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Um die GDL zu verstehen, muss man ein wenig zurückgehen und auch vor allem die Rolle der und die unrühmliche Rolle der DGB-Gewerkschaft Transnet durchleuchten. Der damalige Transnet-Vorsitzende Norbert Hansen versuchte sogar alles mögliche, um seine Partei, die SPD, von den Privatisierungsplänen des damaligen Bahnchefs Hartmut Mehdorn zu begeistern. Transnet über Jahre hinweg bei genauer Betrachtung eigentlich eher Vertreter der Arbeitgeberseite. Kein Wunder bei diesem Parteihintergrund von Hansen. Verrat hat bei der SPD ja Tradition. Die Hetzjagd gegen Weselsky demonstriert vorzüglich wie Medien und Establishment unter einer Decke stecken.
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Die Lokomotivführergewerkschaft GDL hat es in diesen Tagen nicht eben leicht. Ihr Vorsitzender Claus Weselsky wird in den Medien als eine Art Atilla der Lokführerkönig dargestellt, während der Streik der Eisenbahner in der veröffentlichten Meinung zum Untergang des Abendlandes hochgeschrieben wird. Hinter den Kulissen wurde zur heiligen Hetzjagd auf das Gespenst der Lokführergewerkschaft geblasen – beteiligt ist neben der Deutschen Bahn AG, den Medien und der SPD auch die DGB-Gewerkschaft EVG, die im offenen Clinch mit der GDL liegt. Dabei hat die GDL allen Grund, der EVG ein wenig Konkurrenz zu machen. Die EVG und vor allem deren Vorgängerin Transnet ist nämlich nicht gerade ein Ruhmesblatt für die Geschichte der Gewerkschaften in Deutschland.
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Auch wenn die GDL erst in den letzten Jahren öffentlich wahrgenommen wurde, kann sie auf eine sehr lange Geschichte zurückblicken. Nachdem die Weimarer Verfassung auch Beamten die Koalitionsfreiheit einräumte, entstand 1919 die GDL. In der Bundesrepublik gehörte die GDL dem Deutschen Beamtenbund an. Bis 2008 kannte dennoch kaum jemand die GDL. Warum ausgerechnet 2008? Um diese Frage zu beantworten, muss man ein wenig in der Zeit zurückspringen. Seit den 1990ern tobte in der Politik ein mit harten Bandagen geführter Kampf um die Privatisierung der Deutschen Bahn. Auf gewerkschaftlicher Seite spielte dabei vor allem die DGB-Gewerkschaft Transnet eine führende und durchaus unrühmliche Rolle. Transnet war damals – was für eine Arbeitnehmervertreterin durchaus ungewöhnlich ist – eine, wenn nicht sogar die, führende Befürworterin einer Teil- bzw. Kapitalprivatisierung der Deutschen Bahn. Der damalige Transnet-Vorsitzende Norbert Hansen versuchte sogar alles mögliche, um seine Partei, die SPD, von den Privatisierungsplänen des damaligen Bahnchefs Hartmut Mehdorn zu begeistern.
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Auch ansonsten waren Hansen und Transnet über Jahre hinweg bei genauer Betrachtung eigentlich eher Vertreter der Arbeitgeberseite und setzten sich geflissentlich über die Interessen der Arbeitnehmer weg. Transnet ist beispielsweise dafür mitverantwortlich, dass die Deutsche Bahn systematisch Leiharbeiter als Lokführer einstellen konnte – Jahre später konnte die GDL durch ihre Streiks dieses „Geschenk“ von Transnet an Mehdorn revidieren.
Zum großen Zusammenstoß mit der GDL kam es 2007, als Transnet einen Tarifvertrag mit der Deutschen Bahn unterzeichnete, der es der Bahn gestattete, über fragwürdige Vertragsbedingungen neue Lokführer zu Stundenlöhnen von 7,50 Euro einzustellen. Nicht die „Lokführergewerkschaft“, sondern Transnet war laut Vertrag für diese „Lokführer zweiter Klasse“ verantwortlich, die formaljuristisch als „Mitarbeiter mit eisenbahnspezifischer Ausrichtung“ bezeichnet wurden.
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Dieser Frontalangriff weckte jedoch die Kampfeslust der GDL. Durch einen langwierigen Arbeitskampf konnte die GDL 2008 ihren ersten großen Sieg erringen und musste von der Deutschen Bahn in einem eigenständigen Tarifvertrag als vollwertige Arbeitnehmervertreterin anerkannt werden.
Im gleichen Jahr unterzeichnete die Konkurrenz von Transnet ihren moralischen Offenbarungseid – der Gewerkschaftsvorsitzende Norbert Hansen wechselte ohne jegliche Übergangszeit mit fliegenden Fahnen die Seiten und heuerte im Vorstand der Deutschen Bahn AG als neuer Arbeitsdirektor an. Der Gewerkschafter, der zuvor seine Kollegen an die Deutsche Bahn verraten hatte, kassierte nun auf der Arbeitgeberseite seinen Judaslohn. Für die nicht einmal zwei Jahre, die er im Vorstand der Deutschen Bahn AG verbrachte, überwies ihm das Staatsunternehmen inkl. Abfindung stolze 3,3 Millionen Euro. Einen derart massiven Fall von Korruption (nicht juristisch, aber sehr wohl moralisch) hat es in der deutschen Gewerkschaftsgeschichte wohl noch nie gegeben.
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Transnet verlor unter der Ägide Hansen jeglichen moralischen Anspruch, im Namen der Arbeitnehmer zu handeln. Hansens Nachfolger, Lothar Krauß, ebenfalls ein SPD-Mitglied, musste bereits nach sechs Monaten die Segel streichen, da es bei der Basis gar nicht gut ankam, dass Krauß einem Vergütungsplan der Bahn-Spitze seinen Segen gab, der den leitenden Bahn-Managern für den Fall eines Börsengangs fette Boni zusicherte. Der moralisch bankrotten DGB-Gewerkschaft Transnet liefen die Mitglieder weg und 2010 fusionierte sie schließlich mit der kleinen Beamtengewerkschaft GDBA, die auch zuvor schon die meisten Ungeheuerlichkeiten von Transnet mitgemacht hatte, zur neuen DGB-Gewerkschaft EVG (Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft), die sich seit ihrer Gründung vor allem dadurch einen Namen gemacht hat, Seit´ an Seit´ mit der Deutschen Bahn AG gegen die GDL vorzugehen. Die zahlreichen Sünden von Transnet waren natürlich eine Steilvorlage für die GDL, die 2008 und 2011 sehr erfolgreich in harten Arbeitskämpfen mit ausgedehnten Streiks die Folgen der Fraternisation zwischen der Deutschen Bahn AG und Transnet wieder wettmachen konnte.
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Einer der häufigsten Vorwürfe, der Spartengewerkschaften wie der GDL gemacht wird, ist, dass sie nur deshalb so stark sind, da ihre Mitglieder an Schlüsselstellen setzen, die bei einem Streik ganze Unternehmen lahmlegen können. Dieses Privileg werde dafür missbraucht, den eigenen Mitgliedern auf Kosten der anderen Beschäftigten Vorteile zu verschaffen. Rosinenpickerei, so lautet der Vorwurf. Doch dieser Vorwurf ist im Falle der GDL reichlich absurd. Durch einen 2007 unterzeichneten Grundlagentarifvertrag darf die GDL bei der Bahn nur für die Lokomotivführer Tarifverträge aushandeln. Doch dieser Grundlagentarifvertrag ist im Juni dieses Jahres ausgelaufen und die GDL beansprucht nun das Recht, für das gesamte Fahrpersonal Tarifverträge auszuhandeln. Zum Fahrpersonal gehören neben den Lokführern auch Zugbegleiter, Bordgastronomen, Disponenten, Rangierführer und Ausbilder. Die GDL streikt also auch, um eben keine Rosinenpickerei für eine „Funktionselite“ zu betreiben, sondern um möglichst vielen Mitarbeitern Vorteile durch die Schlagkraft der Lokführer zu veschaffen.
Von Jens Berger
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Hier weiterlesen
http://www.nachdenkseiten.de/?p=23772
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GDL-Streik
http://www.4shared.com/video/2_7mIQOBba/GDL-Streik__S_.html
Bahnstreik – Aus den Zeilen tropft Hass
Was hat Claus Weselsky den Medien eigentlich getan? Die BILD nennt ihn den „Größen-Bahnsinnigen“ und fordert ihre Leser auf, dem „Gewerkschafts-Boss“ unter der auf der Titelseite gedruckten Büronummer „die Meinung zu geigen“. Der Focus kürt ihn gar zum „meistgehassten Deutschen“ und präsentiert seinen Lesern Fotos vom Wohnhaus der Familie Weselsky samt genauer Ortsangabe. Selten tropfte so viel Hass aus den Zeilen. Und dieser Hass tropft offenbar auf fruchtbaren Boden, wie die von Medien eingesammelten O-Töne belegen. Die Wut der vom Streik betroffenen Bahn-Kunden ist freilich verständlich. Absolut unverständlich ist jedoch, dass aus dieser Wut auf den Streik ein kanalisierter Hass auf die Lokführer, die GDL oder gar Herrn Weselsky wird. Hier werden Opfer und Täter verwechselt. Lassen Sie sich bitte nicht ins Bockshorn jagen!
geschrieben am 06. November 2014 von Jens Berger
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In was für einer Gesellschaft leben wir eigentlich, wenn sich massenhaft „normale“ Menschen nicht mit den Schwachen solidarisieren, sondern durch einige, wenige Meinungsführer gegen die Schwachen aufgehetzt werden können? Haben wir nichts aus unserer Geschichte gelernt?
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Hier noch ein Kommentar.
Lazarus09 schrieb am 6. November 2014
Nein .. es ist die unglaubliche Dummheit der Deutschen Vollpfosten, denen man nicht nur in die Eier sondern sie auch in bitterste Armut treten kann während sie sich brav, devot bedanken, die nachweislich immer reicher werdenden Profiteure bewundern und sich an dem durch die Medien täglich hineingeworfenen Triebabfuhrkissen abarbeiten ….dafür von mir ein fettes fuck you
… Krieg ist Frieden ..hungern macht satt
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Hier weiterlesen:
http://www.spiegelfechter.com/wordpress/130891/bahnstreik-aus-den-zeilen-tropft-hass
Gruß Hubert
Wie tief ist der Journalismus, die politische Kultur, der Anstand in Deutschland schon gesunken.
Die BILD veranstaltet eine Hexenjagd.
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http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2014/11/06/gejagt-medien-veroeffentlichen-wohnhaus-und-telefon-nummer-von-weselsky/
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glG. Sabine
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Hi Sabine,
so sollte es sein:
Ein Grundrecht der Arbeiter-Streik bei der Bahn: Gewerkschaften müssen kämpfen, nicht kuschen!
Und nicht eine Gewerkschaft wie die EVG, die für den Arbeitgeber eintritt.
BILD, FOCUS, WELT sind bürgerliche Medien der übelsten Sorte, die niederste Instinkte wecken. Für solche Medien kann man sich nur schämen. Mich ärgert schon immer, wenn man von verschiedenen Seiten zum Beispiel auf Focus oder Welt verlinkt wird. Das sind unbeschreibliche Entgleisungen, die sich diese Medien erlauben. Tiefer kann Journalismus nicht sinken. Diese Hetze nützt den Eliten und nicht den Schwachen.
Hier noch einiges aus dem Inhalt von wirtschafts-nachrichten.de, deinem Link oben.
Auszug.
Deutschland braucht vor allem Medien, die noch die Grenze zwischen Kritik und Hetze erkennen.
Als große Geschichte titelt die Bild, deren Chefredakteur in einer WG im Silicon Valley angeblich gelernt hat, wie das Internet die Medien verändert: „Geigen Sie dem GDL-Chef die Meinung“ – es folgt die Telefonnummer seines Frankfurter Büros. Mit der Wortwahl wird zur Hatz auf Weselsky geblasen: Denn die Bild schreibt nicht, man solle Weselsky die Meinung „sagen“, sondern „geigen“ – eine unverhohlene Aufforderung zum aggressiven Tonfall. Hat eigentlich jemand an die Sekretärinnen gedacht, an die Telefonvermittler, die hinter dieser Nummer sitzen? Sind das keine Menschen, die ein Recht auf Privatsphäre haben?
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Was die solcherart informierten Bild-Leser zu sagen haben, kann man auf einer hörenswerten CD der Titanic hören (mit brillanten Antworten von Martin Sonneborn): Die Bild hatte vor Jahren ihre Leser aufgefordert, der Titanic wegen einer Anti-Beckenbauer-Kampagne die Meinung zu geigen. Die Leser machten von der Anregung regen Gebrauch (Ausschnitte hier: http://www.titanic-magazin.de/downloads/audio/bild-leser-beschimpfen-titanic/ ).
Noch infamer geht der Focus vor, der in der Vergangenheit durch besonders intelligente Schlagzeilen aufgefallen ist wie diese: „Frankreich muss sparen, sonst zündet die Finanz-Atombombe in der Eurozone.“ (der Artikel ist mittlerweile aus dem Archiv entfernt worden).
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Im Fall Weselsky haben sich die investigativen Kollegen des Focus aufgemacht, um die Wohnung des Gewerkschaftschefs ausfindig zu machen. Unter dem Titel: „So lebt der GDL-Chef – Weselskys Altbau-Fassade: So versteckt lebt Deutschlands oberster Streikführer“ werden Fotos von dem Haus gezeigt, in dem Weselsky angeblich wohnt. Der Sozialneid wird geschürt mit Sätzen wie: „In der Straße haben sich Rechtsanwälte und Psychologen niederlassen – und mittendrin lebt Weselsky in einem schmucken Altbauhaus.“ Dann entblödet sich das Magazin nicht, ein Klingelschild zu zeigen, auf dem steht: „Fam. Weselsky“. Die ausdrückliche Aufforderung, Sturm zu klingeln und dem GdL-Chef die Meinung zu geigen, spart sich das Magazin. Die Botschaft spricht für sich selbst.
Bereits in den vergangenen Wochen war eine regelrechte Jagd gegen Weselsky entbrannt. Sogar die FAZ hatte sich zu Ausfällen hinreißen lassen und, in Anspielung an einschlägige Schlagzeilen gegen Putin getitelt: „Stoppt diesen Mann!“
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Die Welt greift zum mittlerweile beliebten Mittel, Beschimpfungen aus den Sozialen Netzwerken aufzugreifen und in ihre Berichterstattung zu integrieren. So wird in einem Artikel heuchlerisch ein Tweet zitiert: „Die Kommentare richten sich immer mehr gegen seine Person und weniger gegen die Institution: ,Man möchte den #GDL-Bonzen teeren, federn und aus dem Land jagen…‘“. Nicht erwähnt wird, dass sich auch das Schwesternblatt Bild munter an der Jagd beteiligt – und zwar ohne den Umweg über Twitter oder Facebook.
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Sie gaukelt einen Zwang zur Harmonie vor, der in der Geschichte noch nie den Schwächsten der Gesellschaft genutzt hat, sondern immer den Eliten. Es ist kein Zufall, dass der Konflikt schon dazu verwendet wird, um das Streikrecht grundsätzlich in Frage zu stellen – frei nach dem Motto: Wie gut, dass es Leiharbeiter gibt, die haben keine Vertretung.
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Doch der Focus entlarvt sich selbst, indem er zugibt, dass er Weselsky längst nicht mehr für unbescholten hält. Da liest man: „Claus Weselsky – GDL-Chef und Streik-Führer – muss sich fühlen wir ein vorverurteilter Verdächtiger. Das öffentliche Urteil über ihn ist längst gesprochen. Klar, unmissverständlich und gegen den Angeklagten.“
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Diese Ausfälle sind ein alarmierendes Zeichen für den Niedergang der Medien-Branche: Niemand soll sich wundern, dass die Medien in der Bewertung der Bevölkerung ganz weit hinten liegen.
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Dieselben Medien sind bei Kritik an der Regierung übrigens eher zahm – kein Wunder: Die Zeitungen haben der Regierung das Zugeständnis abgerungen, den Mindestlohn für Zeitungsausträger noch eine Weile hinauszögern zu können – also jenen Schwächsten, die bei Wind und Wetter dafür sorgen, dass die Zeitungen zu den Abonnenten kommen. Die Verlage haben mit Tränen in den Augen beklagt, dass sie durch den Mindestlohn an die Zeitungsausträger an den Rand des Ruins getrieben wurden.
Hier weiterlesen
http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2014/11/06/gejagt-medien-veroeffentlichen-wohnhaus-und-telefon-nummer-von-weselsky/
Siehe auch:
Streik bei der Bahn: Gewerkschaften müssen kämpfen, nicht kuschen
http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2014/11/04/streik-bei-der-bahn-gewerkschaften-muessen-kaempfen-nicht-kuschen/
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glG. Hubert
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glG. Sabine
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