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Von belltower.news – Auszug.
Kremlnahe Narrative verbreiten in Deutschland nicht nur Akteur*innen auf Social Media oder Webseiten aus der verschwörungsideologischen Medienlandschaft. Auch Politiker*innen von Parteien, die im Deutschen Bundestag vertreten sind, reproduzieren derartige Erzählungen. Ein Auszug aus der Broschüre „Eine Waffe im Informationskrieg“ der Amadeu Antonio Stiftung.
Von
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(Quelle: picture alliance/dpa | Monika Skolimowska)
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Dabei verdient insbesondere die AfD Beachtung. Fragwürdige Kontakte zwischen hochrangigen Parteimitgliedern und dem russischen Staat sind vielfach dokumentiert. Unser Interesse gilt hier der Verbreitung von Desinformation im engeren Sinne.
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Putin-freundliche und den Angriffskrieg relativierende Positionen finden sich unter- dessen nicht nur in der AfD und im rechtsradikalen Spektrum. Auch Gruppierungen der antiimperialistischen linken Szene und Politiker*innen der Partei Die Linke teilen und verbreiten derartige Narrative. So unterschiedlich beide Strömungen und beide Parteien auch sind, in ihrem Antiamerikanismus finden AfD und Die Linke deutliche Überschneidungen. Ein Beispiel ist die Bundestagsabgeordnete Sevim Dağdelen (Die Linke). Seit 2014 fällt Dağdelen im Kontext der Krim-Annexion und des Ukraine-Kriegs mit prorussischen Äußerungen auf. Die Süddeutsche Zeitung bezeichnete sie damals als „Putins U-Boot“. Unmittelbar vor Kriegsbeginn gab Dağdelen öffentlich der NATO und den USA die Schuld an der sich abzeichnenden Gewalteskalation. Das Eingreifen russischer Truppen deutete sie als Reaktion auf eine angeblich bevorstehende ukrainische Offensive im Donbas. Seit Kriegsbeginn veröffentlicht Dağdelen Artikel für die NachDenkSeiten. Außerdem beteiligte sie sich gemeinsam mit Oskar Lafontaine und anderen Parteigenoss*innen an der Konferenz „Ohne NATO leben“ – Ideen zum Frieden an der Humboldt-Universität. Laut Berliner Zeitung ließ sich die Grundlinie der Veranstaltung mit „Russland wurde von der hegemonialen Politik der USA provoziert“ wiedergeben.
Daneben trat mit Sahra Wagenknecht auch die einstige Fraktionsvorsitzende der Linken mit der Übernahme kremlnaher Positionen in Erscheinung – insbesondere in der Energiepreisdebatte. Für kontroverse Diskussionen sorgte etwa Wagenknechts Bundestagsrede vom 8. September 2022, in der sie von einem „Wirtschaftskrieg“ sprach, den Deutschland gegen Russland vom Zaun gebrochen habe. Dass gerade Putin Opfer ausländischer Aggression sein soll, kommt einer Täter-Opfer-Umkehr gleich. Auf ihrem reichweitenstarken YouTube-Kanal (fast 600.000 Abonnent*innen) verbreitet die rhetorisch
gewandte Politikerin ebenfalls Videos mit Titeln wie „Sehenden Auges in die Katastrophe? Wie die USA den Frieden verhindern.“ Im Angesicht der Energiekrise äußert Wagenknecht dort Thesen, die auch als Zustimmung zur rechtsextremen Mobilisierung zum „Heißen Herbst“ 2022 gelesen werden können: „Immer mehr Menschen allerdings gehen mittlerweile auch auf die Straße, um ihrem Unmut Luft zu machen und eine andere Politik einzufordern und ich denke, das ist wirklich dringend notwendig.“
Im Lichte solcher Einstellungen ist die Gefahr einer Querfrontbildung zwischen rechtsextremen Demokratiefeind*innen und den prorussischen Teilen der Linken nicht auszuschließen. Von rechten Strateg*innen wie Jürgen Elsässer wird diese Querfrontbildung im Rahmen des „Heißen Herbstes“ zumindest propagiert. Am 5. September 2022 lud Elsässer in Leipzig Wagenknecht auf seine Bühne ein. Zuvor war sie – laut eigener Angabe – von der Leipziger Kundgebung ihrer eigenen Partei als Rednerin ausgeladen worden. Die Querfrontstrategie hatte keinen Erfolg. Auch Wagenknecht ließ sich an dem Tag nicht in Leipzig blicken. Elsässer konnte am Ende nur einen „Sahra, Sahra“-Sprechchor anstimmen. AfD-Sprecherin Alice Weidel äußerte sich jedoch besorgt über Gerüchte, Wagenknecht könne eine eigene Partei gründen. Bei Themen und Klientel sieht sie offenbar Überschneidungspotenzial.
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