Archiv für 19. März 2022

Putins Rede weckt Erinnerungen an Stalinismus   5 comments

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Immer wenn Putin behauptet der Gegner denke an den Einsatz von geächteten Waffen, kann man gefasst sein, dass Russland selbst das dann tut.

So ist es jetzt auch mit dem Vorwurf die Ukraine experimentiere mit US-amerikanischer Hilfe mit biologischen Waffen. In seinen Reden fehlt auch nie der Hinweis man bekämpfe ein Nazi-Regime in der Ukraine und man bekämpfe Faschismus wie im 2. Weltkrieg.

Von de.nachrichten.yahoo.com

Am vergangenen Mittwoch wendete sich der russische Präsident mit einer Videonachricht an die Öffentlichkeit. In der Rede versuchte er, die Logik hinter dem Ukraine-Krieg zu erklären und griff seine eigene Bevölkerung mit scharfen Worten an. Dabei verdrehte der russische Präsident die Fakten, behauptete, Russland bemühe sich nach Kräften, um Friedensverhandlungen zu organisieren. „Unsere Soldaten tun alles in ihrer Macht stehende, um Verluste unter der Zivilbevölkerung ukrainischer Städte zu vermeiden“ so Putin.

Putin droht wie Stalin

Vieles in der Rede deutet allerdings eher auf verhärtete Fronten und ein weiteres Abrutschen Russlands in Richtung eines autoritären Systems hin, darin sind sich Beobachter*innen einig. Die Wortwahl erinnert manche sogar an Zeiten des Stalinismus. Von 1927 bis zu seinem Tod 1953 hatte Josef Stalin die Kommunistische Partei und die Sowjetunion mit eiserner Hand als Diktator gelenkt. In diesen Fußspuren sehen manche Russland-Expert*innen nun auch Wladimir Putin. Immer wieder beschwört der 69-Jährige die Bedrohung eines „Pro-Nazi-Regimes“ in der Ukraine herauf. Auch in seiner Rede am Mittwoch wiederholte er den Vorwurf, die Ukraine begehe einen „Völkermord“ im Donbass und experimentiere mit US-amerikanischer Hilfe mit biologischen Waffen. Putin warnt vor möglichen Massenvernichtungswaffen in ukrainischer Hand. All dies rechtfertige die russische Invasion, die nach wie vor nur als „militärische Spezialoperation“ bezeichnet werden darf.

Gesellschaft soll „Verräter ausspucken“

Doch nicht nur gegen den Westen, der Russland „canceln“ wolle und die angebliche Nazi-Bedrohung aus der Ukraine teilte Putin aus. Seine Rede adressierte auch die russische Bevölkerung und behauptete, das Land würde durch eine „Selbstreinigung der Gesellschaft“ stärker. Die Russ*innen könnten „die wahren Patrioten vom Abschaum und den Verrätern unterscheiden, um diese einfach auszuspucken“ drohte der Präsident. Es sind besonders diese Teile der Rede, die bei Historiker*innen den Vergleich zu Stalin hervorrufen.

Die Wissenschaftlerin Olga Lautman, die am Center for European Policy Analysis arbeitet, warnte auf Twitter, Putin wolle Russland zurück in die Zeit Stalins führen. „Russland reinigen, die Ukraine reinigen, Feinde überall,“ fasst Lautman die Rede im Duktus Stalins zusammen.

Auch der US-amerikanische Investor Bill Browder, der sich immer wieder lautstark zur Korruption im Kreml geäußert hatte, ist alarmiert vom Tonfall der Putin-Rede. „Das ist sehr, sehr beängstigend,“ schrieb Browder in einem Tweet. Putin fordere darin jeden im Ausland lebenden Russen auf, nach Hause zu kommen, oder als Verräter behandelt zu werden. „Die Sprache ist unglaublich.“

Expertin erwartet „Säuberungswelle“

Auch im Westen wird der Tonfall in Richtung Russland schärfer. US-Präsident Joe Biden nannte Putin ebenfalls am Mittwoch zum ersten Mal einen „Kriegsverbrecher“. Währenddessen ist Russland weiterhin durch Sanktionen isoliert. Wer es sich leisten kann, versucht, das Land zu verlassen. „Ich verdamme nicht diejenigen, die Villas in Miami oder der französischen Riviera haben und nicht ohne Foie Gras, Austern oder ‚Gender Freiheit‘ wie sie es nennen leben können“, richtete sich Putin in der Rede. Dabei machten seine Worte das Gegenteil deutlich.

Russland-Expertin Lautman jedenfalls ist sich sicher, dass bald „jeder zur fünften Kolonne gehören wird“, wie sie in einer Nachricht an „Yahoo-News“ schrieb. Als „fünfte Kolonne“ wurden im Kalten Krieg diejenigen bezeichnet, die verdächtigt wurden, heimlich mit den Interessen der anderen Seite zu sympathisieren oder sogar mit ihr zu kollaborieren. Lautman erwarte nun „eine Säuberungswelle innerhalb der Regierungsapparate, dem Militär und unter zivilen Bürgern“. Dies würde dann auch in der Umsetzung an Stalins Zeiten erinnern, in denen Millionen von Russ*innen drangsaliert, verhaftet und ermordet wurden. „Es war wirklich eine sehr düstere Rede,“ so Lautman.

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Putins Rede weckt Erinnerungen an Stalinismus