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Noam Chomsky: Die meisten US-Intellektuellen sind moralisch verkommen   Leave a comment

Hier zeigt Noam Chomsky in einem Interview auf was man von dem „Friedensengel“ Barack Obama zu halten hat und mit ihm von den meisten US-Intellektuellen. Die Verkommenheit ist kaum noch zu überbieten. Obama lässt viel mehr Menschen durch Drohnen töten als es Bush noch getan hatte. Obama hat diese weltweit betriebene Mordkampagne stark ausgeweitet. Das völlig an allen weltweit geltenden Rechtsnormen vorbei.

Hier ein kleiner Auszug aus Hintergrund.de
Von NOAM CHOMSKY und ERIC BAILEY, 2. Januar 2013

Eric Bailey: In den letzten vier Jahren hat sich Politik der USA – was die Menschenrechte angeht – einschneidend verändert. Einer der wenigen Fälle, in denen die Demokratische und die Republikanische Partei im Laufe der letzten vier Jahre zusammengearbeitet haben, war die Verabschiedung des National Defense Authorization Act / NDAA (des Gesetzes zur nationalen Verteidigung im Jahr 2012. Mit diesem Gesetz wurde dem US-Militär die Macht gegeben, US-Bürger ohne Anklage, Gerichtsverhandlung oder ein anderes gesetzliches Verfahren unbegrenzt einzusperren; bis heute versucht die Obama-Regierung mit allen juristischen Tricks zu verhindern, dass ein Bundesgericht dieses Gesetz für verfassungswidrig erklärt. Auf Obamas Anordnung wurden ohne gerichtliche Überprüfung bereits drei zu Al-Qaida gehörende US-Bürger ermordet, darunter auch Anwar al-Awlaki und sein 16-jähriger Sohn. Außerdem wird das Gefangenenlager in der Guantánamo Bay weiter benutzt, der Patriot Act blieb in Kraft und die Befugnisse der Transportation Security Administration / TSA wurden mit halsbrecherischer Geschwindigkeit ausgeweitet.

Wie sehen Sie die Einstellung der US-Regierung zu den Menschenrechten in den letzten vier Jahren, und wie ist die Politik Obamas im Vergleich zu der seines Vorgängers George W. Bush zu bewerten?

Noam Chomsky: Obamas Politik ist der Bushs sehr ähnlich, es gibt nur geringe Unterschiede; das ist auch keine große Überraschung. Die Demokraten haben ja Bushs Politik unterstützt. Um sich als Partei (von den Republikanern) abzuheben, haben sie zwar manchmal opponiert, waren aber grundsätzlich mit Bushs Politik einverstanden, und es kann niemand überraschen, dass sie das auch heute noch sind. In mancher Hinsicht ist Obama sogar weiter als Bush gegangen. Der NDAA, den Sie erwähnt haben, wurde nicht von Obama in den Kongress eingebracht, und als dieses Gesetz verabschiedet wurde, sagte Obama, er billige es nicht und werde es nicht in Kraft setzen. Dann hat er aber auf ein Veto verzichtet und den NDAA trotzdem unterzeichnet. Das Gesetz wurde auch von (demokratischen) Falken wie Joe Lieberman mit durchgeboxt.

Tatsächlich hat kaum ein „Change“ (Wandel) stattgefunden. Das Schlimmste am NDAA ist, dass er eine (illegale) Praxis, die schon bestand, nachträglich legalisierte. Die (bereits vorher angewandten rechtswidrigen) Methoden haben sich dadurch nicht geändert.
Die Bestimmung, die in der Öffentlichkeit am meisten Aufmerksamkeit erregte, haben Sie schon erwähnt: die unbegrenzte Inhaftierung von US-Bürgern. Aber warum soll es überhaupt erlaubt sein, Bürger anderer Nationalitäten unbegrenzt wegzusperren? Das ist ein grober Verstoß gegen fundamentale Menschenrechte und gegen geltende Gesetze, ein Rückfall hinter die aus dem 13. Jahrhundert stammende Magna Charta; dieser schwere Angriff auf die elementaren Bürgerrechte hat zwar unter Bush begonnen, wurde aber unter Obama fortgesetzt. Er wurde und wird von beiden Parteien unterstützt.

Zu den Tötungen (ohne Gerichtsverfahren) ist zu sagen, dass Obama diese weltweit betriebene Mordkampagne stark ausgeweitet hat. Bush hat zwar damit angefangen, aber Obama hat sie verstärkt und lässt auch US-Bürger ermorden. Auch das geschah wieder mit dem Einverständnis beider Parteien, nur bei der Ermordung des ersten US-Amerikaners gab es leise Kritik. Ich frage aber noch einmal: Wer gibt uns das Recht, überhaupt irgend jemanden zu ermorden? Stellen Sie sich zum Beispiel einmal vor, der Iran ließe Mitglieder des Kongresses ermorden, die einen Angriff auf den Iran fordern. Würden wir das gutheißen? Der Iran hätte zwar gut zu rechtfertigende Gründe, wir würden sein Verhalten aber natürlich als eine Kriegshandlung ansehen.

Die wirkliche Frage ist doch: Darf in staatlichem Auftrag überhaupt gemordet werden? Die Regierung hat ausdrücklich bestätigt, dass Obama diese Morde persönlich anordnet, wobei die Begründung dafür sehr schwach ist. Wenn zum Beispiel über eine Drohne eine Gruppe von Männern beim Beladen eines Lastwagens beobachtet wird und der Verdacht besteht, dass sie feindliche Kämpfer sein könnten, glaubt man sie umbringen zu dürfen, weil sie als schuldig betrachtet werden; hinterher könnte sich aber herausstellen, dass sie völlig harmlos waren. Schon die Begründung der US-Regierung für diese Morde ist eine derart grobe Verletzung grundlegender Menschenrechte, dass sie völlig indiskutabel ist.

Die Erfordernis eines ordentlichen Gerichtsverfahrens besteht, seit die USA eine Verfassung haben, die besagt, dass niemand ohne Gerichtsverfahren seiner Rechte (zum Beispiel seines Rechtes auf Leben) beraubt werden darf; dieser Rechtsgrundsatz wurde – wie schon gesagt – bereits im 13. Jahrhundert in England formuliert. Deshalb erhebt sich die Frage: Darf überhaupt auf ein ordentliches Gerichtsverfahren verzichtet werden? Obamas De-facto-Justizminister Eric Holder erklärte dazu, das ordentliche Gerichtsverfahren werde in diesen Fällen durch vorher von der Exekutive durchgeführte Beratungen ersetzt. Das ist noch nicht einmal ein schlechter Witz! Die britischen Könige des 13. Jahrhunderts hätten Holder applaudiert: „Wir müssen den Mord nur vorher bereden, dann gilt das schon als ordentliches Gerichtsverfahren.“ Auch diese Interpretation haben beide Parteien ohne Kontroverse akzeptiert.

Die gleiche Frage können wir auch zur (angeblichen) Ermordung Osama bin Ladens stellen. Ich sage bewusst „Ermordung“. Wenn schwer bewaffnete Elitesoldaten einen unbewaffneten, sich nicht wehrenden Verdächtigen im Kreis seiner Frauen festnehmen sollen, ihn aber stattdessen erschießen und seinen Leichnam ohne vorherige Obduktion im Meer entsorgen, kann das nur Mord genannt werden. Ich habe bin Laden auch bewusst als „Verdächtigen“ bezeichnet. Der Grund dafür ist ein anderer Rechtsgrundsatz, der auch auf das 13. Jahrhundert zurückgeht und besagt, dass ein Mensch so lange als unschuldig zu gelten hat, bis seine Schuld (gerichtlich) erwiesen ist. Davor steht er nur unter Verdacht. In den USA wurde Osama bin Laden im Zusammenhang mit den Anschlägen am 11.09. (2001) nie formell angeklagt, und ein wichtiger Grund für diese Unterlassung war, dass ihm die Verantwortung dafür nicht nachgewiesen werden konnte. (Auf dem Steckbrief, mit dem das FBI bin Laden gesucht hat, werden ihm diese Anschläge noch nicht einmal vorgeworfen. Acht Monate nach dem 11.09. und nach seiner bis zu diesem Zeitpunkt intensivsten Untersuchung erklärte das FBI, es „vermute“, dass die Anschläge in Afghanistan geplant und in den Vereinigten Arabischen Emiraten, in Deutschland und natürlich in den USA vorbereitet worden seien – ohne bin Laden überhaupt zu erwähnen. Das war acht Monate nach den Anschlägen, und bis heute konnte das FBI den Verdacht gegen bin Laden nicht erhärten.

Ich selbst glaube, dass der Verdacht (gegen bin Laden) zu Recht bestand, es gibt aber einen gewaltigen Unterschied zwischen einer berechtigten Annahme und einer nachgewiesenen Schuld. Auch wenn bin Laden schuldig war, hätte er gefangen genommen und vor Gericht gestellt werden müssen. Das schreibt das anglo-amerikanische Recht vor, das sich in acht Jahrhunderten entwickelt hat. Er hätte nicht ermordet werden dürfen, und sein Leichnam hätte auch nicht ohne Autopsie beseitigt werden dürfen, obwohl das allgemein für gut befunden wurde. Ich habe zu den wenigen gehört, die einen kritischen Artikel über dieses (rechtswidrige) Vorgehen geschrieben haben und wurde dafür auch von linken Kommentatoren hart angegriffen; weil bin Laden im Verdacht stand, Verbrechen gegen die USA begangen zu haben, sei er unbestreitbar zu Recht ermordet worden. Diese auch unter Intellektuellen weit verbreitete Einstellung sagt viel über die erschreckende „moralische Verkommenheit“ des ganzen intellektuellen Spektrums der USA aus. Dass Obama diese (illegale) Praxis auch noch ausgeweitet hat, sollte deshalb niemand überraschen. Die (innere) Fäulnis ist aber noch viel weiter fortschritten.

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Noam Chomsky: Die meisten US-Intellektuellen sind moralisch verkommen

 

Gruß Hubert

Veröffentlicht 15. Januar 2013 von hubert wenzl in Politik

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