Der österreichische Vorschlag weniger Geld für Verweigerer ist meiner Meinung nach gut. Es wäre nur gerecht, wenn Verweigerer weniger Geld von der EU bekommen würden und Länder, die sehr viele Flüchtlinge aufnehmen, mehr Geld.
Streit um Verteilung von Flüchtlingen
Streit um Verteilung von FlüchtlingenWeniger EU-Geld für Verweigerer?
Bei der Flüchtlingspolitik endet die Solidarität innerhalb Europas. Vor allem die osteuropäischen Länder weigern sich, Flüchtlinge aufzunehmen. Für EU-Parlamentspräsident Schulz ist das „Egoismus pur“. Aus Österreich kommt nun ein radikaler Vorschlag.
Eigentlich sollte es eine feste Quote für die Verteilung von 40.000 Flüchtlingen innerhalb der EU geben. Doch daraus wurde nichts, die Quote scheiterte am Widerstand einiger nationaler Regierungen. Vor allem die osteuropäischen Länder, aber auch Großbritannien, Irland und Dänemark stehlen sich aus der Verantwortung. Inzwischen müssen Hunderttausende Flüchtlinge in der EU verteilt werden, doch von einer gemeinsamen Asyl- und Flüchtlingspolitik ist die EU weit entfernt.
Als eines der am stärksten von der steigenden Zahl von Flüchtlingen betroffenen Länder der EU erhöhte Deutschland am Wochenende den Druck auf die anderen Staaten, mehr Asylsuchende aufzunehmen. Vor allem die südlichen Grenzstaaten Italien und Griechenland, aber auch Deutschland bräuchten Entlastung bei den Flüchtlingszahlen, mahnte Kanzlerin Angela Merkel. Vizekanzler Sigmar Gabriel bezeichnete es als Schande, dass Europa zu keiner gemeinsamen Asyl- und Flüchtlingspolitik finde.
Egoismus pur
Deutlicher wurde EU-Parlamentspräsident Martin Schulz: „Wir erleben gerade nationalen Egoismus in reinster Form“, kritisierte er im Deutschlandfunk. Derzeit würden 90 Prozent aller Flüchtlinge von gerade einmal neun der insgesamt 28 EU-Staaten aufgenommen. „Das geht so nicht.“ Es handle sich um ein globales Problem, das national nicht gelöst werden könne. Nötig sei eine europäische Flüchtlings- und Einwanderungspolitik.
Radikaler Vorschlag aus Österreich
Aus Österreich kommt nun der Vorschlag, eine gerechte Verteilung von Flüchtlingen zu erzwingen. EU-Mitgliedsländer, die sich querstellen, sollten Gelder aus dem EU-Haushalt gestrichen werden, schlug Innenministerin Johanna Mikl-Leitner vor. Der Druck auf die Regierungen müsse erhöht werden, sagte die konservative Politikerin im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF. Eine Möglichkeit sei, dass „Förderungen reduziert werden, wenn eben keine solidarische Verantwortung übernommen wird“.
„Man kann sich in einer europäischen Gemeinschaft nicht nur die Rosinen herauspicken“, sagte Mikl-Leitner mit Blick auf die Blockierer. In einer schwierigen Situation wie derzeit „heißt es auch, Verantwortung zu übernehmen“. Druck auf die Staaten „kann man durch finanzielle Unterstützung, die gestrichen oder gekürzt wird, aufbauen“.
Die hohe Zahl der Einwanderer stelle die EU vor eine existenzielle Herausforderung, sagte die Österreicherin weiter: Eine Sperranlage wie in Ungarn an der Grenze zu Serbien sei keine Lösung. Zu glauben, der Zaun werde Flüchtlinge abhalten, sei eine „Illusion“.
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Bilder zeigen verkohlte Wände, verbrannte Teppichreste: Nach dem Brandanschlag auf eine Wohnung von Asylbewerbern in Salzhemmendorf nahe Hameln reagiert NiedersachsensMinisterpräsident Stephan Weil (SPD) schockiert. „Um es klar zu sagen: Das war versuchter Mord“, sagte er bei einem Besuch der 9.400 Einwohner großen Gemeinde.
Die jüngsten Geschehnisse in dem Ort seien „die schwerwiegendsten Vorgänge, die wir in Niedersachsen in den letzten Monaten und Jahren erlebt haben“, sagte der Ministerpräsident. Nur knapp seien viele Menschen dem Tod oder schweren Verletzungen entgangen. Die Täter hätten bewusst in Kauf genommen, dass Kinder, Frauen und Männer verbrennen konnten. SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi nannte den Anschlag „offenen Terrorismus“.
Unbekannte hatten in der Nacht einen Molotowcocktail durch das geschlossene Fenster einer Wohnung im Erdgeschoss geworfen. Eine Matratze und ein Teppich fingen Feuer. In der Wohnung lebt eine 34-jährige Mutter mit drei Kindern im Alter von vier, acht und elf Jahren. Sie stammen aus Simbabwe. Sie und die anderen Bewohner blieben unverletzt. Die Mutter und ihre Kinder werden psychologisch betreut und kommen in eine Ersatzunterkunft. Die Polizei vermutet einen fremdenfeindlichen Hintergrund hinter dem Anschlag.
„Nennen wir die Flüchtlinge doch Vertriebene“: Dieser Vorschlag brachte die CSU aus der Fassung
Sascha Lobo und Joachim Herrmann lieferten sich einen erhellenden Schlagabtausch | ZDF Mediathek
. Noch eine Talkshow zu Flüchtlingen? Zu Beginn der gestrigen „Maybrit Illner“-Sendung fragte man sich, was in dieser Show noch gesagt werden konnte, was nicht bereits in unzähligen anderen geäußert worden ist. Doch überraschend erhellend brachte diese Sendung auf den Punkt, was mit der deutschen „Willkommenskultur“ schief läuft.
Da war zunächst Grünen-Stadträtin Ines Kummer aus Freital in der Nähe von Heidenau. Sie hat einen Jungen aus Ghana bei sich aufgenommen. In wenigen Worten brachte sie auf den Punkt, was zurzeit in Deutschland abläuft: „Vielen fehlt einfach die humanitäre Haltung.“ Sie meinte diejenigen, die an Weihnachten für „Brot für die Welt“ spenden, aber „besorgt“ sind, wenn in ihrer Gegend eine Flüchtlingsunterkunft eröffnet.
Beispielhaft für diese Haltung stand in der Sendung derbayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Anschläge auf Flüchtlingsheime nannte er „unerträglich“ – um dann angesichts von „Asylmissbrauch“ und der „Völkerwanderung“ eine „Kurskorrektur“ zu fordern.
Und jetzt wurde es interessant. Zuerst forderte die Grüne Kummer den bayerischen Innenminister Herrmann auf, zu erklären, was denn eigentlich der „Asylmissbrauch“ sei, der von der CSU so oft beschworen wird? Schließlich macht jeder, den in Deutschland einen Asylantrag stellt, von einem Grundrecht Gebrauch – ganz egal, ob der Antrag abgelehnt wird, oder nicht.
Den Finger in die Wunde legte dann der Blogger Sascha Lobo, der Mann mit dem Irokesenschnitt. Der folgende Schlagabtausch zwischen Lobo und Herrmann war so erhellend, dass wir ihn hier wortwörtlich wiedergeben wollen:
Lobo: „Ich habe einen großartigen Vorschlag für sie! Wie wäre es denn, wenn wir … die Flüchtlinge nicht mehr Flüchtlinge nennen, sondern Vertriebene? Und dann könnten sie sich ganz phantastisch damit anfreunden, alle in Bayern einzugliedern“
Herrmann: „Das ist allein schon … ich mein des net so bös‘ … das ist eine Beleidigung der Vertriebenen, der wirklich damals vor 70 Jahren Vertriebenen, das in diesen Kontext zu stellen.“
Lobo: „Was? Haben sie sich Syrien mal angeguckt?“
Herrmann: „Wir reden nicht von Syrien!“
Lobo: „Wenn sie das als Beleidigung auffassen, dann ist das rassistisch!“
Herrmann: „Entschuldigung, dass habe ich klipp und klar gesagt und vorhin drei Mal wiederholt: Alle, die aus Syrien kommen, die Bürgerkriegsflüchtlinge, die müssen wir aufnehmen, da brauchen wir eine echte Willkommenskultur.“
Illner: „Aber bei denen, die in Anführungszeichen ‚Wirtschaftsflüchtlinge‘ sind …“
Herrmann: „Wer wird denn aus Serbien vertrieben, aus Mazedonien vertrieben? Das ist doch Oberblödsinn!“
Die Frage, warum Herrmann es als Beleidigung ansieht, als „Flüchtling“ bezeichnet zu werden, ist berechtigt.Es macht nur Sinn, wenn man Flüchtlingen unterstellt, dass sie nicht aus echter Not in unser Land kommen, sondern „Missbrauch“ betreiben, irgendwie kriminell sind, unmoralisch – Schmarotzer, gegen die man sich wehren muss.
Und das ist die „fehlende humanitäre Haltung“, die Kummer beklagte. Wir können und müssen unterschiedliche Meinungen haben, wir mit der Flüchtlingssituation umzugehen ist. Aber eines dürfen wir nicht: Vergessen, dass jeder einzelne Flüchtling aus echter Not in unser Land gekommen ist – auch die so genannten „Wirtschaftsflüchtlinge“.
Wer die Worte vom „Asylmissbrauch“, der „Völkerwanderung“ benutzt, tut dies nicht mehr – und bereitet den Hintergrund, vor dem Flüchtlingsheime brennen. Von Benjamin Prüfer
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Es kann nicht gut gehen, wenn eine Firma zugleich Berater und Prüfer einer anderen Firma ist. Das geht nicht ohne Interessenskonflikt. Es ist die gleiche Sache, wenn jemand ein Gutachten in Auftrag gibt und die Beauftragten gutes Geld dafür bekommen. Aber in der Wirtschaft lässt man alles durchgehen, wenn es 100 Hühneraugen gäbe, würde man alle 100 zudrücken.
Aus der Geschichte nichts gelernt: Wirtschaftsprüfer sind unregulierbar
Nur vier Wirtschaftsprüfer weltweit haben die Kapazitäten auch die großen, internationalen Unternehmen zu prüfen. Experten sprechen von einem „faustischen Pakt“: Sollte einer der vier Anbieter vom Markt verschwinden, würde die Qualität drastisch sinen. Wie schon bei den Banken ist die Macht der Wirtschaftsprüfer mittlerweile zu groß, um reguliert zu werden.
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Wirtschaftsprüfungs-Unternehmen beraten die gleichen Firmen, dessen Bilanzen sie kontrollieren sollen – Interessenkonflikte sind programmiert. (Foto: dpa)
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Die vier großen Wirtschaftsprüfungs-Unternehmen nehmen immer öfter die Beratung und die Prüfung von Kunden gleichzeitig vor: Die Gefahr wächst, dass die Prüfungs-Qualität durch so entstehende Interessenkonflikte leidet. PwC, Deloitte, EY und KPMG haben sich von reinen Wirtschaftsprüfern zu Dienstleistern entwickelt, deren Hauptfokus nicht mehr auf der Prüfung, sondern auf der Beratung von Unternehmen in allen Bereichen liegt, so ein Bericht der FT.
Wenn die Prüfer jedoch von Rechtsberatung über Insolvenzbegleitung und Kapitalmarkt- und Cybersicherheitsberatung einfach alles anbieten, werden Interessenkonflikte unvermeidbar: Wer eine Firma trickreich bei der Unternehmensführung und bei der Erstellung der Bilanzen berät, der kann nicht gleichzeitig deren Bilanzen unabhängig prüfen. Noch komplexer wird der Interessenkonflikt, wenn die gleiche Firma, die als Berater eine Insolvenz abwenden soll, von einer eben solchen Insolvenz profitieren könnte.
Wegen zahlreicher so entstandener Konflikte dürfen Prüfunternehmen in den USA seit 2002 eigentlich keine Beratungsdienste mehr für ihre Prüfkunden anbieten.Drei von vier Prüfunternehmen verlagerten daraufhin ihre Beratungs-Segmente in eigene Firmen und regelten mit diesen vertraglich, sich gegenseitig nicht in die Quere zu kommen. Als diese Verträge jedoch ausliefen, bauten die Prüf-firmen ihre Beratungstätigkeiten durch Zukäufe wieder auf, allein nannten sie es nicht mehr „Consulting“ sondern „Advisory Work“. „Die großen vier machen beim Consulting die große Runde. Sie hatten es, sie haben es abgeschafft, und jetzt bauen sie es wieder auf“, so Fiona Czerniawska von der Forschungseinrichtung Source Information Service gegenüber der FT.
In den Jahren 2011 bis 2013 übernahmen die großen Vier Wirtschaftsprüfer 66 Beratungsfirmen, somit macht das Consulting weltweit wieder 60 Prozent ihrer gesamten Umsätze aus und sie sind mittlerweile dabei, beim Wachstum die traditionellen Beraterfirmen zu überholen.
Experten sehen durch den Beratungschwerpunkt die Wirtschafts-Prüfung als wichtige Kontroll-Funktion für die Kapitalmärkte in Gefahr.„Wirtschaftsprüfung ist eine lebenswichtige öffentlichen Dienstleistung, aber sie ist nicht mehr das Kerngeschäft der Prüfungsfirmen“, so Stella Fearnley, von der Bournemouth University in Großbritannien. „Sie haben sich zu Beratern entwickelt, mit dem Ziel, Geld zu verdienen. Das ist sehr gefährlich.“
2011 versuchte der damalige EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier strenge Reformen durchzusetzen und die Unternehmen zu zwingen, ihre Prüfungs- und Beratungssegmente strikt zu trennen. Die Reform wurde durch intensive Lobbyarbeit der Konzerne jedoch verhindert. Stattdessen wurde ein Rotationssystem eingeführt, das Unternehmen verpflichtet, die Prüfung alle zehn Jahre neu auszuschreiben und alle 20 Jahre zu wechseln. Zudem wurde festgelegt, dass mindestens 30 Prozent ihrer Gebühreneinnahmen auch aus Prüfungsleistungen stammen müssen, bestimmte Beratungsdienste wurden ihnen zudem verboten.
Das führte allerdings nur zu einem Karussell-Verfahren und die ständigen Wechsel der Anbieter haben das Problem der Interessenkonflikte nur verschärft, da die Wirtschaftsprüfer sich bei jedem Wechsel neu zwischen Prüfungsarbeit oder lukrativerer Beratungsarbeit entscheiden mussten.
Die Herausforderung für die Regulierungsbehörden wird verstärkt durch die Tatsache, dass es nur vier großen Prüfungsgesellschaften gibt, die überhaupt in der Lage sind multinationale Unternehmen prüfen zu können. Die Industrie kann es sich nicht leisten, eine der Firmen wegen Regulierungsdruck oder Wettbewerbsdruck zu verlieren.
Sproul von Deloitte Consulting sagt dazu: „Es wäre für den Markt ein enormer Nachteil, wenn es nur noch drei Prüfungsunternehmen gäbe.“ Es sei daher wichtig, sicherzustellen, dass die Wirtschafts-Prüfung für die Unternehmen attraktiv bleibt. Steigender Preisdruck, zu hoher Regulierungsdruck oder ein erhöhtes Risiko für Rechtsstreitigkeiten bergen die Gefahr, das Geschäft gänzlich unattraktiv zu machen. Ein langjähriger ehemaliger Partner bei einem der vier großen Unternehmen sagt: „Es ist eine faustische Beziehung. Wenn wir einen der „Großen Vier“ verlieren stünden wir vor noch viel größeren Problemen“.
Alle diese Bedenken hinsichtlich Prüfungsqualität und Unabhängigkeit werden von der schieren und steigenden Größe der Prüfungsunternehmen verschärft. Fearnley dazu: „Gemeinsam mit den Banken sind auch die Wirtschaftsprüfer „too big to fail“ und zudem zu groß, um intern verwaltet zu werden und zu groß, um reguliert zu werden.“ Das Oligopol der großen Vier sei demnach wie ein Unfall, der darauf wartet, zu passieren.
Regen fällt, kalter Wind Himmel grau, Frau schlägt Kind Keine Nerven und so allein Das Paradies kann das nicht sein. Männer taumeln müd‘ nach Haus Die kalte Seele fliegt hinaus Kind muß weinen, Kind muß schrei’n Schrei’n macht müde und Kind schläft ein Ich hab‘ Heimweh Fernweh? Sehnsucht Ich weiß nicht, was es ist Keine Sterne in der Nacht Kleines Kind ist aufgewacht Kind fragt, wo die Sterne sind Ach was weiß denn – ich mein Kind. Ist der große schiefe Mond Eigentlich von wem bewohnt Warum ist der Himmel leer Ist da oben keiner mehr? Ich hab Sehnsucht Ich will nur weg Ganz weit weg Ich will raus! Warum hast Du mich gebor’n Bevor ich da war, war ich schon verlor’n Land der Henker, Niemandsland Das Paradies ist abgebrannt Ich hab‘ Heimweh Fernweh? Sehnsucht Ich weiß nicht, was es ist Ich will nur weg Ganz weit weg
Massentierhaltung ist beim Verbraucher verpönt. Bauern versprechen mehr Tierschutz im Stall. Doch Glücksschweine zu Discount-Preisen sind nicht zu produzieren. Seit Jahren streiten die Deutschen, was sich in der industriellen Nutztierhaltung ändern muss. 80 Prozent der Verbraucher wollen angeblich mehr zahlen für tierschutzgerechte Lebensmittel. Doch an Ladentheken ist billig König und das Leiden der Tiere kaum Thema.
von Jörg Göbel und Christian Rohde
59 Kilogramm Fleisch, dazu 218 Eier und rund 84 Liter Milch – das ist der Jahresverbrauch der Deutschen, vom Baby bis zum Greis. Jeder verspeist in seinem Leben vier Rinder, 46 Schweine und 945 Hühner. Eine ganze Menge und das so preiswert wie nie. Die Deutschen geben im Vergleich zu ihren europäischen Nachbarn ziemlich wenig für Lebensmittel aus, es sind gerade zehn Prozent des Pro-Kopf-Einkommens. Dafür fordern sie sehr lautstark mehr Tierschutz. Am besten: Schweine im Stroh, freilaufende Hühner mit Hahn auf dem Mist oder Mutterkühe auf der Weide mit niedlichen Kälbchen. Doch zwischen Verbraucherwunsch und landwirtschaftlicher Produktionsrealität liegen Welten.
Millionenfacher Mord an Eintagsküken
Seit der Industrialisierung der Eierproduktion werden Hühner entweder auf Legeleistung oder auf Fleischansatz gezüchtet. Die Folge: Männliche Küken der Legelinien werden direkt nach dem Schlupf getötet, millionenfach vergast. Seit Jahren ist das Problem ungelöst. Der Chef der weltweit größten Brüterei etwa setzt auf großtechnische Lösungen – die Erkennung des Geschlechts im Ei.
Ein anderer Geflügelhof wiederum zieht die männlichen Küken mit groß und vermarktet sie als Bruderhähne, aufwendig und mit mäßigem wirtschaftlichen Erfolg, dafür mit besserem Gewissen. Einige Züchter wollen zurück zu einer Hühnerzucht, wie sie früher üblich war, ohne dass die Hälfte der Tiere einfach in der Abfalltonne landet.
Billiges Schweinefleisch
Die Hochleistungszucht bei Sauen hat viele Auswirkungen. Die Tiere gebären mehr Ferkel als die Sauen Zitzen haben. Sie sind weitaus größer, breiter und schwerer als noch vor 20 Jahren. Die Folge: Es gehört auch zum Geschäft, dass überzählige Ferkel einfach an der Stallwand totgeschlagen werden. Sogenannte Kümmerlinge – schwache, kleine Ferkel – kann sich kaum ein Landwirt leisten, zu Zehntausenden landen sie in Kadavertonnen. Und die immer größeren Sauen müssen ihr halbes Leben in viel zu engen Kastenständen verbringen, eingepfercht hinter Gittern. Frontal21 begleitet Schweinemäster bei der Arbeit, zeigt, in welchen ökonomischen Zwängen die Landwirte stecken und fragt, ob mehr Tierschutz möglich ist und was das kostet. Derzeit steht einer der größten Schweinezüchter Europas vor Gericht, aber eine Verurteilung fürchtet er nicht. Frontal21 deckt auf, wie die Agrarlobby es bis heute schafft, Tierschutzgesetze aufzuweichen und zu umgehen.
Schlachtung trächtiger Hochleistungsrinder
Eigentlich sollte die Geburt eines Kälbchens ein freudiges Ereignis sein. Doch wenn das Neugeborene ein männliches Tier, ein Stierkalb ist, haben manche Milchbauern ein Problem. Stierkälber geben keine Milch und sind für die Mast ungeeignet. Viehhändler zahlen mancherorts nur noch Ramschpreise. Lohnt da die Aufzucht noch? In Großbritannien und Neuseeland werden viele Stierkälber nach der Geburt erschossen. Droht in Deutschland Ähnliches? (Anmerkung: da hätten sie zumindest einen schnellen Tod und würden nicht massakriert und unsäglich gequält. Ich möchte jedenfalls als Tier nicht auf die Welt kommen).
Die Milchpreise sind im freien Fall und Bauern unter Druck. Dazu kommt: Jahrzehntelange Hochleistungszucht hat nicht nur die jährliche Milchleistung auf mehr als 10.000 Liter gesteigert, sie hat die Kühe auch anfälliger gemacht für Krankheiten. Sie landen immer schneller im Schlachthof – darunter häufig auch trächtige Rinder. Die Kälberembryonen sterben einen qualvollen Erstickungstod.Frontal21 trifft Milchbauern, ist bei der Geburt eines Kälbchens dabei und beim Feilschen um den Wert des Tierlebens, redet mit Tierärzten über die Schlachtung trächtiger Rinder und befragt Politiker, warum Hochleistungszucht mit Todesfolge nicht längst verboten ist.
„Die jüngsten Opfer“: Petition gegen EU-Kälberexporte
EU-Kälbertransporte – bis zu 4000 km!
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Unsere englische Partner-Organisation CIWF hat jetzt neues Videomaterial über Lebendtier-Exporte aus der EU gesammelt und veröffentlicht. Darin wird aufgezeigt, daß viele der schwächsten Tiere unter entsetzlichen Bedingungen Tausende von Kilometern bis nach Israel und Gaza exportiert werden! Hungrig und erschöpft, werden nur wenige Wochen alte Kälber durch die ganze EU gekarrt, um dann auf rostige Tiertransportschiffe geprügelt zu werden. Diejenigen, die auf dem Meer sterben, werden oft achtlos über Bord geworfen. Andere wiederum sind von dem Horrortrip derartig geschwächt, daß sie kurz danach in der Quarantäne sterben.
„Wir sind von den Ergebnissen unserer aktuellen Recherche über Lebendtier-Exporte aus der EU entsetzt. 4.000 Kilometer sind eine lange Reise für jeden. Aber was wäre, wenn Sie – als ein noch säugendes Kalb – so weit verschickt würden, nur um am Zielort gemästet und geschlachtet zu werden? Dies ist eine Reise unermeßlichen Leids“, so ein Mitglied des Recherche-Teams.
Die jungen Tiere leiden an Hunger, Erschöpfung, brutalen Schlägen sowie schrecklichen Lebens- und Schlachtbedingungen, die allesamt in der EU illegal wären. Die „Reise“ vieler Kälber beginnt oft bereits in Ungarn, Rumänien oder Litauen. „In Litauen haben wir Export-Kälber gesehen, die viel zu schwach für einen Transport waren oder gerade starben. Solche Kälber wurden aber auf Vieh-LKWs verladen, um ihre lange Reise durch Europa erst zu beginnen. Viel zu oft mußten wir fundamentale Verstöße gegen die EU-Tiertransport-Richtlinien mitansehen – nicht einmal Futter und Wasser bekamen sie. Den Fahrern war das Leiden ihrer „Passagiere“ schlichtweg egal.“
Kälber, welche diese schreckliche Reise überleben, stehen außerhalb des ohnehin mehr als schwachen EU-Rechts. Sie werden in dreckigen Höfen gemästet und schließlich grausam in Israel oder sogar im Gazastreifen geschlachtet. Es gibt keine Rechtfertigung für diesen brutalen Handel und die einzige Lösung ist ein Verbot der Lebendtierexporte aus der EU! Unterschreiben Sie HIER die (englische) Petition gegen Kälbertransporte in- und außerhalb der EU.
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Zum Abschluß was rührend-Berührendes: Ganz fest klammert sich das junge Känguru „Doodlebug“ an seinen Teddybären. Seit es seine Mama verloren hat, scheint das große Plüschtier sein bester Freund zu sein. Das herzzerreißende Foto aus Australien hat mittlerweile das Internet erobert.
Mama verloren: Känguru tröstet sich mit Teddybär
Waisen-Känguru tröstet sich mit Teddybären
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Tim Beshara, der den niedlichen Schnappschuß auf Twitter veröffentlicht hat, ist von dem Echo erstaunt. „Ich hätte nicht gedacht, daß mein Foto sogar in Rußland, den USA und in Brasilien so viel Aufmerksamkeit erregt“, erklärte der Australier gegenüber der britischen „Daily Mail“. Das kleine Känguru dürfte aus dem Beutel gefallen sein oder seine Mutter verstarb. Deshalb kam Doodlebug in das Känguru-Waisenhaus von Tim Besharas Mutter, wo man versuchte, das Jungtier aufzumuntern.
Kaum zu glauben auf welche Politrüpel die Amerikaner reinfallen. Man liebt es scheinbar wenn einfach zu verstehende Schlagwörter gebraucht werden. Bei nur wenig logischem Denken müsste es schon eingehen, dass ein Millionär wenig von den Problemen einfach Leute versteht und nur eigene Interessen verfolgt. Bei all den Missständen im Land müsste man einsehen, dass solche Politiker sicher nichts zum Besseren wenden.
USA: Siegeszug der Populisten Trump & Sanders?
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Donald Trump. Bild: Flickr / Gage Skidmore CC BY-SA 2.0
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Ein Blick auf die Umfragen in Sachen US-Präsidentschaft zeigt, dass bei den Republikanern Donald Trump und bei den Demokraten Bernie Sanders vorne liegen. In schwierigen Zeiten haben es Populisten leicht, auch wenn sie selbst kaum etwas am System ändern können.
Von Marco Maier
Nun, es mögen mehrere Aspekte eine Rolle spielen, weshalb gerade der Politrüpel Donald Trump und der Sozialist Bernie Sanders in der Gunst der Bevölkerung so stark zulegen, doch der Hauptgrund dürfte vor allem in der desolaten Lage des Landes liegen. Und dann kommt natürlich noch die Abneigung gegenüber den Clans der Bushs und Clintons ins Spiel, die ein perfektes Beispiel für die Sippenwirtschaft der US-Eliten abgeben.
Donald Trump, der Populist und Politrabauke punktet vor allem bei den Konservativen und Rechten. Er nimmt sich kein Blatt vor den Mund und übt durchaus berechtigte Kritik am herrschenden System, welches durch die legale Bestechung mittels Wahlkampfgelder korrumpiert wurde. Man muss sich zum Beispiel zurecht fragen, wie das Ehepaar Clinton als ewige Staatsdiener ein dreistelliges Millionenvermögen zusammensparen konnte. Doch ob es Trump besser machen würde? Wohl eher nicht.
Bernie Sanders hingegen sammelt seine Sympathiepunkte vor allem bei den Verlierern des US-Systems und der gebildeten und liberalen Mittelschicht. Er will die USA faktisch „europäischer“ machen. Zumindest was den Sozialstaat und das Steuersystem anbelangt. Aber ohne entsprechende Unterstützung im Kongress wird es ihm nicht besser gehen als derzeit Barack Obama, der sich einer republikanischen Mehrheit gegenüber sieht.
Doch im Endeffekt spielt es ohnehin keine große Rolle, wer denn nun US-Präsident wird, zumal das ganze amerikanische Politsystem darauf aufgebaut ist, käufliche Politiker zu finden. Ohne Spenden gibt es keine Wahlkampffinanzierung – und diese kommen vor allem in der „hohen Politik“ hauptsächlich von den Konzernen. Das ganze US-System ist so heuchlerisch und verlogen, dass die Wahl des Präsidenten nur eine Show ist. Selbst der Friedensnobelpreisträger Barack Obama ließ Bomben über insgesamt 7 Staaten abregnen.
Allerdings ist es ein Zeichen für einen langsamen aber stetigen politischen Wandel in den USA, dass gerade Trump und Sanders dermaßen Populär sind. Immer mehr US-Amerikaner beginnen langsam zu erkennen, wie sehr sie von der Politik veräppelt werden. Egal ob sie nun im Herzen konservativ oder liberal sind. Es besteht also durchaus noch Hoffnung für das Land der unbegrenzten Möglichkeiten.
Man sieht hier wie groß die Kluft zwischen Sahra Wagenknecht und auf der anderen Seite Gregor Gysi und Parteichef der Linken, Riexinger ist, wenn sie Sahra Wagenknecht „zur Ordnung“ rufen. Vor allem Gysi möchte nur allzu gern in einer Koalition mitregieren und hat einen starken Zug zur Mitte. Nur, was unterscheidet dann Die Linke noch zur SPD? Gregor Gysi scheint mit starken Chamäleon-Eigenschaftet behaftet zu sein.
Euro-Kritik unerwünscht: Links-Partei pfeift Sahra Wagenknecht zurück
Die Führung der Links-Partei hat mit scharfen Worten auf die Kritik von Sahra Wagenknecht am Euro und an der EU reagiert: Gregor Gysi sagte, ein Zurück zu den alten Nationalstaaten in Europa dürfe es mit der Linken nicht geben. Parteichef Riexinger ist kategorisch gegen die Infragestellung des Euro.
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Beim Euro nicht auf einer Wellenlänge: Sahra Wagenknecht und Gregor Gysi. (Foto: dpa)
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Führende Politiker der Linkspartei sind auf Distanz zu den Euro-kritischen Äußerungen der künftigen Fraktionsvorsitzenden Sahra Wagenknecht gegangen. „Ein Zurück zu den alten Nationalstaaten in Europa, auch zum alten deutschen Nationalstaat, darf es mit der Linken nicht geben„, sagte der amtierende Fraktionschef Gregor Gysi der Saarbrücker Zeitung.
Der Vorsitzende der Linken, Bernd Riexinger, meinte gegenüber dem Blatt: Man habe eine gemeinsame Einschätzung, dass der Euro die schwachen Länder schwächer und die starken Länder stärker mache. „Deshalb ziehen wir in der Linken aber nicht die Schlussfolgerung: Raus aus dem Euro! Sondern wir sagen: Auf Dauer funktioniert diese Politik des wirtschaftlichen Ungleichgewichts nicht, das vor allem durch die deutschen Exportüberschüsse befeuert wird“, erläuterte Riexinger.
Wagenknecht, die schon während der Gysi-Rede im Bundestag auffallend wenig applaudiert hatte, hatte den Euro als fundamentales Problem für Europa ausgemacht: Alles deute darauf hin, dass es in der Euro-Zone immer mehr Integrationsschritte geben werde, die jede nationale Souveränität erledigten, so Wagenknecht. Als Beispiel nannte sie die Haushaltspolitik. «Die Währungsunion verengt die Spielräume der einzelnen Regierungen bis zur Handlungsunfähigkeit, das ist eine europaweite Abschaffung der Demokratie durch die Hintertür.» Deshalb müsse die Linke die Debatte führen, «ob sie sich dieser Logik weiterhin ausliefern will oder sich lieber für ein anderes Finanz- und Währungssystem stark macht».
Wagenknecht kritisiert die Pläne der EU und will die Rückkehr zu mehr nationaler Souveränität: «Alles deutet darauf hin, dass es immer mehr Integrationsschritte gibt, die jede nationale Souveränität erledigen. Wenn in Zukunft die Haushalts- und sogar die Lohnpolitik in den Mitgliedsstaaten von EU-Technokraten gesteuert werden soll, dann gibt es letztlich keinen Raum mehr für demokratische Entscheidungen, und die Ergebnisse von Wahlen werden so irrelevant, wie wir das gerade in Griechenland erleben.»
Kritik an Wagenknecht kam auch von den Grünen. Parteichefin Simone Peter sagt der Saarbrücker Zeitung: Es sei abwegig, sich vom Euro zu verabschieden. „Für mich bewegt sich die Linkspartei weiter weg von einer europäischen Partei. Sie begibt sich damit auf die Ebene der Nein-Sager in der Union, die ja auch den Grexit befürworten und damit die Einheit Europas in Gefahr bringen“.
Gregor Gysi hatte seinem Parteifreund Alexis Tsipras die Unterstützung verweigert und mit seiner Fraktion im Bundestag gegen neue Kredite für Griechenland gestimmt. Er beließ es dabei, seine Solidarität rein verbal zu begründen.
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Nicht nur, dass Tierversuche ethisch verwerflich sind, sie gaukeln auch noch eine falsche Sicherheit vor und bringen Menschen so in Gefahr. 197.000 Menschen sterben pro Jahr allein in der EU nur an den Nebenwirkungen von Medikamenten, die laut Tierversuch für den Menschen aber völlig ungefährlich hätten sein sollen.
Wie gut sind wissenschaftliche Argumente gegen Tierversuche?
Unsere Kampagne für ein besseres Tierversuchsgesetz im letzten Jahr hat mich mit vielen Personen zusammengebracht, die auf wissenschaftlicher Basis Für oder Wider Tierversuche argumentiert haben. Das ethische Argument gegen Tierversuche, jedenfalls wenn man Bewusstsein bei Tieren anerkennt, ist ziemlich klar. Doch insbesondere der Schweizer Hans Ruesch wird mit dem Bemühen verbunden, wissenschaftlich statt ethisch gegen Tierversuche zu argumentieren, wenn auch insbesondere Ruesch seine Aversion gegen ethische Argumente in pathologische Dimensionen trieb.
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Das wissenschaftliche Argument, kurz zusammengefasst, besagt, dass der Test der Wirkung von Substanzen im Menschen, von medizinisch bis toxikologisch, durch Versuche an nichtmenschlichen Tieren eine falsche Sicherheit vorgaukelt. Und tatsächlich unterscheiden sich verschiedene Tierarten – darunter der Mensch – physiologisch in so vieler Hinsicht, dass dieses Argument vieles für sich hat. 197.000 Menschen sterben pro Jahr allein in der EU nur an den Nebenwirkungen von Medikamenten, die laut Tierversuch für den Menschen aber völlig ungefährlich hätten sein sollen. Die EU finanzierte das „Adverse Drug Reaction“ Programm mit € 5,88 Millionen, dessen Ergebnisse im Oktober 2012 veröffentlicht wurden. Danach hätten viele Medikamente durch computergestütztes Data-mining schon viel früher als gefährlich ausgesondert werden können. 92% aller Medikamente, die im Tierversuch erfolgreich waren, zeigen beim Menschen entweder keine Wirkung oder sind sogar gefährlich. Das wissenschaftliche Argument gegen Tierversuche jedenfalls für die Abschätzung der Verträglichkeit von Stoffen, mit denen Menschen in Berührung kommen, von Medikamenten über Industriechemikalien bis zu Kosmetika, ist jedenfalls stark. Der EU-Kommissar für Gesundheit und Verbraucherschutz, Tonio Borg, hat jetzt bestätigt, an der Deadline für das Verbot von Tierversuchen an Kosmetika in der EU, dem 11. März 2013, festhalten zu wollen.
Doch zwei Drittel aller Tierversuche dienen nicht der Prüfung der Verträglichkeit von Substanzen für Menschen oder der medizinischen Wirkung von Medikamenten am Menschen. Gegen veterinärmedizinische Versuche am Tier lässt sich schon nicht mehr wissenschaftlich argumentieren. Ähnlich gelagert ist die Situation bei Tierversuchen in der Grundlagenforschung. Wenn ich wissen will, welche Auswirkung eine genetische Veränderung bei diesem oder jenem Tier hat, dann ist der entsprechende Tierversuch wissenschaftlich sicher vernünftig, wenn auch ethisch fragwürdig. Nicht von ungefähr sinkt seit Jahren die Anzahl von Tierversuchen für die Verträglichkeitsprüfung, während der Anteil der Grundlagenforschung in der Tierversuchsstatistik unaufhaltsam steigt: in Österreich zwischen 2000 und 2010 von 19,4% auf 32%.
Das New Scientist, als eine Zeitung, die die relevantesten neuen Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschung zusammenstellt, ist voll mit Tierversuchsberichten. Hier ist kein Ende abzusehen, die Ethik allein ist offenbar nicht Argument genug. Umso erfreulicher, dass in der Ausgabe vom 15. Dezember 2012, Seiten 32-33, unter dem Titel „humane solution“ die Kritik an Tierversuchen zweier ehemaliger ForscherInnen im Bereich der Pharmazie wiedergegeben wird. Allerdings sind die beiden mittlerweile im Safer Medicines Trust in England aktiv, der im Übrigen von einer beeindruckenden Liste von ForscherInnen aus dem Tierversuchsbereich unterstützt wird, http://www.safermedicines.org/advisors.shtml, obwohl er sich gegen Tierversuche wendet. Das allerdings hauptsächlich in Sachen Verträglichkeitstests – und der Kreis schließt sich.
Bis Tierversuche in der Grundlagenforschung aus rein ethischen Gründen beendet werden, wird wahrscheinlich noch viel Wasser die Donau hinunterfließen.
Murat Kurnaz„Die Wirklichkeit ist so brutal, dass man sie kaum zeigen kann“
Murat Kurnaz kam mit 19 Jahren nach Guantánamo. Im Interview spricht er über Folter, seinen Glauben und den Film „5 Jahre Leben“, der von seiner Zeit im Lager erzählt. von Hauke Friederichs
Der lange, rötliche Bart, den er bei der Rückkehr aus Guantánamo getragen hat, ist ab. Glatt rasiert, mit kurzen, gegelten Haaren sitzt Murat Kurnaz im Hamburger Literaturhaus. Er wirkt entspannt, erzählt ruhig von Folter und Misshandlungen. Auch wenn er über Demütigungen durch amerikanische Soldaten spricht, hebt er die Stimme nicht. Er wägt seine Worte, bevor er spricht. In den Verhören in Guantánamo hat er gelernt, welche Macht Worte haben.
Hektik bricht nur aus, als die Alarmanlage seines Autos losgeht, das vor dem Literaturhaus geparkt ist. Kurnaz drückt hastig auf die Fernbedienung, bis das Geheul verstummt. Er hat trainierte Oberarme und ein breites Kreuz. Er macht viel Kampfsport, wie früher, als er Türsteher vor Bremer Diskotheken war. Heute kämpft er vor allem um seinen Ruf. Immer noch hängt ihm die Bezeichnung „Bremer Taliban“ nach. Angebliche Pläne, dass er sich Terrorgruppen anschließen wollte, konnten ihm nie nachgewiesen werden.
ZEIT ONLINE: Wie stark bestimmt Guantánamo heute Ihr Leben?
Murat Kurnaz: Ich will diese Zeit auf keinen Fall vergessen oder verdrängen. Stattdessen versuche ich immer wieder, auf Guantánamo aufmerksam zu machen, um gegen den Fortbestand dieses Lagers zu kämpfen. Das ist wichtig für die Insassen in Guantánamo, das ist aber auch wichtig für mich. Guantánamo darf nicht in Vergessenheit geraten.
ZEIT ONLINE: Haben Sie sich deswegen an dem Filmprojekt 5 Jahre Leben beteiligt?
Kurnaz: Der Film basiert auf meinem Buch Fünf Jahre meines Lebens. Über meine Zeit in Guantánamo zu schreiben, hat mir geholfen. Das Buch sollte die Öffentlichkeit aufrütteln. Ich hoffe, dass nun auch der Film den Gefangenen in Guantánamo hilft. 5 Jahre Leben soll die Kinozuschauer dazu bringen, sich mit Guantánamo zu beschäftigen.
ZEIT ONLINE: Was haben Sie gedacht, als Sie den Film das erste Mal sahen?
Kurnaz: Mein erster Gedanke war, dass im Film alles ein wenig harmloser aussieht, als es in der Realität war. Extreme Folterszenen sind beispielsweise kaum zu sehen.
ZEIT ONLINE: Sie erlebten in Kandahar und Guantánamo Verhörmethoden, die gegen die Menschenrechte verstoßen: Waterboarding, Aufhängen an den Armen, Isolationshaft in Hitze- und Kältekammern, Schlaf- und Essensentzug. Hätte der Film die Folter stärker zeigen sollen?
Kurnaz: Nein. Die Wirklichkeit ist so brutal, dass man sie kaum zeigen kann. Die Filmcrew hat sich deshalb entschieden, manches nur anzudeuten und eher einen psychologischen als physischen Aspekt der Folter zu zeigen. Wahrscheinlich ist das gut so, sonst hätte der Film wohl keine Jugendfreigabe bekommen. In meinem Buch schildere ich detailliert, was ich ertragen habe – und alles konnte ich gar nicht schreiben, so schreckliche Dinge habe ich erlebt.
ZEIT ONLINE: Welches Erlebnis hat Sie am meisten belastet?
Kurnaz: Für mich gehörte zu den schlimmsten Erlebnissen in Guantánamo, mit ansehen zu müssen, wie junge Häftlinge brutal geschlagen wurden. Vor allem an ein Erlebnis denke ich immer wieder: Es gab viele giftige Tiere dort im Gefängnis. Als ein 14-jähriger Junge von einer Spinne gebissen wurde, eine schlimme Wunde hatte und nicht mehr aufstehen konnte, haben Wärter versucht, ihn mit Schlägen hochzutreiben. Sie haben ihn verprügelt und dann aus der Zelle geschleift. Das war ein besonders schlimmer Moment.
Murat Kurnaz kommt am 19. März 1982 in Bremen als Sohn türkischer Gastarbeiter zur Welt. Er besucht die Hauptschule, beginnt eine Lehre als Schiffsbauer und reist im Herbst 2001 nach seiner Hochzeit in der Türkei nach Pakistan.
Dort wird er festgenommen und an die Amerikaner verkauft. Sie bringen ihn nach Kandahar in Afghanistan und dann nach Guantánamo. Dort ist er von Januar 2002 bis August 2006 inhaftiert. Die deutsche Regierung verhindert zunächst seine Rückkehr. Durch das jahrelange Engagement seiner Anwälte kann Kurnaz am 24. August 2006 nach Deutschland zurückreisen.
2007 erscheint sein Buch Fünf Jahre meines Lebens. Kurnaz lebt in Bremen, ist in zweiter Ehe verheiratet und Vater einer Tochter.