Auszug.
Wer Anna Netrebko kritisiert, der muss erst recht den nicht minder gefeierten Bass Ildar Abdrazakov unter die Lupe nehmen. Für die Direktoren der führenden Opernhäuser in Europa ist es an der Zeit, endlich zu handeln.
Wie die große, 2019 betagt verstorbene österreichische Kammersängerin Hilde Zadek wohl die aktuelle Situation einschätzen würde: Ein Sänger müsse ein globales Wissen haben, das weit über das eigentliche Fach hinausgehe und neben einem allgemeinen Verständnis für Kunst und einer Menschenkenntnis auch die Politik inkludiere, sagte sie in einem Ö1-Interview im Jahr 2011, das kürzlich erneut ausgestrahlt wurde. Ein Sänger müsse durch ein intensives Studium der Menschheitsthemen „zu einem wirklichen Menschen“ werden und nicht „bloß zu einem Sänger“, sonst sei er einer Verkörperung der jeweiligen Partie nicht gewachsen.
Mit dem Angriff von Putin-Russland auf die gesamte Ukraine vor einem Jahr wurde die Frage virulent, inwieweit sich vor allem russische Künstler und Künstlerinnen öffentlich gegen diesen imperialistischen Akt der Aggression positionieren sollten. Auf den ersten Blick liegt die Antwort auf der Hand: Gar nicht, denn die Gefahr, in der regimekritische Personen schweben, dürfe keinem Künstler zugemutet werden. Zugleich sollte klar sein: Wenn ein Künstler menschenverachtende Positionen vertritt, dann ist darauf zu reagieren, schließlich geht es im aktuellen Fall nicht um Russland oder das russische Volk, sondern um ein genozidales Regime, das bereits seit vielen Jahren Oppositionelle und sonstige Minderheiten sowie unabhängige Journalisten verfolgt und tötet – und dem Westen mittlerweile offen feindlich gegenübersteht. Weder geht es hier um die Meinungsfreiheit noch um eine politische Richtung, sondern um nichts weniger als um die Verteidigung unserer bürgerlich-liberalen Gesellschaft, die Aufrechterhaltung einer rechtsbasierten internationalen Ordnung und um demokratische Grundprinzipien, die trotz aller Schwierigkeiten hoffentlich noch von der Mehrheit der Menschen in Europa mitgetragen werden.
Laut ist es in dieser Frage seit je her um Anna Netrebko, die den Krieg zwar über diverse Sprecher, aber mit teilweise relativierenden Wortlauten verurteilen ließ (siehe dazu auch den vielbeachteten Kommentar von Martin Kienzl). Zugleich postet die Sopranistin in ihrem öffentlichen Instagram-Profil in regelmäßigen Abständen fast schon trotzig wirkende Selfies mit national-russischen Symbolen und bezeichnete das vergangene Jahr ebendort als „besser als das Jahr zuvor“. Nur Zufälle? Wohl kaum. Befragen lässt sie sich zu diesem Thema nicht – eine diesbezügliche Interviewanfrage von opern.news wurde abgelehnt.
Wenn Uwe Eric Laufenberg, der die Netrebko in Wiesbaden bekanntlich für die kommenden Maifestspiele engagiert hat, seinen Kritikern eine „Moralhysterie“ vorwirft, dann klingt das wie das Argument einer Person, die keine nennenswerte Argumente vorzuweisen hat. Gut möglich, dass Laufenberg, der bereits in der Coronazeit lauthals gegen die Einschätzungen von führenden Virologen geschwommen ist, in dieser Causa nun ebenfalls einfach nur auffallen möchte.
Die Fokussierung auf Anna Netrebko lenkt von weiteren, ähnlich gelagerten Fällen ab. Es ist nicht fair, die russische Wahlwienerin zu kritisieren und andere Problemfälle einfach laufen zu lassen. Etwa Ildar Abdrazakov: Der in seiner Hochblüte stehende Bass ist nicht nur Exklusivkünstler der Deutschen Grammophon, sondern überdies ein beliebter Gast auf Putins Propagandaveranstaltungen. Etwa im Mai 2022, als er auf dem St. Petersburger Palastplatz bei einem kitschig-verklärenden Friede-Freude-Eierkuchen-Konzert mehrere Arien sang – wie übrigens auch der italienische Sänger Vittorio Grigolo – und sich abseits der Bühne sichtlich vergnügt auf Instagram-Fotos ablichten ließ. Damals waren die Massaker von Butscha und Irpin bereits bekannt. Nur fünf Tage zuvor hatte er auf einer nicht weniger riesigen Bühne auf dem Roten Platz in Moskau gesungen, auf einer Festveranstaltung vor dem Taktstock von Valery Gergiev, bei der auch der ehemalige KGB-Agent Wladimir Michailowitsch Gundjajew sprach, heute besser bekannt als kriegstreiberischer Patriarch Kyrill. Der Pianist Denis Matsuev spielte ebenfalls auf dieser Veranstaltung, bei der auffallend viele Zuschauerplätze frei blieben. Im September 2022 trat Abdrazakov im Rahmen des Östlichen Wirtschaftsforums in Wladiwostok auf, ebenfalls gemeinsam mit Gergiev. Bei dieser Veranstaltung begrüßte Putin die Kriegshandlungen als Reinigung von „schädlichen“ Elementen innerhalb Russlands.
Die Gesundheit überwiegt alle anderen Segnungen des Lebens so weit, dass ein wirklich gesunder Bettler glücklicher ist als ein kranker König.
Wer einmal das Vertrauen missbraucht hat, verliert es für immer.
Reichtum ist wie Meerwasser, je mehr wir trinken, desto durstiger werden wir, und dasselbe gilt für den Ruhm.
Meistens belehrt uns erst der Verlust über den Wert der Dinge.
Wir büßen drei Viertel von uns selbst ein, um wie andere Menschen zu sein.
Aus der Sicht der Jugend ist das Leben eine endlose Zukunft, aus der Sicht des Alters ist es eine sehr kurze Vergangenheit.
Lesen ist Denken mit dem Kopf eines anderen statt mit dem eigenen.
Die ersten vierzig Jahre unseres Lebens liefern den Text, die folgenden dreißig den Kommentar dazu, der uns den wahren Sinn und Zusammenhang des Textes nebst der Moral und aller Feinheiten desselben erst recht verstehen lehrt.
Gewöhnliche Menschen überlegen nur, wie sie ihre Zeit verbringen. Ein intelligenter Mensch versucht, sie zu nutzen.
Man kann jedem Menschen zuhören, aber nicht jeder ist es wert, dass man mit ihm spricht.
Das Leben ist ein ständiger Prozess des Sterbens.
Jeder Mensch hält die Grenzen seines eigenen Gesichtsfeldes für die Grenzen der Welt.
Heiraten bedeutet, seine Rechte zu halbieren und seine Pflichten zu verdoppeln.
Es ist besser seinen Verstand in der Stille zu finden als im Gespräch.
Wer die Einsamkeit nicht mag, mag die Freiheit nicht, denn nur allein kann man frei sein.
Seit vier Jahren reist Martin mit dem Motorrad um die Welt. Auf einer dieser Reisen traf er auf seine jetzige Reisebegleitung: die Katze Mogli. Sie hat nicht nur die Art des Reisens für Martin verändert, sondern gibt ihm auch ein Gefühl von Zuhause – ganz gleich, wo die beiden gerade sind.
Für Martin Klauka, der aus einem kleinen Dorf in Brandenburg stammt, war schon als Kind klar: ein normaler Alltag in Deutschland – das ist nichts für ihn. Dennoch hat es einige Jahre gedauert, bis er schließlich mit 31 Jahren alle Zelte abbaute, um mit seinem Motorrad die Welt zu erkunden. Im März 2017 fand er dann während seiner Reise durch Marokko eine kleine, zwei Monate alte Katze auf der Straße – der Anfang eines ganz neuen Reisekapitels von Martin und Mogli.
„Wo Mogli ist, fühle ich mich zuhause. Damit kommt dann auch keine Einsamkeit auf.“
Martin Klauka, reist mit Motorrad und Katze um die Welt
Und dann kam Mogli…
Schwach, dreckig und verletzt hat Martin die kleine Katze auf den Straßen von Marokko in Erinnerung. Als er sie traf, kam sie gleich in seinen Arm und blieb den ganzen Abend dort, erinnert er sich. Als er die Katze für eine Nacht bei sich behielt und ein paar Motorradprobefahrten mit ihr unternahm, war klar: Wenn es im August wieder auf die nächste große Tour geht, wird Mogli dabei sein.
„Ich habe sie dann auf das Motorrad gesetzt und wir sind eine Runde gefahren. Das hat dann relativ gut geklappt.“
Martin Klauka, reist mit Motorrad und Katze um die Welt
Allein in den ersten beiden Jahren hat er mit der jungen Katze 16 Länder bereist und mehr als 30.000 Kilometer zurückgelegt – von Dubai über Südosteuropa in die Türkei und weiter durch den Iran bis in die Vereinigten Arabischen Emirate.
So viel Fahrtkomfort für eine Katze wie möglich
Auf den Reisen war Martin wichig, Mogli immer an einer Leine zu haben, damit sie nicht durch plötzliche Geräusche davon läuft oder auf die Straße rennt. Da sie durch viele, sehr heiße Länder reisen, hat Martin irgendwann beschlossen, in den ehemaligen Kamerarucksack, in dem Mogli mitfährt, eine kleine Klimaanlage einzubauen.
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Mogli in einer klimatisierten Reisetasche
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Ab und zu, wenn Mogli Lust hat, setzt sie sich auch auf Martins Schulter beim Fahren. Ob Mogli ihr außergewöhnliches Katzenleben gefällt, kann Martin nur schwer sagen. Aber sie kenne es nicht anders und arrangiere sich schnell mit den neuen Orten, sagt er.
Wie eine Katze das Reisen verändert
Wenn Martin und Mogli sich an einem neuen Ort niederlassen, checkt Martin immer, dass es genug Rückzugsorte für Mogli gibt und keine Feinde wie Hunde, große Eulen oder auch Leoparden in der Nähe sind. Die eingeschränkte Ortswahl ist nicht das Einzige, das Martin in Kauf nimmt, um mit Mogli reisen zu können.
Schon simple Dinge wie Sand für das Katzenklo oder Katzenfutter seien nicht überall erhältlich. Manchmal fühle es sich an, wie mit einem Kind zu reisen, sagt er. Aber er habe sich das selbst ausgesucht und deshalb sei es ganz selbstverständlich, so zu reisen.
„Es ist fast, wie mit einem Kind zu reisen. Man ist schon ein bisschen gebunden.“
Martin Klauka über das Reisen mit einer Katze
Und auch seine Fahrweise habe sich durch Mogli verändert. Oft fährt er mit 30 km/h Slalom um Schlaglöcher herum, damit es keine Erschütterungen gibt und entscheidet sich gegen Off-Road-Routen, obwohl diese zum Fahren reizvoller wären. Bei starker Hitze bricht er in den frühen Morgenstunden auf, weil sonst auch die kleine Klimaanlage Moglis Fahrplatz nicht genug kühlen könne.
Auf seinem Instagram-Account hält Martin seine Reisen mit Mogli fest. Außerdem hat er seine Reisen in dem Buch „Einmal mit der Katze um die halbe Welt“ niedergeschrieben.
Deutschland ist weiterhin erstmal keine Option
Gerade lebt Martin mit Mogli in Uttarakhand in Indien in der Nähe des Himalaya Gebirges. Auf knapp 2000 Meter wohnt er in einem kleinen Dorf mit 1000 Menschen mitten in den Hügeln. Hier hatte er sich vor drei Jahren schon mal niedergelassen und sich seit Ausbruch der Corona-Pandemie wieder für diesen idyllischen Ort entschieden. Nach Deutschland zurückzukehren, kann sich Martin derzeit nicht vorstellen.
Mein Körper gehört auch beim Sterben mir. Bei dieser Selbstbestimmung hat kein Staat oder eine andere Institution dreinzureden. Dazu hat man auch das Recht, wenn man nicht unheilbar krank ist oder starke Schmerzen hat, entschied das Bundesverfassungsgericht.
Die Neuregelung der Sterbehilfe in der 20. Wahlperiode
Über zwei Jahre ist es nun schon her, dass das Bundesverfassungsgericht § 217 StGB für verfassungswidrig erklärt hat. Der Senat stellte in seiner wegweisenden Entscheidung fest, dass jeder Mensch ein grundrechtlich verbürgtes Recht auf selbstbestimmtes Sterben hat. Dieses umfasst auch die Hilfe anderer.
Die Beantwortung der Frage, wie das Recht auf selbstbestimmtes Sterben zukünftig legislativ eingebettet werden soll, ist jedoch Aufgabe des Gesetzgebers. Bereits in der vergangenen Wahlperiode haben wir als eine interfraktionelle Gruppe aus Abgeordneten, bestehend aus mir, Katrin Helling-Plahr (FDP), sowie Dr. Petra Sitte (Linke), Dr. Karl Lauterbach (SPD), Swen Schulz (SPD) und Otto Fricke (FDP), einen Vorstoß gewagt und einen liberalen Gesetzesentwurf ausgearbeitet, der eine Regelung der Suizidhilfe außerhalb des Strafrechts vorsieht. Nach einer personellen Neuaufstellung unserer Gruppe – nun unter Mitwirkung von Helge Lindh (SPD) und Till Steffen (Bündnis 90/Die Grünen) – gilt es nun in der 20. Wahlperiode keine Zeit mehr zu verlieren.
Damit die Debatte wieder fahrt aufnimmt, haben wir im März 2022 eine Podiumsdiskussion über die Neuregelung der Sterbehilfe veranstaltet, an der neben Abgeordneten der Gruppe zahlreiche Expertinnen und Experten teilgenommen haben. Am 18. Mai 2022 folgte sodann die Orientierungsdebatte im Bundestag, bei der wir noch einige Mitstreiterinnen und Mitstreiter für unseren Gesetzentwurf gewinnen konnten. In Kalenderwoche 25 steht nun die erste Lesung unseres Gesetzentwurfes im Plenum an.
Im Mittelpunkt dieses Entwurfes steht der Einzelne, der mit seinem Sterbewunsch nicht länger allein gelassen werden soll. Wir wollen allen Beteiligten einerseits Rechtssicherheit bieten sowie andererseits ein niedrigschwelliges Beratungsangebot zur Seite stellen.
Welche Erwägungen uns noch bei der Erstellung unseres Gesetzentwurfes geleitet haben, können Sie in unserem FAQ nachlesen.
„Die Story im Ersten: Sterbehilfe“ – Harald Mayer kämpft um seinen Tod
Stand: 21.11.2022
Tina Soliman hat den unheilbar kranken Harald Mayer vier Jahre lang mit der Kamera bei seinem Kampf um einen selbstbestimmten Tod begleitet. Der eindringliche Film läuft heute ab 22.20 Uhr im Ersten und ist schon jetzt in der ARD Mediathek abrufbar.
Für jeden Handgriff braucht er einen Pfleger: nachts, wenn er sich umdrehen will, zum Naseputzen, Zudecken, Tränentrocknen. Harald Mayer lebt in totaler Abhängigkeit. Multiple Sklerose hat ihn bewegungsunfähig gemacht. Der ehemalige Feuerwehrmann hat Angst, dass er bald weder schlucken noch atmen kann. Und trotzdem weiterleben muss. Bei vollem Bewusstsein. „Das Leben, das ich habe, das ist kein Leben mehr!“ Harald Mayer will Sterbehilfe.
Assistierter Suizid gesetzlich erlaubt
Die hat er nie bekommen. Denn 2015 hatte der Bundestag die sogenannte geschäftsmäßige Sterbehilfe verboten. Doch das Bundesverfassungsgericht erklärte dieses Gesetz später für grundrechtswidrig, der assistierte Suizid ist seit dem Urteil ohne jede Einschränkung erlaubt. Der Bundestag muss die Sterbehilfe nun neu regeln, wenn er sie einschränken will. Darauf hofft Harald Mayer. Der Schwerstkranke kämpft seit Jahren vor Gericht um die Herausgabe eines Medikaments, dass ihn sanft im Kreis seiner Familie entschlafen ließe. Einer Sterbehilfe-Organisation möchte er sich nicht anvertrauen.
„Die Story im Ersten: Sterbehilfe“ zeigt unterschiedliche Perspektiven
Die vielfach preisgekrönte Autorin Tina Soliman hat den unheilbar kranken Harald Mayer vier Jahre lang mit der Kamera bei seinem Kampf um einen selbstbestimmten Tod begleitet. Entstanden ist ein eindringlicher, oft sehr berührender Film, der die Sterbehilfe aus ganz unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet.
Harald Mayer will Sterbehilfe: Für jeden Handgriff braucht er einen Pfleger, nachts, wenn er sich umdrehen will, zum Naseputzen, Tränentrocknen. Harald Mayer lebt in totaler Abhängigkeit. Multiple Sklerose hat ihn bewegungsunfähig gemacht.
Nichts erschüttert weniger die Welt als ein lebenslang gebückter Rücken – und nichts erhält sie mehr.
Warum dringt aus den Büchern über die Geschichte so selten der Schrei derer, die darin zugrunde gehn?
Was Schopenhauer von der Philosophie sagt – «Eine Philosophie, in der man zwischen den Seiten nicht die Tränen, das Heulen und Zähneklappern und das furchtbare Getöse des gegenseitigen allgemeinen Mordens hört, ist keine Philosophie» –, gilt es nicht hundertmal mehr von der Geschichtsschreibung? Es ist die Geschichtsschreibung, die die großen Verbrechen salonfähig macht. Und die großen Verbrecher berühmt.
Die sogenannte Ehre: Das meiste, was dafür geschah und geschieht, gehört zum Unehrenhaftesten auf Erden.
Wer wirklich lebt, lebt stets zur rechten Zeit. Doch gibt es Zeiten, die es fast unmöglich machen, wirklich zu leben.
Meine Skepsis bewahrt mich davor, Fanatiker zu werden – wovor noch kein Glaube geschützt hat.
Ich kann die ‹großen Wahrheiten› nicht sehen, schon wegen des Blutes daran.
Der Tag, an dem ein Mensch einsieht, nie und nimmer alles zu wissen, ist ein Trauertag, notiert Julian Green. Ich dagegen finde selbst das wenige, das ich weiß, eigentlich schon zu viel, um damit leben zu können.
Ich bin ungebildet – das Ergebnis lebenslanger Studien.
Wenig lernte ich im Lauf des Lebens so begreifen wie die Unbegreiflichkeit des Ganzen.
«Die Realität ist eine Illusion», sagt Einstein. Und die Illusion? Eine Realität.
Jede Ungewißheit, auf die ich stoße, flößt mir mehr Vertrauen ein als alle Gewißheit ringsum.
Die Geheimnisse der Welt ertrage ich gut; nicht die Erklärungen dafür.
Das Leben wird immer schöner, sagte Stifter, je länger man lebt – und brachte sich um.
Alles tiefe Denken entspringt dem Zweifel und endet darin.
Lieber möchte ich in tausend Zweifeln sterben als um den Preis der Lüge in der Euphorie. Warum also nicht alles metaphysische Gemunkel preisgeben, jeden religiösen (und nicht religiösen) Absolutheitsanspruch, jede religiöse (und nichtreligiöse) Intoleranz? Warum nicht friedlich und freundlich werden, zum Wissen erziehen, soweit man wissen kann, und zur Liebe – in einem kurzen Leben auf einer änigmatischen Welt?
Das Hauptmotiv des Unsterblichkeitsglaubens ist unser Selbsterhaltungstrieb. Einwände sind da ziemlich zwecklos.“
Psychologisch gesehen, war kaum Gott das erste Interesse des Menschen, sondern die eigene Fortexistenz. Als deren Garantie gleichsam mag er den Höchsten hinzuerfunden haben.
Alles tiefe Denken entspringt dem Zweifel und endet darin.
Jede Ungewißheit, auf die ich stoße, flößt mir mehr Vertrauen ein als alle Gewißheit ringsum.
Meine Skepsis bewahrt mich davor, Fanatiker zu werden – wovor noch kein Glaube geschützt hat.
Hardy Krüger war vor allem in seinen älteren Jahren ein vorbildlicher Kämpfer gegen das Vergessen und gegen Rechtsextreme. Er kämpfte gegen alte und neue Nazis.
Sein Vater war ein fanatischer NS-Anhänger und hätte anderes vorgehabt mit seinem Sohn.
Von dw.com
In seiner Jugend stand Hardy Krüger vor einer steilen NS-Karriere. Doch nach dem Krieg wurde er Filmstar und Kämpfer gegen rechte Gewalt. Nun ist er im Alter von 93 Jahren gestorben.
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Hardy Krüger war ein internationaler Star
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„Mit dem Tod bin ich aufgewachsen, ich hatte mich an ihn gewöhnt“, antwortete Hardy Krüger 2018 in einem Interview kurz vor seinem 90. Geburtstag auf die Frage, ob er sich vor dem Tod fürchte. Der Filmstar im Ruhestand verwies auf all das, was er überlebt hatte: Fronteinsätze im Zweiten Weltkrieg, Bombenkrieg, Todesurteil und Erschießungskommando. „So viel Glück kann ein einzelner Mensch gar nicht haben“, resümierte er.
Jetzt teilte seine Künstleragentur in Hamburg mit, dass Krüger im Alter von 93 gestorben ist. „Unser tiefes Mitgefühl gilt seiner Ehefrau Anita, mit der er 46 Jahre lang glücklich zusammen war, und seiner Familie“, so die Agentur.
Die NS-Karriere zu Füßen
Die keineswegs glückliche Zeit der Weltwirtschaftskrise ist es, in die Eberhard August Franz Ewald Krüger am 12. April 1928 im rauen Berliner Stadtteil Wedding hineingeboren wird. Der Vater, ein Ingenieur, ist Fan von Adolf Hitler und frühes NSDAP-Mitglied. Zu Hause auf dem Klavier steht eine Büste Hitlers.
„Ich bin als Nazi erzogen worden“, erzählte Krüger immer wieder mit Blick auf seine Eltern und Lehrer. Mit dreizehn wird er gar auf der sogenannten Ordensburg im bayerischen Sonthofen aufgenommen: eine NS-Kaderschmiede, die die künftige Elite des Regimes formen soll.
Als Nazi-Eliteschüler wirkt Krüger 1943 in einer Nebenrolle im Film „Junge Adler“ mit. Ausgerechnet bei den Dreharbeiten zu diesem NS-Propaganda-Streifen hört Krüger im vertrauten Gespräch von einem älteren Schauspieler den Satz über Hitler, der sein Leben verändert: „Dein Halbgott, dieser österreichische Anstreicher, der ist ein Verbrecher.“ Krüger erfährt, was in Lagern wie Bergen-Belsen und Dachau geschieht.
Todesurteil
Gerade als er seinen Glauben an Regime und „Endsieg“ verloren hat, wird Krüger im Frühjahr 1945 mit der SS-Einheit „Nibelungen“ an die Front befohlen. Als er sich weigert, auf US-Soldaten zu schießen, verurteilt ihn ein Standgericht wegen „Feigheit vor dem Feind“ zum Tod durch Erschießen. Doch der SS-Mann, der das Urteil vollstrecken soll, schießt nicht. Weil Krüger, damals sechzehn Jahre alt, noch ausgesehen habe wie ein Kind, vermutet dieser später.
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Jahre nach dem Krieg spielte Hardy Krüger im Kriegsfilm „Die Brücke von Arnheim“ mit
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Stattdessen wird er nun als Melder in den Bombenhagel geschickt. Einen Meldegang in den Alpen nutzt Krüger zur Desertion, gerät später aber in US-Kriegsgefangenschaft. Und wieder hat er Glück. Ein US-Captain lässt ihn laufen. Auch als er kurz darauf in die Hände sowjetischer Soldaten gerät, kann er entkommen. Nach einmonatiger Flucht durch Süddeutschland gelangt Eberhard Krüger zurück nach Berlin. Im Jahr 1945 kommt er ins zerstörte Hamburg.
Der Entschluss, Schauspieler zu werden, ist längst durch Bühne und Radio gereift. Doch der deutsche Film ist Krüger zu seicht. Die französische „Nouvelle Vague“ hat es ihm angetan. Also geht er 1954 zum Klinkenputzen nach Paris, wo man nicht auf ihn gewartet hat: „Deutsche wie Sie hatten wir hier genug, zu Hunderttausenden, in grauer Uniform. Wir können Sie hier nicht brauchen, hauen Sie ab“, bekommt er zu hören.
Durchbruch mit „Einer kam durch“
Auch die Engländer wollen zunächst nichts von ihm wissen. Doch 1957 kann er im Kriegsfilm „Einer kam durch“ den Fliegeroffizier Franz von Werra spielen, dem mehrfach die Flucht aus britischer Kriegsgefangenschaft gelang. Die Premiere des Films ist die Geburtsstunde des internationalen Filmstars Hardy Krüger.
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Hardy Krüger: Vom NS-Eliteschüler zum Hollywoodstar
„Nur einer kam durch“
Im 1957 erschienenen britischen Kriegsfilm „The One That Got Away“, der in Deutschland als „Nur einer kam durch“ in die Kinos kam, spielte Hardy Krüger den deutschen Fliegeroffizier Franz von Werra, den einzigen deutschen Soldaten, dem die Flucht aus britischer Kriegsgefangenschaft gelang.
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1957, Krüger lebt inzwischen als international beachteter Schauspieler in England, wird die Synagoge in Köln mit Hakenkreuzen beschmiert. Krüger ist entsetzt und richtet sich mit einem Artikel in der britischen „Daily Mail“ an seine deutschen Landsleute: Er könne nicht verstehen, wieso Alt-Nazis Lehrer werden dürfen, die KPD aber verboten sei. Der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer schimpft über diesen „jungen Deutschen, der die Bundesregierung von England aus belehren“ wolle. Hardy Krüger kann er damit nicht zum Schweigen bringen.
Kampf gegen alte und neue Nazis
Über Jahrzehnte setzt Krüger seine Prominenz und Ressourcen ein, „jeden Alt-Nazi und jeden neuen Nazi“ zu bekämpfen. Mit unzähligen Schulbesuchen, Vorträgen und 2014 mit der Initiative „Gemeinsam gegen rechte Gewalt“ tritt er noch mit fast 90 Jahren neonazistischen Tendenzen entgegen. In seinen letzten Jahrzehnten, in denen Krüger mit seine Frau Anita in Kalifornien und Hamburg lebt, musste er erleben, dass sein Engagement gegen Rechts in Deutschland wieder dringlicher wurde.
Jetzt ist der gebürtige Berliner für immer verstummt.
Einen großen Dank an den Lektor Gieselbusch, dass er das grandiose Werk Deschners über die „Kriminalgeschichte des Christentums“ mit seinen nahezu 6000 Seiten, hartnäckig beim Rowohlt Verlag durchgesetzt hat. Das Werk wird die Zeit überdauern.
Michael Schmidt-Salomon über die „Kriminalgeschichte des Christentums“ von Karlheinz Deschner
«Ich möchte das Werk zu einer der größten Anklagen machen, die je ein Mensch gegen die Geschichte des Menschen erhoben hat.» Mit diesen Worten endete das Exposé zur Kriminalgeschichte des Christentums, das Karlheinz Deschner dem Rowohlt Verlag im Frühjahr 1970 übersandte. Heute, 43 Jahre später, ist es vollbracht– und der Autor hat nicht zu viel versprochen:
Tatsächlich ist die Kriminalgeschichte des Christentums eine der größten Anklageschriften, die jemals verfasst wurden. In 10 Bänden mit nahezu 6000 Seiten und mehr als 100.000 Quellenbelegen hat Deschner eine Generalabrechnung mit der «Religion der Nächstenliebe» vorgelegt, die in der Weltliteratur ihresgleichen sucht.
Völlig zu Recht gilt das Werk als Meilenstein der modernen Religionskritik, ja: der kritischen Geschichtsschreibung schlechthin. Das liegt nicht nur an der Fülle der Inhalte, die Deschner entgegen allen Denktabus zur Sprache bringt, sondern auch an der Brillanz der Darstellung: Bei Deschner treffen die besten Elemente von Wissenschaft, Philosophie und Kunst aufeinander, vereinigen sich kritische Rationalität, humanistisches Ethos, künstlerische Sensitivität und ästhetische Gestaltungskraft zu einer einzigartigen Synthese. Da ist kein Wort zu viel, keines zu wenig, ein fulminanter Spannungsbogen zieht sich durch das gesamte Werk, vom furiosen Auftakt des ersten Bandes bis zum Schlusswort des letzten.
Die Kriminalgeschichte des Christentums erscheint uns heute in ihrem monumentalen Aufbau so stringent und urwüchsig wie eine gotische Kathedrale oder eine Bruckner-Sinfonie, weshalb es kaum vorstellbar ist, dass sie ursprünglich nur einen einzigen schmalen Band umfassen sollte. Tatsächlich stand in dem Vertrag, den Rowohlt 1970 mit Deschner abschloss, dass der Autor bis Ende 1972 ein höchstens 350-seitiges Manuskript vorlegen sollte. Im Zuge der Ausarbeitung nahm das Projekt jedoch immer größere Dimensionen an. Aus dem einen Band wurden bald zwei Bände («Von Konstantin dem Großen bis zum Hochmittelalter» und «Vom Spätmittelalter bis zur Gegenwart»), kurz darauf drei («Von den Anfängen bis zu Karl dem Großen», «Von Kaiser Karl bis Martin Luther» und «Von Luther bis heute»), Ende der 1970er Jahre – noch immer war keine einzige Zeile der Kriminalgeschichte erschienen! – stellte der Autor eine 6-bändige Ausgabe in Aussicht (ein Band Antike, zwei Bände Mittelalter, drei Bände Neuzeit).
Es ist nicht zuletzt dem Engagement von Hermann Gieselbusch, Deschners langjährigem Lektor bei Rowohlt, zu verdanken, dass der Verlag das Projekt nicht vorzeitig zu den Akten legte. Man kann sich leicht vorstellen, wie groß der Druck gewesen sein muss, der auf Gieselbusch lastete, zumal Deschner zwischen dem Abschluss des Vertrags bei Rowohlt und dem Erscheinen des ersten Bandes der Kriminalgeschichte zwölf (!) weitere Bücher (u. a. «Das Kreuz mit der Kirche» und «Ein Jahrhundert Heilsgeschichte») bei fremden (!) Verlagen veröffentlichte, um den Lebensunterhalt seiner Familie zu sichern. Wahrscheinlich glaubte bei Rowohlt Anfang der 1980er Jahre kaum noch jemand an Deschners Opus magnum, doch Gieselbusch, von Autor und Werk begeistert, gab nicht auf. Ein- bis zweimal im Jahr besuchte er Deschner in Haßfurt, um das Projekt mit ihm zu besprechen.
Diese Hartnäckigkeit zahlte sich aus: Im September 1986, 16 Jahre nach Vertragsabschluss, kam der erste Band der Kriminalgeschichte des Christentums auf den Markt. Und augenblicklich stand Deschner wieder im Fokus der Öffentlichkeit, wie schon nach der Publikation seiner literarischen Streitschrift «Kitsch, Konvention und Kunst» (1957) oder der ersten großen Christentumskritik «Abermals krähte der Hahn» (1962). Unzählige Einladungen zu Lesungen, Vorträgen, Podiumsdiskussionen, Rundfunk- und Fernsehsendungen folgten. Glücklicherweise hatte er so viel vorgearbeitet, dass die Bände 2 (1988) und 3 (1990) trotz der zusätzlichen Belastung rasch aufeinander folgen konnten.
Hätte er diesen Zweijahresrhythmus eingehalten, wäre Band 10 bereits 2004, zu seinem 80. Geburtstag, herausgekommen. Doch nun forderten die vielfältigen Verpflichtungen ihren Tribut, weshalb Band 4 erst 1994, vier Jahre nach Band 3, erschien. Hermann Gieselbusch und Herbert Steffen, der Deschners Werk nach dem Tod des Mäzens Alfred Schwarz unterstützte, waren alarmiert: Bei gleichbleibender Frequenz würde Band 10 erst 2018 erscheinen – zum 94. Geburtstag Deschners! Die Zweifel wuchsen, ob er angesichts seines fortgeschrittenen Alters die Mammutaufgabe einer Vollendung der Kriminalgeschichteüberhaupt noch bewältigen konnte.
Doch der Autor widerlegte alle Zweifel: In rascher Folge erschienen die Bände 5(1997), 6 (1999), 7 (2002) und 8 (2004). Nach seinem 80. Geburtstag musste Deschner jedoch immer häufiger Pausen einlegen. Und so dauerte es vier Jahre bis zur Veröffentlichung des neunten Bandes (2008), weitere fünf Jahre bis zum Erscheinen des zehnten (2013).
Auch wenn seine Leserinnen und Leser es nicht merken werden, für den Autor war die Arbeit an diesem letzten Band streckenweise eine Tortur. Umso glücklicher dürfen wir uns schätzen, dass nun, 40 Jahre nach dem ursprünglichen Veröffentlichungstermin, die Kriminalgeschichte des Christentums vollständig vorliegt. Dass die Darstellung nur bis zur Französischen Revolution reicht, ist nicht dramatisch. Schließt doch das große Werk über die neuere Politik der Päpste (1982/83; 1991) – gleichsam der 11. Band der Kriminalgeschichte (Wiederveröffentlichung 2013 im Alibri Verlag) – nahtlos an die Thematik des 10. Bandes an.
Der lange Atem, den Deschner, sein Lektor Gieselbusch, der Rowohlt Verlag sowie die vielen Unterstützer des Autors in den letzten Jahrzehnten bewiesen haben, hat sich gelohnt: Denn im Unterschied zu den Nullbotschaften, die Jahr für Jahr den Büchermarkt überschwemmen, wird Deschners Werk Bestand haben – nicht nur, weil die Themen, die dieser leidenschaftliche Aufklärer behandelte, aktuell bleiben werden, sondern vor allem, weil Schriftsteller seines Formats seltene Ausnahmeerscheinungen sind in dem Meer der Mittelmäßigkeit, das uns umgibt.