 Millionen Euro. Beide Medien galten in der Türkei bislang als halbwegs unabhängig.

Die Demirören-Gruppe ist vor allem in den Bereichen Bau, Energie, Automobil, Tourismus und Bildung tätig. Ihr wird eine Nähe zum türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan nachgesagt. Demirören hatte bereits 2011 die Zeitungen „Milliyet“ und „Vatan“ übernommen. Beide Blätter schwenkten daraufhin auf einen regierungsfreundlichen Kurs um. Kritiker befürchten durch die erneute Konzentration auf dem türkischen Medienmarkt weitere Einschränkungen bei Meinungsvielfalt und Pressefreiheit.

Nach dem Putschversuch 2016 waren per Notstandsdekret rund 150 Medienbetriebe geschlossen worden. Die regierungskritische „Cumhuriyet“ schreibt: „Der einzige große Medienmogul des Landes ist nun die Regierung.“

Springer will sich von Dogan TV zurückziehen

Nach Bekanntwerden der Übernahmepläne kündigte der deutsche Springer-Konzern an, sich aus dem türkischen Medienunternehmen komplett zurückzuziehen. Springer sei seit Januar 2007 als Investor an der Dogan TV Holding A.S. beteiligt und habe diese Beteiligung in den vergangenen Jahren sukzessive zurückgefahren. „Das Unternehmen hält derzeit noch sieben Prozent an der Dogan TV Holding, es gibt aber die klare Absicht und auch entsprechende Vereinbarungen, sich komplett zurückzuziehen.“ Näher äußerte sich Springer nicht.

Mit Informationen von Christian Buttkereit, ARD-Studio Istanbul

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Medienkonzentration in der Türkei

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Gruß Hubert

Veröffentlicht 22. März 2018 von hubert wenzl in Medien, Politik, Uncategorized

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„Ich bin wegen Auschwitz Politiker geworden!“   Leave a comment

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Für Rechte ist Heiko Maas ja eine Reizfigur. Wenn ich aber dieses Interview von ihm lese, wüsste ich nicht wo ich ihm widersprechen sollte. Aber es kommt eben auf den Standpunkt an wo man selbst steht. Rechte und Linke haben völlig verschiedene Sichtweisen. Ich sehe auch nicht die Meinungsfreiheit durch ihn in Gefahr, im Gegenteil.

Die Meinungsfreiheit sehe ich in rechten Regierungen wie Ungarn und Polen in Gefahr, wo sie schon nicht mehr voll gegenben ist, von der Türkei gar nicht zu reden. Polen und Ungarn sind beides nationalkoservativ regierte Länder.
„Orban ließ mit seiner Fidesz-Regierung Ungarns öffentliche Fernseh- und Radiosender auf Parteilinie bringen. Anschließend ließ er sowohl das Verfassungsgericht als auch die Nationalbank in ihrer Autonomie einschränken.“
http://www.deutschlandfunk.de/orbans-ungarn-zwischenbilanz-einer-nationalkonservativen.724.de.html?dram:article_id=352929
Und Polens Regierung greift die Gewaltenteilung mit der Justizreform an.

Hier das Interview von The European mit Heiko Maas.

„Ich bin wegen Auschwitz Politiker geworden!

Heiko Maas (50) ist Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz. Zuvor war der gebürtige Saarlouiser stellvertretender Ministerpräsident des Saarlands. Sven Lilienström, Gründer der Initiative Gesichter der Demokratie, sprach mit Heiko Maas über Demokratie, Auschwitz und Facebook.

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Herr Minister, diese Frage stellen wir all unseren Interviewpartnern – somit auch Ihnen: Welchen Stellenwert haben Demokratie und demokratische Werte für Sie ganz persönlich?

Heiko Maas: Die Demokratie ist die Schwester der Freiheit. So wie der Einzelne frei über sich selbst bestimmt, bestimmen in der Demokratie alle gemeinsam über das Zusammenleben. Das klingt natürlich in der Theorie einfacher als es in der Praxis ist, denn so verschieden die Menschen sind, so verschieden sind auch ihre Meinungen. Deshalb gehören zur Demokratie die Debatte, der offene Austausch und der Streit. Diese Streitkultur ist eine notwendige Voraussetzung, um tatsächlich eine Lösung zu finden, die die verschiedenen Interessen in einer Gesellschaft zum fairen Ausgleich bringt.

Trump, Erdogan und Putin: Autokratische Führungsstile feiern weltweit ein besorgniserregendes Comeback, während Demokratien im westlichen Sinne an Boden verlieren. Wie erklären Sie sich die neue Lust auf Autokraten?

Heiko Maas: Das Leben in Zeiten der Globalisierung ist unübersichtlich geworden. Viele Menschen fühlen sich durch immer schnellere Veränderungen überfordert. Die tatsächliche oder zumindest gefühlte Nähe zu Problemen und Krisen, die früher als weit weg empfunden wurden, macht vielen Menschen Sorgen. Da sehnen sich manche nach einfachen Antworten. Das machen sich Populisten zunutze, die den starken Mann mimen und den Menschen das Blaue vom Himmel versprechen.

Fast überall in Europa ist eine Zunahme rechtspopulistischer Strömungen wahrnehmbar. In Ihrem aktuellen Buch „Aufstehen statt wegducken: Eine Strategie gegen Rechts“ entlarven Sie die Methoden der neuen Rechten. Woher rührt Ihr persönliches Engagement gegen den Rechtsextremismus?

Heiko Maas: Ich beschreibe das in meinem Buch: Kurz gesagt, bin ich wegen Auschwitz Politiker geworden. Das ist mir nach und nach klar geworden. Die Empörung über die unfassbare Barbarei, die Deutsche damals begangen haben, ist bis heute mein Antrieb, mich gegen Antisemitismus, Rassismus und Angriffe auf die Menschenwürde zu engagieren. Es gibt kein Ende der Geschichte. Auch heute gibt es Gefahren für die Demokratie, denen wir uns alle entschlossen entgegenstellen sollten.

Der Bundestag hat erst kürzlich neue Sicherheitsgesetze beschlossen. Wie viel Freiheit müssen wir für unsere Sicherheit aufgeben, und ist unsere Demokratie stark genug, je nach Gefährdungslage eine temporäre Dysbalance zwischen Freiheit und Sicherheit wieder auszutarieren?

Heiko Maas: Freiheit und Sicherheit sind kein Widerspruch, sie bedingen einander. Ohne ein Leben in Sicherheit, kann sich gar keine Freiheit entfalten. Und ohne Freiheit verkümmert Sicherheit zu Willkür und Gewalt. Die vielen blutigen Anschläge der letzten Zeit – denken Sie an die Attacke in Berlin auf den Weihnachtsmarkt! – zeigen, dass wir es mit einer sehr realen Gefahr zu tun haben. Es ist unsere Verantwortung alles zu tun, was in unsere Macht steht, um solche Anschläge zu verhindern. Dafür braucht es aber nicht nur neue Sicherheitsgesetze. Mindestens ebenso wichtig ist kluge Prävention, um frühzeitig zu verhindern, dass vor allem junge Menschen in den Extremismus abgleiten. Deswegen habe ich mich immer dafür eingesetzt, dass die Mittel für Prävention kräftig erhöht werden.

Sie fordern hohe Bußgelder, falls soziale Netzwerke wie Facebook, YouTube oder Twitter offensichtlich rechtswidrige Inhalte nicht innerhalb von 24 Stunden löschen. Was verstehen Sie unter „offensichtlich rechtswidrigen Inhalten“ und wie realistisch ist dieses Zeitfenster?

Heiko Maas: Soziale Netzwerke müssen sich, wie jeder andere auch, an unsere Gesetze halten. Mordaufrufe, Beleidigungen oder Volksverhetzung müssen nicht nur von der Justiz konsequent verfolgt werden. Solche strafbaren Inhalte müssten auch Facebook und Co. schon nach geltendem Recht löschen, sobald sie Kenntnis davon haben. Dieser Pflicht kommen die Plattformbetreiber allerding nur völlig unzureichend nach. Wir wollen aber endlich sicherstellen, dass diese Löschpflichten auch erfüllt werden. Offensichtlich strafbar sind solche Inhalte, bei denen keine vernünftigen Zweifel an der Strafbarkeit bestehen – etwa weil es dazu bereits gefestigte Rechtsprechung gibt. Die sozialen Netzwerke müssen hier keine vertiefte Prüfung vornehmen, sondern können die Strafbarkeit einer Äußerung in kurzer Zeit beurteilen.

Der Grat zwischen Zensur und freier Meinungsäußerung ist schmal. Anbieter sozialer Netzwerke könnten die Strafandrohungen künftig zum Anlass nehmen, Nutzer oder kritische Kommentare in großem Stil „präventiv“ zu löschen. Halten Sie diese Bedenken für gerechtfertigt?

Heiko Maas: Nein. Die Betreiber der sozialen Netzwerke haben ein wirtschaftliches Interesse an allem, was bei Ihnen erscheint. Mit jedem einzelnen Post, Tweet oder Beitrag verdienen sie Geld. Ihr eigenes wirtschaftliches Interesse spräche also dagegen, dass sie nun umfassend auch Einträge löschen, die nicht strafbar sind. Soziale Netzwerke werden auch nicht riskieren, ihre Nutzer zu verlieren, die sich sicher abwenden würden, wenn ihnen ständig zu Unrecht Einträge gelöscht würden.

Straftaten sind kein Ausdruck der Meinungsfreiheit, sondern sie sind oft – ganz im Gegenteil – Angriffe auf die Meinungsfreiheit von anderen. Mit Mordaufrufen oder Volksverhetzungen sollen Menschen eingeschüchtert und mundtot gemacht werden. Ich finde, wem wirklich am Schutz der Meinungsfreiheit gelegen ist, der darf nicht tatenlos zusehen, wie der offene Meinungsaustausch durch strafbare Bedrohung und Einschüchterung unterbunden wird. Das sollte eigentlich auch im Interesse der sozialen Netzwerke liegen.

Herr Maas, Sie sind bekennender Hobby-Triathlet. Welches Etappenziel haben Sie als nächstes ins Auge gefasst – beruflich, sportlich und privat?

Heiko Maas: Ich kandidiere für den nächsten Deutschen Bundestag, um auch als gewählter Volksvertreter für die Demokratie zu streiten. Sportlich versuche ich – trotz oder gerade wegen der vielen Termine – immer auch mal auf das Fahrrad oder zum Laufen zu kommen. Das macht den Kopf frei für neue Ideen.

Vielen Dank für das Interview Herr Maas!

Quelle: Initiative Gesichter der Demokratie

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„Ich bin wegen Auschwitz Politiker geworden!“

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Gruß Hubert

 

Lass uns zur Steinigung gehen   Leave a comment

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Ich denke der Beitrag ist nachdenkenswert, egal wo man politisch steht.
Ich möchte dazu einige Gedanken zu Demokratie aus einem Beitrag von Dr. Martin Balluch vorausschicken, wie auch politische Kontrahenten miteinander umgehen sollten.

„Die ideale Demokratie, so führe ich das in meinem Buch „Widerstand in der Demokratie“ aus, entwickelt sich durch den konstruktiven Konflikt zwischen verschiedenen Interessen. Konstruktiv ist der Konflikt, wenn man den politischen Gegner nicht vernichtet, sondern leben lässt und respektiert, sodass die Türe zu einem Kompromiss immer offen bleibt. Deshalb ist z.B. nur passiver aber nicht aktiver Widerstand im Rahmen einer Blockade demokratiepolitisch legitim: solange der Konflikt friedlich bleibt, kann man noch miteinander reden.“

http://www.martinballuch.com/meinungsfreiheit-ein-zentrales-prinzip-der-demokratie/comment-page-1/

Nun zum eigentlichen Beitrag, bei dem es um die Aufklärung geht und vor allem auch um die Beschneidung, die es in Deutschland nicht geben dürfte. Denn die körperliche Unversehrtheit hat Priorität, vor allem wenn es um Minderjährige geht.

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Den Kritikern des »Fundamentalismus der Aufklärung« geht es nicht um den Glauben, sondern um die Disziplinierung der Gesellschaft.

Die Beschneidungsdebatte ist der Kobayashi-Maru-Test der deutschen Diskurskultur. Es gibt keine Lösung, zumindest nicht in Deutschland. Sollten Sie mit dem »Star Trek«-Universum nicht vertraut sein: Der Kobayashi-Maru-Test ist eine Kampfsimulation der Sternenflottenakademie, die, was auch immer der Prüfling unternimmt, mit der Zerstörung seines Raumschiffs durch die Klingonen endet. Die Kadettinnen und Kadetten sollen lernen, dass es ausweglose Situationen gibt.

Im Feuilleton und in Blogs wird allerdings munter weiter diskutiert, obwohl die Klingonen längst gesiegt haben. Es ist hinreichend klar geworden, dass es keine Rechtfertigung dafür gibt, männliche Säuglinge oder Kinder zu beschneiden. Denn unabhängig davon, wie häufig sexuelle Probleme und gesundheitliche Schäden die Folge sind, sollten Eingriffe, für die es keine klare medizinische Indikation gibt, nur mit Zustimmung der Betroffenen erfolgen. Dass auch auf andere Weise unzulässig in das Leben von Säuglingen und Kindern eingegriffen wird, ändert daran nichts.

Wenn etwa Hells-Angels-Väter darauf bestünden, ihren Neugeborenen ein Brandzeichen zu verpassen – und sei es mit örtlicher Betäubung –, wäre die Verurteilung einhellig und ein Einsatz der GSG9 fällig. Doch wir sprechen ja von einem religiösen Ritual. Da gelten andere Regeln – und das noch nicht einmal zu Unrecht. In einem Land, in dem 58 Prozent der Bevölkerung der Ansicht sind, dass die Religionsausübung für Muslime »erheblich eingeschränkt« werden müsse und 40 Prozent meinen, dass die Juden aus ihrer Verfolgung in der Vergangenheit »heute ihren Vorteil zu ziehen« versuchten, darf ein für Angehörige beider Religionen zentrales Ritual nicht verboten werden.

Diese Ansicht teilen fortschrittliche Gegner und Gegnerinnen der Beschneidung. Vorgeschlagene Kompromisslösungen, etwa eine offizielle Missbilligung oder ein Verbot, dessen Missachtung keine Bestrafung nach sich zieht, ändern jedoch nichts an der Beschneidungspraxis. Man muss also akzeptieren, dass jüdische und muslimische Kinder weiterhin einen geringeren Rechtsschutz genießen, um eine weit schwerer wiegende Diskriminierung zu vermeiden.

Gerechtfertigt ist das allein aus politischen Gründen. Die ausweglose Situation, in der sich die emanzipatorische Beschneidungskritik befindet, ist eine Folge der auch im globalisierten Kapitalismus weiter bestehenden rassistischen Strukturen und der Shoah. Dass religiöse Reformen nicht von deutschen Landgerichten und Bloggern vorangetrieben werden können, ändert nichts an ihrer Notwendigkeit.

Doch eine nicht unbeträchtliche Anzahl unbeschnittener Beschneidungsbefürworter nutzt die Gelegenheit für einen Generalangriff auf den Säkularismus und den angeblichen Fundamentalismus der Aufklärung. Das geht über den Kulturrelativismus hinaus, der sich ja darauf beschränkt, Angehörigen »fremder Kulturen« zu gestatten, worüber man sich selbst erhaben dünkt. Vielmehr soll das Archaische ganz bewusst erhalten und sogar bereits Überwundenes in die Gegenwart zurückgeholt werden.

[…]

Einmal abgesehen davon, dass niemand mehr hungern müsste und unterdrückt würde, könnte man Fuhr natürlich erläutern, woran man sich dann noch erfreuen (Erdbeeren mit Schlagsahne, überraschende Erkenntnisse bei der Bibellektüre), worüber man sich weiterhin wundern (dunkle Materie, das Schnabeltier) und was man fürchten (den Tod, das Leben) könnte. Aber darum geht es ja gar nicht. Einer offenbar wachsenden Zahl von Menschen ist die spätkapitalistische Gesellschaft zu frei.

Viele Kritiker des Säkularismus hassen die real existierenden Muslime, bewundern aber mehr oder weniger offen »den Islam«, dem sie zuschreiben, jenes Archaische zu verkörpern, das sie so sehr vermissen. So will der rechtskatholische Schriftsteller Martin Mosebach die Jihadisten in den Dienst seines Kreuzzugs gegen die Meinungsfreiheit stellen. Er will sich bewusst nicht »empören, wenn in ihrem Glauben beleidigte Muslime blasphemischen Künstlern – wenn wir sie einmal so nennen wollen – einen gewaltigen Schrecken einjagen. Ich begrüße es, wenn es in unserer Welt wieder Menschen wie Jean Jacques Rousseau gibt, für die Gott anwesend ist.«

Wenn Gott anwesend wäre, müsste er seine Angelegenheiten eigentlich selbst regeln können. Früher war die strafrechtliche Verfolgung von Blasphemie eine Folge der Vorstellung, dass Gott Kollektivstrafen für die Verfehlungen Einzelner verhängt. Dafür kann er sich auch der Andersgläubigen bedienen. So stellte Martin Luther die osmanische Armee theologisch in seine Dienste, indem er ihr Vorrücken als Strafe für die Sündhaftigkeit des »Papstesels« und seiner Anhänger deutete.

Sich bewusst mit Andersgläubigen zusammenzuschließen, um einen gemeinsamen Feind, die Freiheit, zu bekämpfen, ist etwas gänzlich anderes. Denn weiterhin beharren die Vertreter der diversen Konfessionen ja darauf, dass ihr Weg zu Gott der einzige, wenigstens aber der beste ist. Einander den Schädel einzuschlagen, trägt zu Klärung der Frage, wie man das Seelenheil erlangt, nichts bei; das haben die meisten Gläubigen eingesehen. Disputationen aber stoßen schnell an eine Grenze. Man kann an die Dreieinigkeit bzw. die göttliche Herkunft des Koran nur glauben, beweisen lässt sich dergleichen nicht.

Dennoch müsste die Wahl der richtigen Offenbarung für alle konfessionsgebundenen Gläubigen die entscheidende Frage sein, denn wer der falschen Offenbarung folgt, kommt in die Hölle oder entfernt sich zumindest von Gott. Wenn Angehörige verschiedener Konfessionen Fragen des ewigen Lebens zurückstellen und zusammenarbeiten, um sich weltliche Unannehmlichkeiten vom Hals zu schaffen, ist das ein höchst verdächtiges Unterfangen. Dann geht es, wie bei den Bemühungen christlicher und muslimischer Geistlicher, die Religion in der nationalen und internationalen Gesetzgebung unter einen beson­deren Schutz zu stellen, um die Abstrafung von Kritik an reaktionären Lehren und Praktiken.

Das ist eine Rückkehr zum heidnischen Religionsverständnis der Antike. Ob Baal oder Zeus – man respektiert auch die Götter der anderen, wichtig ist, dass dem Staatskult Genüge getan wird und der Untertan angemessene Opfer bringt.

Im Rahmen des multikonfessionellen Konser­vatismus einigt man sich auf Arbeit, Familie und Vaterland, die heilige Dreieinigkeit der globalen Reaktion. Es ist kein Zufall, dass vor allem Frauen – egal ob renitente Punkerinnen, Aspirantinnen auf das Amt eines Priesters oder Imams oder auch schlicht Alleinerziehende, die von Transferleistungen leben – der Ausbruch aus der ihnen zugedachten Rolle übelgenommen wird. Denn hier trauern Patriarchen um Privilegien, die sie tatsächlich oder vermeintlich verloren haben.

Das könnte man als Gotteslästerung betrachten, denn das zweite Gebot mahnt: »Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen.« Der Gläubige soll Gott dienen, mag dies auch unbequem oder gar gefährlich sein, nicht aber Gott für seine kleinlichen Interessen in Anspruch nehmen. Doch Feuilleton-Katholiken wie Matthias Matussek beten einen Gott der geistigen Wiederkäuer an, dem sie die Aufgabe stellen, die Grünfläche zu beschützen, auf der sie grasen: »Ich bekomme sehr viel Post von älteren Menschen, die sagen: Endlich spricht einer über die Kirche, wie sie sein sollte (…): in die Messe und zur Beichte gehen, die Zehn Gebote, das Ritual. (…) Ich stelle fest, dass es ein Bedürfnis nach lateinischer Sakralität gibt.«

Das Evangelium nach Matthias sieht vor, dass für die Gläubigen Theater gespielt wird. Erbaulich soll es sein, darum möge der Regisseur tunlichst auf alles verzichten, was zum Denken anregen könnte. Man kann dieses Bedürfnis respektieren, heiligen sollte man es nicht. Zu geistlos, um ­eigene Ideen zu entwickeln, und zu faul, um wissenschaftlich zu arbeiten, beschränken sich die reaktionären Kritiker des Säkularismus derzeit darauf, einen diffusen Abscheu zu artikulieren und größere Strenge gegenüber allem zu fordern, was sie als atheistische Provokation oder übertriebene Emanzipation betrachten. Doch wenn Deutsche ihre Liebe für das Archaische entdecken, ist der Weg zur modernen Barbarei nicht weit.

von Jörn Schulz

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Lass uns zur Steinigung gehen

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Gruß Hubert

Veröffentlicht 7. Mai 2017 von hubert wenzl in Politik, Uncategorized

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„Dann haben wir ein größeres Problem, als es die AfD je sein kann“   Leave a comment

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Focus ist ja nicht meine bevorzugte Zeitung, wie auch die FDP nicht meine bevorzugte Partei ist. Hier kann ich aber Kubicki nur voll zustimmen. Es geht nicht an, dass sich die rheinland-pfälzische Ministerpräsidenten Malu Dreyer sich weigert, an einer TV-Debatte gemeinsam mit der AfD teilzunehmen. Ausgrenzungen bringen nicht weiter.  Bedauern muss man auch eine eine zunehmende Verrohung in der politischen Kultur in Deutschland bzw. auch in den sozialen Netzwerken. Demokratiedefizite werden immer augenscheinlicher.

Nach Dreyers AfD-Boykott

FDP-Vize Kubicki: „Dann haben wir ein größeres Problem, als es die AfD je sein kann“

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Malu Dreyer, Pegida, AFD, Kubicki, Silvester-Übergriffe, Elefantenrunde, SPD, Hannelore Kraft, Sigmar Gabriel

dpa/C. Rehder  – FDP-Vize Wolfgang Kubicki
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Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidenten Malu Dreyer weigert sich, an einer TV-Debatte gemeinsam mit der AfD teilzunehmen. „Wenn Regierungschefs meinen, sich aussuchen zu können, welcher Konkurrent mit ihnen diskutieren darf, dann haben wir ein größeres Problem, als es die AfD für unsere Demokratie jemals sein kann“, kritisiert FDP-Vize Wolfgang Kubicki. Ein Gastbeitrag.

Rasant steigende Zahlen rechtsextremer Gewalttaten auf Flüchtlingsheime, Schüsse auf AfD-Plakatierer, brennende Autos bei Pegida-Demonstrationen, politisch motivierte Messerattacke auf eine Kölner Oberbürgermeisterkandidatin:

Wir konnten in den vergangenen Monaten eine Radikalisierung der politischen Auseinandersetzung im öffentlichen Raum erleben, die wir in dieser Form schon lange nicht mehr hatten.

Menschen schließen sich zu Bürgerwehren zusammen, weil sie an die Durchsetzungsfähigkeit staatlicher Organe nicht mehr glauben. Anlässlich des um sich greifenden Gefühls, die Politik habe die Problemlösungskompetenz in der Flüchtlingsfrage verloren, befürchten nicht wenige, dass die Bundesrepublik in eine gefährliche Demokratiekrise hineinschlittert.

Nach Köln fürchten viele die Ohnmacht des Staates

Gerade mit den Kölner Silvester-Übergriffen und ihrer späteren Aufarbeitung konnte sich ein wirkungsmächtiges Symbol in der Gemütslage etablieren, mit dem die vorher diffusen Ängste vieler Menschen plötzlich greifbar wurden.

Diese Ängste hießen: Ohnmacht des Staates und seiner Sicherheitsorgane angesichts von „Flüchtlingskriminalität“, Versuch der Unterdrückung dieser Informationen durch die Strafverfolgungsbehörden, angebliche Relativierung von Straftaten durch „die Politik“ und nicht zuletzt der Eindruck, dass „die Medien“ entsprechende Informationen zurückhalten, weil sie – so eine mittlerweile zu gewisser Bekanntheit gelangte WDR-Redakteurin – pro Regierung berichten sollen.

Es herrscht eine ungute Grundstimmung in Deutschland

Diese ungute Grundstimmung trifft auf eine stärker werdende Tendenz in der politischen Kommunikation, die es eigentlich schon seit Jahren gibt: Die Emotionalisierung politischer Fragen. Manche können sich vielleicht noch an den früheren Mainzer Regierungschef und SPD-Vorsitzenden Kurt Beck erinnern, der am Einzelbeispiel „des“ Dachdeckers seine grundsätzliche Abneigung gegen die Rente mit 67 Jahren (für jedermann, zu jeder Zeit) öffentlich kundtat. Dass das Rentensystem möglicherweise kippen könnte, wenn zu viele Rentner auf zu wenige Beitragszahler treffen, war dabei vielleicht ein gutes Argument – aber zu vernachlässigen. Es ging ja um „den“ Dachdecker.

Aber auch das herzliche Ausbreiten der Kanzlerinnenarme im vergangenen September für die Flüchtlinge in Ungarn war von dieser Tendenz getragen. Dass Merkel mit dieser Entscheidung gegen „Dublin III“ verstoßen hat und sich eigenmächtig über europäische Vereinbarungen hinwegsetzte, begründete sie emotional. Denn hier konnte es vom moralischen Standpunkt betrachtet vermeintlich keine zwei Meinungen geben: „Wir schaffen das“ ja.

Im Video (im Link): Abwärtstrend nicht aufzuhalten: Union stürzt noch weiter ab

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FOCUS Online/Wochit Abwärtstrend nicht aufzuhalten: Union stürzt noch weiter ab
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„AfD ist Konkurrent im demokratischen Wettbewerb – ob es uns passt oder nicht“

Die Superlativierung dieser politischen Emotionalität konnten wir jetzt aber mit der Weigerung der rheinland-pfälzischen SPD unter Malu Dreyer erleben, mit Vertretern der AfD in einer Fernsehrunde zu diskutieren. Es stimmt: Die AfD ist eine rechtspopulistische, von Ressentiments und Xenophobie durchsetzte Partei. Sie vertritt Positionen, die oftmals nur schwer zu ertragen sind. Die Partei ist aber nicht verboten und ist deshalb ein Konkurrent.

„Dann haben wir ein größeres Problem, als es die AfD für unsere Demokratie jemals sein kann“

Auch wenn die rheinland-pfälzische SPD jetzt in dieser Frage teilweise zurückgerudert ist und ihren Landesvorsitzenden (nicht den Spitzenkandidaten!) in die „Elefantenrunde“ entsenden will, ändert dies nichts an der grundsätzlichen Denkweise: Wenn Regierungschefs meinen, sich aussuchen zu können, welcher politische Konkurrent mit ihnen diskutieren darf, dann haben wir ein größeres Problem, als es die AfD für unsere Demokratie jemals sein kann.

Denn mit der Dreyerschen Weigerung, die ja mittlerweile auch von Hannelore Kraft und Sigmar Gabriel geteilt wird, verlassen führende Sozialdemokraten die Grundlagen unseres demokratischen Diskurses. Die Gewährung von Rede und Gegenrede gehört zu den Spielregeln der demokratischen Auseinandersetzung. Und solange wir uns im weiten Rahmen der Meinungsfreiheit bewegen, sind diese Meinungen erlaubt.

Im Video: Neuer Höchststand: AfD klettert auf 13 Prozent – CDU stagniert

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FOCUS Online/Wochit Neuer Höchststand: AfD klettert auf 13 Prozent – CDU stagniert
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„Zutiefst undemokratische Haltung hinter Dreyers, Krafts und Gabriels Vorgehen“

Die hinter Dreyers, Krafts und Gabriels Vorgehen stehende, überhebliche Haltung „Wir sind die guten, die anderen die schlechten Demokraten“, ist zutiefst undemokratisch. Abgesehen davon glaube ich noch immer, dass selbstbewusste Demokraten keine Angst haben müssen, wenn sie sich dem argumentativen Zweikampf mit der AfD stellen. Vielmehr ist es eine Chance, die allzu einfachen und oft dümmlichen Argumentationsmuster wirkungsvoll auseinanderzunehmen.

„Das Ignorieren von Problemen hat noch nie zur Problemlösung beigetragen“

Das Erstarken der Rechtspopulisten ist ein Symptom für eine außerordentliche Verunsicherung in der Bevölkerung, es ist nicht das Problem selbst. Jeder weiß, dass das Ignorieren von Problemen noch nie wirksam zur Problemlösung beigetragen hat. Das Ignorieren des Symptoms hilft da noch weniger.

Die Kanalisierung von Konflikten in geregelte Bahnen ist für unser demokratisches Gemeinwesen und für das Gedeihen unserer Freiheit unerlässlich. Nur autoritär angehauchte Verantwortungsträger können es sich erlauben, missliebigen Positionen keinen Raum im Meinungsspektrum zu geben. Auf diesen Pfad sollten sich Dreyer, Kraft und Gabriel nicht begeben.

„Gerade jetzt schlägt die Stunde der Demokraten“

Abschließend bleibt die Frage: Erleben wir derzeit eine Krise der Demokratie? Ich glaube nein. Im Gegenteil: Angesichts der vielerorts grassierenden Verunsicherung schlägt gerade jetzt die Stunde der Demokraten. Welch eine schöne Aufgabe, für die demokratischen Errungenschaften zu streiten – Toleranz, Meinungsfreiheit, Pluralität und Rechtsstaatlichkeit. Frau Dreyer möchte man zurufen: Für diese Errungenschaften zu ringen ist uns Demokraten aufgegeben, wir sollten diese aus taktischen Erwägungen niemals aufgeben und schon gar nicht preisgeben.

Schönwetterdemokrat kann jeder. Wenn die Sozialdemokraten keine Argumente gegen die AfD haben – wir liefern welche.

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„Dann haben wir ein größeres Problem, als es die AfD je sein kann“

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Im Video: „Inszenierter Regierungstalk“: So begründet Klöckner ihre TV-Absage 

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Huffington Post/Wochit „Inszenierter Regierungstalk“: So begründet Klöckner ihre TV-Absage
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Gruß Hubert

Lobbykratie   Leave a comment

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Kein Wunder, dass Leute immer mehr genug haben von der Politik, wenn eine Politik gemacht wird, die 80 Prozent der Bevölkerung ablehnen. Die Politik bedient sich selbst, ihre Freunde und vor allem auch die Lobbys.

Wie sagte der Philosoph Jürgen Habermas letztens: „Die Politik macht das, was 80 Prozent ablehnen. Deshalb wird die Demokratie zum Störfaktor“. Damit brachte er auf den Punkt, was immer mehr Menschen denken: Wie kann sich ein Land demokratisch nennen, wenn das, was die Politiker entscheiden, nicht dem Willen der Bevölkerung entspricht, sondern dem einzelner Interessengruppen? Warum wählen wir eigentlich, wenn am Ende nicht DAS geschieht, was WIR wollen und ALLEN nützt, sondern vor allem das, was die Gewinne der Banken, Versicherungen, Auto-, Chemie- und Lebensmittelkonzerne mehrt?

Und warum ist das so? Ganz einfach: 30.000 Lobbyisten – ja, Sie haben richtig gelesen – 30.000 Lobbyisten, also fast 40 pro Europaparlamentarier, sorgen in Brüssel dafür, dass die Demokratie zur Lobbykratie mutiert.

Und daran wird auch die Anfang Juli beschlossene Karenzzeit von 12 – 18 Monaten für Politiker, die in die Wirtschaft wechseln wollen, nichts ändern. Denn dieser Zeitraum ist viel zu kurz. Zumal den Politikern erlaubt ist, schon während dieser Karenzperiode Arbeitsverträge für die Zeit danach abzuschließen! Es wird nichts daran ändern, dass das Demokratieprinzip weiterhin außer Kraft gesetzt wird.

Lobbykratie zum Ersten: Mit Marktmacht, Geld, „Think-Tanks“ und Anwaltskanzleien wehren die Konzern-Lobbyisten Gesetze ab, ja, verwandeln deren Stoßrichtung ins Gegenteil. Eine Milliarde (!!) Euro hat die Lebensmittelindustrie aufgewendet, und mit einer jahrelangen Kampagne die „Ampelkennzeichnung“ verhindert, die über 70 Prozent der Verbraucher wünschen. Mit der Ampel hätten Käufer auf einen Blick erkennen können, ob ein Lebensmittel viel, mittel oder wenig Zucker, Salz und Fett enthält. Deshalb war die Milliarde aus Sicht der Lebensmittelindustrie sehr gut investiert – im Vergleich zu den drohenden Umsatzverlusten und Gewinneinbrüchen. Denn plötzlich hätten die Verbraucher vermeintliche Fitness-Produkte als Zuckerbomben entlarvt.

Lobbykratie zum Zweiten: Seit Jahren tut die Lebensmittelindustrie alles, um die Schriftgröße für Informationen auf Lebensmittelverpackungen möglichst klein zu halten. So klein, dass sie kaum lesbar ist. Was ihr denn auch immer wieder gelingt! So haben es die Lobbyisten geschafft, den Vorschlag der EU-Kommission, die Schriftgröße auf 3 Millimeter festzulegen, zu verhindern. Die vorgeschriebene Mindestschriftgröße beträgt nun 1,2 Millimeter auf die Höhe des kleinen x bezogen. In einigen Supermärkten finden Sie an den Einkaufswagen festmontierte Lupen! Eine Lupe als Symbol für die Bankrotterklärung der Politik. Das i-Tüpfelchen, liebe foodwatch-Interessierte ist aber die Begründung der Lebensmittelindustrie. Sie argumentiert nämlich, eine größere Schrift würde ihren „Markenauftritt“ gefährden! Klarer kann man nicht sagen, dass nur der Gewinn zählt und der Verbraucher nichts!

Es gehört zur Demokratie, dass Interessenverbände sich für ihre Anliegen stark machen und Parlamentarier und Regierungen davon überzeugen dürfen. Auch foodwatch, als Streiter für die Rechte der Verbraucher, macht von diesem Recht Gebrauch. Was aber nicht sein darf: Dass die Gesetze nach den Interessen einer Wirtschaftsbranche geschrieben werden und unsere Regierungen als Dienstleister der Industrie agieren!

Lobbykratie zum Dritten: Das Schweinefleisch für den Schwarzwälder Schinken darf aus ganz Europa, ja sogar aus den USA kommen – wir erfahren es nicht. Und die Früchte der Marmelade können aus Südamerika kommen – wir erfahren es nicht. Weil aber Verbraucher wissen wollen, woher die Lebensmittel kommen, die sie kaufen, hat sich das EU-Parlament für eine verbesserte Herkunftskennzeichnung ausgesprochen. Auch diese Initiative ist an der hartnäckigen Lobbyarbeit der Lebensmittelindustrie gescheitert. Nach eigenem Bekunden „rügte“ der Spitzenverband der Lebensmittelindustrie das Ansinnen des EU-Parlaments als „zu weitgehend“. Das Ergebnis ist bekannt: Es gibt nach wie vor keine Herkunftskennzeichnung für verarbeitete Lebensmittel. Anscheinend hat mittlerweile die Lebensmittel-Lobby die Oberaufsicht über die Gesetzgebung: Bei Verbesserungen für den Verbraucher wird „gerügt“ und – basta!

EU-Parlament. Und was macht die Politik? Sie knickt ein. Es gibt beispielsweise ein „Transparenzregister“ in Straßburg und Brüssel. Hier sollen sich alle Lobbyisten mit ihrem Interesse und Budget eintragen. So der fromme Wunsch. Doch dieses Register ist, mit Verlaub, eine Lachnummer! Warum? Die Eintragung in das Transparenzregister ist freiwillig!

Quelle: foodwatch

Gruß Hubert

Veröffentlicht 23. Juli 2015 von hubert wenzl in Politik

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Europas Anschlag auf die griechische Demokratie   Leave a comment

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Von Joseph E. Stiglitz
Übersetzt von Jan Doolan
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NEW YORK – Das zunehmende Crescendo erbitterten Gezänks innerhalb Europas könnte Außenstehenden als das unvermeidliche Resultat der bitteren Endphase der Verhandlungen zwischen Griechenland und seinen Gläubigern erscheinen. In Wahrheit lassen die europäischen Führungen endlich die wahre Beschaffenheit des laufenden Schuldenstreits erkennen, und die Antwort ist nicht angenehm: Viel mehr als um Geld und Wirtschaft geht es um Macht und Demokratie.

Natürlich war die Wirtschaftsstrategie, die dem Griechenland von der „Troika“ (Europäischer Kommission, EZB und Internationalem Währungsfonds) auferlegten Programm zugrundelag, eine Katastrophe; sie führte zu einem 25%igen Rückgang der Wirtschaftsleistung des Landes. Mir fällt kein Fall ein, in dem eine Depression jemals derart vorsätzlich herbeigeführt wurde und derart katastrophale Folgen hatte: Die Jugendarbeitslosigkeit in Griechenland etwa liegt inzwischen bei über 60%.

Es ist alarmierend, dass die Troika sich weigert, irgendeine Verantwortung hierfür zu übernehmen oder zuzugeben, wie falsch ihre Prognosen oder Modelle lagen. Noch überraschender freilich ist, dass Europas Regierungen aus all dem noch nicht einmal etwas gelernt haben. Die Troika verlangt selbst heute noch, dass Griechenland bis 2018 einen primären Haushaltsüberschuss (Überschuss vor Zinszahlungen) von 3,5% vom BIP erreichen müsse.

Ökonomen weltweit haben dieses Ziel als übertrieben drakonisch kritisiert, da jeder Versuch, es zu erfüllen, zwangsläufig zu einem weiteren Abschwung führen würde. Selbst wenn die griechischen Schulden auf eine Weise umstrukturiert werden sollten, wie sie heute nicht vorstellbar ist, wird das Land in der Depression verharren, falls die Wähler sich in dem kurzfristig für dieses Wochenende angesetzten Referendum dem Ziel der Troika verpflichten sollten.

Was die Umwandlung eines großen Primärdefizits in einen Überschuss angeht, so haben wenige Länder auch nur annähernd bewerkstelligt, was die Griechen im Verlaufe der letzten fünf Jahre erreicht haben. Und obwohl die Kosten, berechnet nach menschlichem Leid, enorm hoch waren, ist die griechische Regierung den Forderungen der Gläubiger in ihrem jüngsten Vorschlag ein großes Stück entgegengekommen.

Wir sollten uns über Eines klar sein: Von den enormen Summen, die Griechenland als Kredite erhalten hat, ist fast nichts tatsächlich auch nach Griechenland gegangen. Dieses Geld wurde verwendet, um die Gläubiger aus dem privaten Sektor auszuzahlen, darunter deutsche und französische Banken. Griechenland hat lediglich Almosen erhalten, aber einen hohen Preis gezahlt, um die Bankensysteme dieser Länder zu retten. Der IWF und die anderen „offiziellen“ Kreditgeber brauchen das Geld, das Griechenland derzeit abverlangt wird, nicht. Ginge alles weiter seinen normalen Gang, würde das erhaltene Geld aller Voraussicht nach doch wieder als Kredit nach Griechenland zurückfließen.

Doch um es noch einmal zu sagen: Es geht hier nicht um das Geld. Es geht darum, „Fristen“ zu nutzen, um Griechenland zur Kapitulation und zur Akzeptanz des Unannehmbaren zu zwingen – nicht nur Sparmaßnahmen, sondern auch anderen regressiven und straforientierten politischen Vorgaben.

Warum aber tut Europa das? Warum widersetzen sich die Führer der Europäischen Union dem Referendum und weigern sich sogar, die Frist für die Zahlung der nächsten Rate Griechenlands an den IWF um ein paar Tage zu verlängern? Geht es denn beim europäischen Projekt nicht um Demokratie?

Im Januar stimmten die griechischen Bürger für eine Regierung, die sich dazu bekannte, die Austerität zu beenden. Wollte die Regierung einfach nur ihr Wahlkampfversprechen einlösen, hätte sie den Vorschlag bereits abgelehnt. Doch sie wollte den Griechen eine Chance geben, sich bei diesem für das künftige Wohl ihres Landes so kritischen Thema einzubringen.

Diese Sorge um öffentliche Legitimität ist unvereinbar mit der Politik der Eurozone, die nie ein besonders demokratisches Projekt war. Die meisten Regierungen der Mitgliedsstaaten fragten ihre Bevölkerungen nicht nach ihrer Zustimmung zur Überantwortung ihrer geldpolitischen Souveränität an die EZB. Als die schwedische Regierung es tat, sagten die Schweden nein.

Sie verstanden, dass die Arbeitslosigkeit steigen würde, wenn die Geldpolitik des Landes durch eine Zentralbank festgelegt würde, die sich kompromisslos auf die Inflation konzentrierte (und auch, dass damit der Finanzstabilität keine hinreichende Aufmerksamkeit geschenkt werden würde). Die Volkswirtschaft würde leiden, weil das der Eurozone zugrunde liegende Wirtschaftsmodell auf Machtbeziehungen beruhte, die die Arbeitnehmer benachteiligten.

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Und tatsächlich ist, was wir heute erleben – 16 Jahre, nachdem die Eurozone diese Beziehungen institutionalisierte –, das Gegenteil von Demokratie: Viele führende europäische Politiker wünschen sich das Ende der linksgerichteten Regierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras. Schließlich ist es extrem unbequem, in Griechenland eine Regierung sitzen zu haben, die sich der Art von Politik, die so viel zur Steigerung der Ungleichheit in so vielen hochentwickelten Ländern beigetragen hat, derart widersetzt, und die sich dafür engagiert, der ungezügelten Macht der Reichen Grenzen zu setzen. Sie scheinen zu glauben, dass sie letztlich den Sturz der griechischen Regierung herbeiführen können, indem sie sie durch Druck dazu bewegen, eine Übereinkunft zu akzeptieren, die ihrem Wählerauftrag widerspricht.

Es ist schwer, den Griechen einen Rat zu geben, wie sie am 5. Juli wählen sollten. Keine der beiden Alternativen – Annahme oder Ablehnung der Bedingungen der Troika – wird einfach, und beide sind mit enormen Risiken behaftet. Ein „Ja“ hätte eine praktisch endlose Depression zur Folge. Vielleicht könnte ein ausgelaugtes Griechenland – das all seine Vermögenswerte verramscht hat und dessen intelligente junge Leute ausgewandert sind – irgendwann seine Schulden erlassen bekommen; vielleicht würde Griechenland, nachdem es zu einem Land mittleren Einkommens geschrumpft ist, irgendwann Unterstützung von der Weltbank erhalten. All das könnte eventuell im kommenden Jahrzehnt passieren, oder vielleicht in dem Jahrzehnt danach.

Dagegen ließe ein „Nein“ zumindest die Möglichkeit offen, dass Griechenland mit seiner starken demokratischen Tradition sein Schicksal in eigene Hände nehmen könnte. Die Griechen könnten damit die Chance erwirken, eine Zukunft zu gestalten, die vielleicht nicht so wohlhabend wäre wie in der Vergangenheit, aber deutlich hoffnungsvoller als die unzumutbare Folter der Gegenwart.

Ich weiß, wie ich abstimmen würde.
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Danke Project Syndicate
Quelle: http://bit.ly/1U0afQL
Erscheinungsdatum des Originalartikels: 29/06/2015
Artikel in Tlaxcala veröffentlicht: http://www.tlaxcala-int.org/article.asp?reference=15081
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Europas Anschlag auf die griechische Demokratie

 Zur Person:
  • Joseph E. Stiglitz
    Wirtschaftswissenschaftler
  • Joseph E. Stiglitz ist ein US-amerikanischer Wirtschaftswissenschaftler und Professor an der Columbia University. Er war von 1997 bis 2000 Chefökonom der Weltbank und von 2011 bis 2014 Präsident der International Economic Association. Wikipedia
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Siehe auch:
http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2015/07/03/dreiste-intervention-eu-will-syriza-regierung-in-griechenland-stuerzen/
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Gruß Hubert
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Veröffentlicht 3. Juli 2015 von hubert wenzl in Politik, Wirtschaft

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Hat die Bundestag-Mediathek Sahra Wagenknechts Hinweise auf Stratfor-Rede zensiert? (Update)   1 comment

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Bei einer Rede von Sahra Wagenknecht vor dem deutschen Bundestag fehlten in der Mediathek des Bundestages die ersten 3 Minuten und das Video begann statt um 9:27 erst um 9:30 Uhr.
Wenn der Beginn fehlt, kann das kaum mit einem technischen Fehler erklärt werden, da hierzu ein Schnitt notwendig wäre. Ohne diesen Schnitt würden in der Videodatei die entscheidenden Codec-Informationen fehlen, die das Abspielen überhaupt ermöglichen.

 

Am Samstag, dem 14.3. haben wir hier über eine Rede und Pressekonferenz des Stratfor-Chefs George Friedman berichtet, die die Hintergründe der US-Politik offenbart, wie sie sich heute im Ukraine-Konflikt manifestieren. Diese Rede wird von den Staatsmedien nach wie vor totgeschwiegen, da sie die Lügenpropaganda vom “bösen Russen, der die Ukraine destabilisiert” unterlaufen würde.

5 Tage später hält die Linken-Abgeordnete Sahra Wagenknecht im Bundestag eine Rede, in der sie gleich zu Beginn auf die Äußerungen Friedmans Bezug nimmt:
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Sahra Wagenknecht: “Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Bundeskanzlerin!
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Zu ihren besten Zeiten hatte die deutsche Außenpolitik zwei Prioritäten. Das waren die europäische Einigung und eine Politik der guten Nachbarschaft gegenüber Russland. Es sollte Ihnen schon zu denken geben, Frau Merkel – wenn Sie bitte zuhören könnten – dass Nationalismus und Zwietracht in Europa, knapp zehn Jahre nachdem Sie das Kanzleramt übernommen haben, wieder gedeihen wie lange nicht mehr und im Verhältnis zu Russland die Entspannungspolitik einem neuen Kalten Krieg gewichen ist.
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Die spezifischen US-Interessen in Europa hat vor kurzem der Chef des einflussreichen Thinktanks Stratfor in einer Pressekonferenz in eindrucksvoller Offenheit erläutert: Hauptinteresse der Vereinigten Staaten sei es, ein Bündnis zwischen Deutschland und Russland zu verhindern, denn – so wörtlich – „vereint sind sie die einzige Macht, die uns“, also die USA, „bedrohen kann“. Diese vermeintliche Bedrohung von US-Interessen wurde auf absehbare Zeit erfolgreich erledigt. Das begann eben damit, dass die EU im Rahmen der Östlichen Partnerschaft versucht hat, die betreffenden Länder aus der wirtschaftlichen und politischen Kooperation mit Russland herauszubrechen”
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Claudia Roth (laut Protokoll): “Das ist aberwitzig!”
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Sahra Wagenknecht: “Frau Merkel, natürlich war das gegen Russland gerichtet; aber es war eben auch nicht im Interesse der betreffenden Länder. Sie haben denen das Entweder-oder aufgezwungen, nicht Russland. (Beifall bei der LINKEN) Im Ergebnis hat die Ukraine einen Großteil ihrer Industrie verloren. Heute ist dieses Land ein bankrotter Staat, in dem Menschen hungern und frieren und die Löhne niedriger sind als im afrikanischen Ghana. Aber die Konfrontation mit Russland hat nicht nur die Ukraine zerstört. Sie schadet ganz Europa. Es ist doch ein offenes Geheimnis, dass die Vereinigten Staaten den Konflikt mit Russland auch aus wirtschaftlichen Gründen schüren. Wenn US-Regierungen von Menschenrechten reden, dann geht es in der Regel um Bohrrechte oder um Schürfrechte. Gerade in der Ukraine ist angesichts der großen Schiefergasvorkommen verdammt viel zu schürfen.”
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Ein aufmerksamer Beobachter hat nun festgestellt, dass ausgerechnet diese Sequenz im Videomitschnitt des Bundestags fehlt. Anders, als der oben verlinkte phoenix-Mitschnitt auf youtube, der um 9:27 Uhr beginnt, startet das in der Mediathek des Bundestages verlinkte Video erst 3 Minuten später um 9:30 Uhr, ziemlich genau nach Ende der obigen Passage ihrer Rede.
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Das hat tatsächlich ein unappetitliches Geschmäckle. Sollte sich dahinter ein “technischer Fehler” verbergen, wäre es schon sehr merkwürdig, wenn er ausgerechnet den Beginn von Wagenknechts Beitrag mit dieser brisanten Information betreffen sollte. Es kann vorkommen, dass Dateien nicht komplett auf einen Server hochgeladen werden. Dann fehlt logischerweise das Ende oder sie sind komplett korrumpiert und nicht abspielbar.
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Wenn jedoch der Beginn fehlt, kann das kaum mit einem technischen Fehler erklärt werden, da hierzu ein Schnitt notwendig wäre. Ohne diesen Schnitt würden in der Videodatei die entscheidenden Codec-Informationen fehlen, die das Abspielen überhaupt ermöglichen.
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Das schriftliche Bundestagsprotokoll enthält – anders als das Video – die entscheidende Passage komplett und diente hier als Vorlage für das Transkript.

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Update: Mittlerweile ist die volle Rede der Abgeordneten Wagenknecht auch in der Mediathek des Bundestages verfügbar. Eine Erklärung für den Vorgang haben wir bisher nicht gefunden.

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Hat die Bundestag-Mediathek Sahra Wagenknechts Hinweise auf Stratfor-Rede zensiert?

 

Gruß Hubert

Veröffentlicht 26. März 2015 von hubert wenzl in Politik

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Wie wählt man in einem EU-Land „richtig“   Leave a comment

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Es ist nicht tragbar, wie Frau Merkel unterschwellig den Griechen droht. Jetzt auf einmal könnte sie sich auch vorstellen, dass die Griechen aus dem Euro austreten. Warum jetzt auf einmal? Wahrscheinlich wohl weil inzwischen die Banken ihr Geld retten konnten und keine starken Verluste einheimsen mussten.
Es ist einfach eine Anmaßung wie Merkel meint mit anderen souveränen Staaten umgehen zu können. Man stößt vor Wahlen weder Drohungen aus noch gibt man Empfehlungen. Oder wie wählt man denn „Merkel-konform“? Kein Wunder, dass sie auch aus dem eigenen Volk Gegenwind bekommt. Vielleicht gibt es schneller eine Alternative zu Merkel als sie denkt.
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Hier zu den Einmischungen zu den Wahlen in Griechenland von ad-sinistram

Die Wahl, keine Wahl zu haben

Montag, 19. Januar 2015

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Demokratie? Aber selbstverständlich. In Europa gibt es sie noch. Die Griechen können wählen wen sie wollen. Sie sind doch ein freies Volk. Aber wenn sie diesen einen da wählen, diesen jungen linkischen Kerl, der nie Schlips trägt, dann ziehen wir natürlich einen Schlussstrich. Mit dem verhandeln wir erst gar nicht. Wir sind immerhin auch ein freies Volk, nicht wahr?

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Diktatur ist das nicht. Keine Bange. Wir haben irgendwas zwischen ihr und der Demokratie erwischt. So einen Zwitter. Was für uns hier die »marktkonforme Demokratie« sein soll, ist für Griechenland die »merkelkonforme Demokratie«. Ein Staatswesen, in dem die freie Willensbekundung immer mit Blick auf Berlin und Brüssel absolviert werden soll. Denn wenn Demokratie Freiheit bedeutet, dann bedeutet sie im aktuellen Europa, sich als Volk und Wähler nur die Freiheit zu nehmen, die man zuerkannt bekommt. Aber man ist faktisch trotzdem frei, keine Gesinnungspolizei inhaftiert einen oder erklärt Wahlen für ungültig. Aber wenn sie Resultate zeitigen, die auf höhere Ebene nicht gefallen, klinkt man sich aus und wird pampig, wirft die Griechen aus dem Verband oder droht mit dem Währungsentzug. (Anmerkung: auch eine Art Liebesentzug
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Ich hörte ja schon oft, dass die Europäische Union eine besondere Form der Diktatur sei. Dieses Urteil ist zu hart. Klassisch diktatorisch ist sie mitnichten. Führererlässe gibt es nicht. Manchmal ist diese internationale Vereinigung sogar liberaler als es die jeweiligen nationalen Regierungen sind. Oft kommt das nicht vor, aber hin und wieder geschehen Zeichen und Wunder. Was die EU in den letzten Jahren geschaffen hat, ist eine ganz neue Staatsform, die nicht Dikatur, aber eben auch nicht grundsätzlich demokratisch ist. Sie liegt irgendwo dazwischen. Ist eine Herrschaftsform, die mit dem schlechten Gewissen arbeitet, die verängstigt und klar macht, dass demokratische Willensbildung etwas ist, was man sich verdienen muss. Im pekuniärsten Sinne des Wortes. Einen Namen gibt es für dieses Phänomen allerdings noch nicht.

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Merkel drohte einem Volk, noch bevor es zur Wahlurne geht. Sie tat es mit ihrem üblichen Understatement-Größenwahn. Spielte sich als konstituierende Vollversammlung auf, die sich nach demokratischen Wahlen gemeinhin formiert, um dem Wahlergebnis Rechnung zu tragen. Sie gab sich Deutungshoheit eines Wahlresultats, das ihr nicht in den Kram passt. Diese standhafte Demokratin, als die sie sich verkauft, hat das Wesen dieses Herrschaftsprinzips immer noch nicht begriffen. Wir brauchen uns nicht wundern, dass antidemokratische Kreise Aufwind haben. Denn unsere Demokraten, die wir so haben, haben selbst ein Problem mit einer Demokratie, die sich wehrt, die sich nicht genau die Metzger an den Messergriff votiert, die man gerne dort sähe.

 

Wie wählt man in einem EU-Land „richtig“?

Veröffentlicht 21. Januar 2015 von hubert wenzl in Politik

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Kritische Betrachtungen zur EU und Euro von Dirk Müller   Leave a comment

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Der Börsenmakler und Autor Dirk Müller sagt, dass Europa den großen Fehler macht zu versuchen es zu einem einheitlichen Ganzen zu machen, wo alle im Gleichschritt marschieren und das funktioniert nicht. Europas Vorzug ist seine Unterschiedlichkeit, die gilt es zu bewahren. Dabei ist nicht nur auf Länder Rücksicht zu nehmen sondern auch auf Regionen. Wenn man mit einem Tempo läuft, egal ob es das deutsche ist oder ein anderes, wird für die meisten anderen falsch sein. Auch der Euro wird von Dirk Müller mehr als nur kritisch gesehen.

Man kann nicht über verschiedene Wirtschaftssystem eine Währung drüber stülpen. Es wird heute den Menschen eingeredet, dass unterschiedliche Währungen was ganz Böses wären, etwas aus vergangener Zeit.
Unterschiedliche Währungen haben in einer Volkswirtschaft ganz wichtige Aufgaben, nämlich Ungleichgewichte, Unterschiedlichkeiten auszugleichen. Wenn wir diesen Puffer wegnehmen, dann müssen wir alle gleich machen und das wäre ein fataler Fehler. Warum soll in Brüssel entschieden werden, wann in Wien die Bäcker aufmachen sollen?

Dirk Müller sagt, dass er für eine andere Demokratie ist, eine Demokratie bei der Menschen sich mehr in die Politik einmischen können. Er habe keine Lust, alle vier Jahre die Stimme abzugeben und andere bestimmen was die nächsten vier Jahre passiert. Heute im Zeitalter des Internet haben wir jederzeit die Möglichkeit die Menschen um ihre Meinung zu fragen, sie mit einzubinden. Wenn die Mehrheit der Bevölkerung das eine möchte und die Politik das andere entscheidet, dann muss ich schon sehr, sehr gut argumentieren warum sie sich gegen die Mehrheit der Bevölkerung stellt.


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Gruß Hubert

Veröffentlicht 25. Juli 2014 von hubert wenzl in Politik

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