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Nicht nur, dass Tierversuche ethisch verwerflich sind, sie gaukeln auch noch eine falsche Sicherheit vor und bringen Menschen so in Gefahr. 197.000 Menschen sterben pro Jahr allein in der EU nur an den Nebenwirkungen von Medikamenten, die laut Tierversuch für den Menschen aber völlig ungefährlich hätten sein sollen.

Wie gut sind wissenschaftliche Argumente gegen Tierversuche?

Unsere Kampagne für ein besseres Tierversuchsgesetz im letzten Jahr hat mich mit vielen Personen zusammengebracht, die auf wissenschaftlicher Basis Für oder Wider Tierversuche argumentiert haben. Das ethische Argument gegen Tierversuche, jedenfalls wenn man Bewusstsein bei Tieren anerkennt, ist ziemlich klar. Doch insbesondere der Schweizer Hans Ruesch wird mit dem Bemühen verbunden, wissenschaftlich statt ethisch gegen Tierversuche zu argumentieren, wenn auch insbesondere Ruesch seine Aversion gegen ethische Argumente in pathologische Dimensionen trieb.

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Das wissenschaftliche Argument, kurz zusammengefasst, besagt, dass der Test der Wirkung von Substanzen im Menschen, von medizinisch bis toxikologisch, durch Versuche an nichtmenschlichen Tieren eine falsche Sicherheit vorgaukelt. Und tatsächlich unterscheiden sich verschiedene Tierarten – darunter der Mensch – physiologisch in so vieler Hinsicht, dass dieses Argument vieles für sich hat. 197.000 Menschen sterben pro Jahr allein in der EU nur an den Nebenwirkungen von Medikamenten, die laut Tierversuch für den Menschen aber völlig ungefährlich hätten sein sollen. Die EU finanzierte das „Adverse Drug Reaction“ Programm mit € 5,88 Millionen, dessen Ergebnisse im Oktober 2012 veröffentlicht wurden. Danach hätten viele Medikamente durch computergestütztes Data-mining schon viel früher als gefährlich ausgesondert werden können. 92% aller Medikamente, die im Tierversuch erfolgreich waren, zeigen beim Menschen entweder keine Wirkung oder sind sogar gefährlich. Das wissenschaftliche Argument gegen Tierversuche jedenfalls für die Abschätzung der Verträglichkeit von Stoffen, mit denen Menschen in Berührung kommen, von Medikamenten über Industriechemikalien bis zu Kosmetika, ist jedenfalls stark. Der EU-Kommissar für Gesundheit und Verbraucherschutz, Tonio Borg, hat jetzt bestätigt, an der Deadline für das Verbot von Tierversuchen an Kosmetika in der EU, dem 11. März 2013, festhalten zu wollen.

Doch zwei Drittel aller Tierversuche dienen nicht der Prüfung der Verträglichkeit von Substanzen für Menschen oder der medizinischen Wirkung von Medikamenten am Menschen. Gegen veterinärmedizinische Versuche am Tier lässt sich schon nicht mehr wissenschaftlich argumentieren. Ähnlich gelagert ist die Situation bei Tierversuchen in der Grundlagenforschung. Wenn ich wissen will, welche Auswirkung eine genetische Veränderung bei diesem oder jenem Tier hat, dann ist der entsprechende Tierversuch wissenschaftlich sicher vernünftig, wenn auch ethisch fragwürdig. Nicht von ungefähr sinkt seit Jahren die Anzahl von Tierversuchen für die Verträglichkeitsprüfung, während der Anteil der Grundlagenforschung in der Tierversuchsstatistik unaufhaltsam steigt: in Österreich zwischen 2000 und 2010 von 19,4% auf 32%.

Das New Scientist, als eine Zeitung, die die relevantesten neuen Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschung zusammenstellt, ist voll mit Tierversuchsberichten. Hier ist kein Ende abzusehen, die Ethik allein ist offenbar nicht Argument genug. Umso erfreulicher, dass in der Ausgabe vom 15. Dezember 2012, Seiten 32-33, unter dem Titel „humane solution“ die Kritik an Tierversuchen zweier ehemaliger ForscherInnen im Bereich der Pharmazie wiedergegeben wird. Allerdings sind die beiden mittlerweile im Safer Medicines Trust in England aktiv, der im Übrigen von einer beeindruckenden Liste von ForscherInnen aus dem Tierversuchsbereich unterstützt wird, http://www.safermedicines.org/advisors.shtml, obwohl er sich gegen Tierversuche wendet. Das allerdings hauptsächlich in Sachen Verträglichkeitstests – und der Kreis schließt sich.

Bis Tierversuche in der Grundlagenforschung aus rein ethischen Gründen beendet werden, wird wahrscheinlich noch viel Wasser die Donau hinunterfließen.

Tierversuche gaukeln eine falsche Sicherheit vor

Gruß Hubert