Archiv für 2. Mai 2022

In Memory of Karlheinz Deschner (Teil 22)   Leave a comment

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Rebloggt von Tierfreund und Religionskritiker Wolfgang. wolodja51.wordpress.com


Fortsetzung vom vergangenem Sonntag

Nun gibt es Christen, die gern jenen, der dem Bruder Esel predigte, den Vögeln, als Alibi benutzen, Franz von Assisi, diese fast singuläre Lichtgestalt in all den finsteren Geschehnissen der Kirchengeschichte. Seine Beziehung aber zum Tier, wie halbherzig auch immer – er wandte sich bei eklatanten Roheitsakten „nicht gegen die Roheit selbst und erst recht nicht gegen die Rohlinge persönlich“ (so der Bayreuther Soziologe Gotthard Teutsch) -, nahm die Kirche nie wirklich ernst und Papst Innozenz III. kommentierte, der Überlieferung zufolge, er solle doch den Schweinen predigen.

Und dreieinhalb Jahrhunderte später, 1567, verbot Pius V. – Inquisitor und heilig – durch die Bulle „De salute gregis“ zwar Stierkämpfe „für ewige Zeiten“, doch nicht, wie meist hingestellt, als Humanitätsakt gegenüber den Stieren und oft grauenhaft krepierenden Pferden, sondern nur, wie testiert, wegen der „häufigen Todesfälle von Menschen, Verstümmelungen menschlicher Glieder und Gefahr für das Seelenheil“. Wieder dreihundert Jahre darauf, Mitte des 19. Säkulums, untersagte Pius IX. die Eröffnung eines Tierschutzbüros in Rom, habe der Mensch doch, was Tiere betrifft, keinerlei Pflichten – und 1985 erfolgte der erste Schritt zu seiner Heiligsprechung kraft offizieller Anerkennung seiner „heroischen Tugend“.

Und heute? Klipp und klar erklärt 1993 der „Katechismus der Katholischen Kirche“: „Gott hat die Tiere unter die Herrschaft des Menschen gestellt, den er nach seinem Bilde geschaffen hat. Somit darf man sich der Tiere zur Ernährung und zur Herstellung von Kleidern bedienen. Man darf sie zähmen, um sie dem Menschen bei der Arbeit und in der Freizeit dienstbar zu machen. Medizinische und wissenschaftliche Tierversuche sind in vernünftigen Grenzen sittlich zulässig …“

Ja, hält dieser katholische Katechismus nicht weiter Tür und Tor offen für jede Scheußlichkeit gegenüber einer ganz und gar wehrlosen, ganz und gar schuldlosen, aber ganz und gar versklavten Kreatur? Gegenüber Geschöpfen, die oft in ihrem Erleben, Fühlen, wie Genetik, Biologie, Verhaltensforschung, wie ja auch alltägliche Erfahrungen zeigen, uns in vielem sehr ähnlich, uns nicht selten inniger, treuer zugetan sind selbst als menschliche Freunde?

Doch fort und fort darf das animal rationale mit (nicht nur) katholischem Plazet Leichen genießen, fort und fort darf es weiter sich vollstopfen mit Fleisch und Fisch bis zum Rande seines Fassungsvermögens, wofür Jahr um Jahr Milliarden „Mitgeschöpfe“ verröcheln müssen, weit mehr als die Hälfte unbetäubt ist ja auch nach den EKD-„Texten“ 1991, das „Gewaltverhältnis“ zwischen Mensch und Tier „grundsätzlich unaufhebbar“. Und weiter darf der Mensch, laut „Weltkatechismus“, sich geschäftlich der Tiere bedienen. Und wie bedient er sich? Indem er Robbenbabys vor den Augen ihrer Mütter zu Tode knüttelt. Indem er Karakullämmer gleichsam pränatal aus dem Mutterleib prügelt. Indem er in den Ferkel-, den Hühnerbatterien, den Mastboxen und Dunkelställen die ihm rettungslos, ihm wie Sachen, nein, wie Dreck Ausgelieferten derart zusammenpfercht, daß sie in ihrer Not einander Schwänze und Ohren abbeißen oder die eigenen Jungen fressen. Und seit dem 11. Dezember 1996 erlaubt unsere christliche Regierung das Halten von noch mehr Tieren als bisher „pro Anlage ohne Genehmigung“ – beinah dreimal soviel!

Man bedient sich der ohnmächtigen Kreatur, der „Mitgeschöpfe“, indem man ungezählte Kälbchen auf qualvollstem Transport ihren Schlächtern lebend, sterbend, schon krepiert, zukarrt, um die „Frühvermarktungs-„, die „Herodes-Prämie“ zu kassieren, ein Schimpf- und Schandgeld sondergleichen!

Das Monster der Schöpfung darf Tiere zum Amüsement gebrauchen. Und wie gebraucht es sie? Indem es Enten, Gänsen, Hühnern um die Wette die Köpfe abreißt. Indem es beim „Steer Busting“ Tiere mit dem Lasso an den Hinterläufen fängt und herumschleift, bis sie sterben. Indem es Stieren, vor ihrem Todeskampf in der Arena, die Nase mit Watte verstopft, die Augen mit Vaseline verkleistert. Indem es an gewissen Heiligenfesten in Spanien mit pfarrherrlichem Beistand Ziegen und ihre Jungen lebend vom Kirchturm stürzt.

Fortsetzung folgt ….

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In Memory of Karlheinz Deschner (Teil 22)

Veröffentlicht 2. Mai 2022 von hubert wenzl in Religionskritik

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Vor 35 Jahren gab Helmut Schmidt diese schonungslose Einschätzung zu Russlands Politik – sie liest sich heute aktueller denn je   2 comments

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Das sind erhellende Ansichen von Helmut Schmidt, die auch helfen die derzeitige Situation besser zu verstehen.

Von de.yahoo.com – Auszug.

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Altbundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) im Jahr 2005

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In Bezug auf Russland hadert Deutschland mit seinen jüngsten Alt-Kanzlern. Angela Merkel (CDU) schweigt zum Ukraine-Krieg. Ihr Vorgänger Gerhard Schröder (SPD) steht unverdrossen für Wladimir Putin. Die SPD tut sich darüber hinaus schwer, ihre Position zu Russland neu zu finden. Nicht nur ihr könnte es helfen, den Blick eine Kanzlergeneration zurückzuwenden: Helmut Schmidt – Bundeskanzler von 1974 bis 1982 – hatte eine klare Haltung und Einschätzung. Er hielt Russland für eine missionarisch geprägte, aggressiv expansive Macht.

In seinen Memoiren, die ab 1987 unter dem Titel „Menschen und Mächte“ erschienen, widmete Schmidt Russland gleich das erste Kapitel: „Mit den Russen leben“. Schmidt sieht die damals noch existente Sowjetunion in der Tradition des Zarenreichs. Sein Ausblick auf den sich abzeichnenden Wandel unter Michail Gorbatschow ist skeptisch. Zu tief reiche die „politisch-kulturelle Tradition“ Russlands, die auf Expansion ausgelegt sei. Schmidt nennt dafür viele Gründe. In vielem gibt Putin ihm heute Recht.

Die Analyse Schmidts, der 2015 hochbetagt als weltweit geschätzter Elder Statesmen starb, liest sich aktueller denn je. Hier sind Schmidts wichtigste Thesen und Folgerungen.

1. Russischer Messianismus

Es gehört zu Russlands Widersprüchen, dass in dem Land, dessen Geschichte von Brüchen geprägt ist, Traditionen in der Politik eine enorme Rolle spielen. Putin verdankt seinen Aufstieg dem Zerfall der Sowjetunion, die wiederum durch Revolution entstanden war. Putin aber knüpft unbeirrt sowohl an zaristische als auch stalinistische Traditionen an und sucht den Schulterschluss mit der russisch-orthodoxen Kirche.

Helmut Schmidt hat diese Kontinuitäten vor Putins Ära so beschrieben: „Lenin – und ebenso Stalin – haben Iwan IV, „den Schrecklichen“, vermutlich zu Recht als den eigentlichen Begründer des absolutistisch-zentralistisch regierten großrussischen Staates betrachtet.“ Mit Iwans Eroberungen „begann die Geschichte der Reichserweiterungen, die eine weitgehende Russifizierung der fremden Völkerschaften mit sich brachte.“

„Ob unter Iwan IV., Peter I. oder Katharina II, unter Stalin, Chruschtschow oder Breschnew: Trotz mancher Rückschläge ist der russische Drang zur Expansion nie wirklich erloschen. Ihm liegt ein moskauzentrischer Messianismus zugrunde, welcher der russischen Staatsidee inhärent geblieben ist. Als Konstantinopel 1453 von den Türken erobert wurde und das oströmische Zentrum der Christenheit verloren ging, erklärte sich Moskau zum ‚Dritten Rom‘ (…) und ein viertes Rom wird es nicht geben. Die Heilsgewissheit erschien in anderer Form in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als moskauzentrischer Panslawismus und erneut im 20. Jahrhundert als weltrevolutionärer moskauzentrischer Kommunismus.“

2. Chancenlose liberale Demokraten

Russen haben kaum je in einer echten Demokratie gelebt, jedenfalls nicht lang genug, als dass sich liberal-demokratische Traditionen hätten bilden können. Immer wieder seien Liberale dem national-russischen Messianismus unterlegen.

Schmidt: „Alle Russen, die sich angesichts dieser Frage für die Freiheit der Person und die Unverletzlichkeit ihrer Würde, für die Herrschaft des Rechts und für die offene Gesellschaft entschieden haben, welche die Unterordnung des einzelnen unter einen kollektiven Willen ablehnen und seine Grundrechte höher bewerten als den Anspruch des Staates oder seiner Herrscher – alle diese Russen waren bisher immer eine Minderheit – eine politisch zumeist bedeutungslose Randgruppe. Es erscheint mir fraglich, ob sich dies unter Gorbatschow wesentlich ändern kann – sosehr ich es hoffen möchte.“

3. Irrtum des Westens: Moralische Illusion statt fester Haltung

Schmidt sieht es bereits zu seiner Zeit als Fehler, russische Politiker von einer moralischen Überlegenheit westlicher Modelle überzeugen zu wollen. „Es hat wenig Sinn, die Politik der Russen (…) immer wieder mit heutigen französischen, englischen oder amerikanischen Maßstäben zu messen; wir werden sie damit kaum beeinflussen. Noch weniger wird man sie mit moralischen Vorwürfen und Beschuldigungen beeinflussen; im Gegenteil: Dies kann in Moskau zu einem verbissenen Rückzug auf den russischen Messianismus führen.“

Ein echter Wandel würde zumindest Generationen dauern. Der SPD-Politiker rät zu einer illusionslosen, pragmatischen, aber in der Haltung festen Politik: „In der Zwischenzeit ist es nötig, dass der Westen sich vor der weiteren Ausdehnung russisch-sowjetischer Macht beschützt. Schmidt erinnert an den US-Außenpolitiker Geroge F. Kennan, der dies 1947 so beschrieb: ‚Das Hauptelement jeder amerikanischen Politik gegenüber der Sowjetunion muss bestehen in einer langfristigen, geduldigen, aber zugleich festen und wachsenden Eindämmung der expansiven russischen Bestrebungen'“.

4. Russlands Sicherheitskomplex

Schmidt hatte im Zweiten Weltkrieg selbst als Offizier der Wehrmacht am deutschen Angriffskrieg gegen die Sowjetunion teilgenommen, unter anderem bei der Belagerung des damaligen Leningrads (heute wieder St. Petersburg). Schmidt tauschte sich mehrmals mit Leonid Breschnew, Ende der 1970er Jahre quasi sowjetisches Staatsoberhaupt, über den Krieg aus. Breschnew wusste um die enormen Opfer der ehemaligen Sowjetunion. Er erkannte aber auch, dass das Misstrauen darüber hinausging.

Schmidt: „Die Führer der Sowjetunion leiden an einem russischen Sicherheitskomplex, der sich erstmals schon nach der Niederlage im 1856 bemerkbar machte.“ Er fasst diese Haltung mit dem Zitat eines unbenannten Ministers aus der Zarenzeit zusammen: „Die Grenze Russlands ist nur dann sicher, wenn auf beiden Seiten russische Soldaten stehen“. Stalin habe auch aus diesem Grund einen „Kranz vorgelagerter Satellitenstaaten“ geschaffen. Die USA hätten darauf mit ihren Allianzen in Europa, Asien und dem Mittleren Osten reagiert. „Dies wiederum war von Moskau als bedrohliche Einkreisung empfunden worden.“

Vor 35 Jahren gab Helmut Schmidt diese schonungslose Einschätzung zu Russlands Politik – sie liest sich heute aktueller denn je