Archiv für 19. April 2016

Das Tier im Menschen   Leave a comment

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Mit Charles Darwin ist ein Weltbild zu Bruch gegangen. Es sah den Menschen gründlich geschieden von allem anderen Leben und alle Tierarten unverändert seit sie die Arche Noah verlassen hatten. Er hat lange gezögert, bis er seine Erkenntnisse veröffentlichte. „Ich komme mir vor als gestehe ich einen Mord … “ schrieb er kurz vor der Veröffentlichung seines bahnbrechenden Werkes vom „Ursprung der Arten …“ Wollte er ursprünglich die animalische Identität des Menschen beweisen, kam er doch wissenschaftlich zu anderen Schlüssen: „In seiner Arroganz glaubt der Mensch, er sei ein großartiges Werk, das des Eingriffs einer Gottheit wert ist, bescheidener und, so glaube ich, richtig ist es, ihn aus den Tieren erschaffen zu betrachten.“

Wieso bescheidener? Warum ist der Gedanke, dass der Mensch ein Tier sei so angstbesetzt und immer mit einer angeblichen Herabsetzung des Menschen verbunden? Warum weisen wir so vehement von uns, was wir sind: Wirbeltier, Primate, Hominide – die tief emotionalen Teile unseres Gehirns stammen sogar aus der Reptilienzeit. Wir tragen die Evolution in uns wie jedes andere Wesen. Ist es die Angst des Menschen, das Tier auch in sich zu fühlen? – das Unkontrollierbare und Animalische, das Bestialische, das angeblich immer wieder durchbricht und den Menschen „vertiert“. Die Angst vor dem Fremden und Wilden, Unzivilisierten und Ungezähmten, die Welt der Triebe und des Unbewussten, des Sexuellen, der Körper überhaupt, den der Geist nicht in den Griff bekommt …

„Der Mensch ist nicht Herr im eigenen Hause“. Der Teufel hat Tiergestalt, ist Stier oder Bock, hat Pferdefuß oder Drachengestalt. Die Ketzer, mit dem Teufel im Bunde, verwandeln sich über Nacht in Wölfe und fressen Kinder. Triebhafte, verführerische Hexen mit Katzen und Eulen – die Vagina der Frau als Höllentor, der Teufel mit einem harten kalten Penis – wir betreten ein wahnhaftes religiöses Panoptikum. Tiere sind hier tief diskreditiert.

Das Tier, das aus dem Abgrund kommt (Offb. 13) und vom Reiter auf dem weißen Pferd (K. 21) vernichtet wird – welches Seelenbild des Menschen, der sich selber bekämpft und wenn er eine Schlacht gegen das Tier in sich gewonnen hat, kommt es siebenfach zurück ins gereinigte Haus und Urgewalten brechen um so schlimmer aus dem einzig denkenden Wesen heraus.

Das Verdrängen unseres Tierseins haben wir mit dem Problem der Leibfeindlichkeit teuer bezahlt.15 Den Körper, die Biologie, das Tier in uns niederzuringen, welch aussichtsloses Unterfangen. Ubrigens symbolisiert das grausige Ritual des Stierkampfes, den mythischen Kampf des Niederringens der Natur in sich, eine Art Selbsttötung, ebenso wie St. Georg den Drachen zu töten sucht. Wie viel Selbsthass kommt hier zum Tragen. Dabei übertrifft die Gewaltbereitschaft des Menschen alles, was es im Tierreich gibt.

„Der kleine Gott der Welt bleibt stets von gleichem Schlag – Und ist so wunderlich als wie am ersten Tag. –
Ein wenig besser wür´d er leben, – Hätt’st du ihm nicht den Schein des Himmelslichts gegeben;
Er nennt’s Vernunft und braucht’s allein – Nur tierischer als jedes Tier zu sein. „16 (Goethe – Faust)

Es ist die leidvolle Erfahrung mit uns selbst, dass die „Haut der Zivilisation“ dünn ist. Faktisch aber lehrt uns die Evolutionsbiologie (des Körpers und des Bewusstseins, das bereits in der Tierwelt beginnt), den moralisch relevanten Fakt, dass uns mehr mit den anderen Tieren verbindet als uns von ihnen trennt. In der Physiologie ist das überdeutlich und die Verhaltens- und Instinktforschung (K. Lorenz, I. Eibl-Eibesfeld, M. Eigen) haben vorurteilsfrei und glänzend bestätigt, wie viel uns bis ins Seelische hinein mit der anderen Lebenswelt verbindet. Wir verfügen über angeborene Verhaltensmuster und Instinkte, ohne die wir keinen Tag überleben könnten. Sie sind biologisch eingeprägt und ererbt. Konrad Lorenz spricht von „moralanalogem Verhalten“, das sich in der Tierwelt findet:
selbstloser Einsatz für den Artgenossen, tiefe Bindungsfähigkeit bei sozialen Tieren, das Schonungsverhalten in Unterwerfungsgesten, die aufopfernde Mutter/Elternliebe in der Brutpflege usw. Jeder Tierhalter weiß um Gewissensreaktionen eines Hundes. Man kann im Tier, wenn man es kennt viel Eigenes entdecken:
Territorialverhalten (Platzhirsch), Herdentrieb oder Imponiergehabe vor dem anderen Geschlecht, Aggressionsverhalten (Lorenz: „Das sogenannte Böse“) die frühkindliche Prägungszeit.

Wir erkennen unglaubliche Leistungen der Tierwelt in Sinnesfunktionen und Intelligenz und je weiter die Naturwissenschaft fortschreitet, ob in Molekularbiologie oder Genforschung, desto näher rückt uns unsere animalische Verwandtschaft. Sehen wir gar die Primatenfeldforschung, die mit Namen wie Jane Goodall oder Christophe Boesch (Leipzig) verbunden ist, erfahren wir so viel Menschliches in unseren nächsten Verwandten, das uns auch uns selbst tiefer verstehen lässt. (Bis hin zu gleichgeschlechtlicher Liebe, die sich auch im hochdifferenzierten Sexualverhalten unserer Verwandtschaft findet).

Leider hat die Wissenschaft kaum zu tieferer moralischer Wahrnehmung der Tiere geführt oder zur Aufgabe des Machtmonopols über sie. Wenn aber der biologische, mentale und psychologische Verwandtschaft zwischen Menschen und Tieren immer deutlicher wird, ist auch jede separate Ethik unzureichend, dann wird Ethik unteilbar.

Quelle nicht mehr bekannt.

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Gruß Hubert

 

Die heuchlerische Merkel   Leave a comment

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„Die Erklärung von Kanzlerin Merkel, in Deutschland solle nicht die Regierung, sondern die Justiz „das letzte Wort“ haben, weshalb die Ermächtigung zur Strafverfolgung „keine Vorverurteilung Böhmermanns“ bedeute, bezeichnete Schmidt-Salomon als „heuchlerisch“: „Eine Ermächtigung zur Strafverfolgung kann nur dann erteilt werden, wenn ein hinreichender Tatverdacht besteht.“

Die Giordano-Bruno-Stiftung kritisiert die Zulassung der Strafverfolgung als „Kniefall vor einem Despoten“

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„Wer hat Böhmermann verraten? Christdemokraten!“

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Der Vorstandssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung Michael Schmidt-Salomon hat die Entscheidung der Bundesregierung, eine Strafverfolgung gegen Jan Böhmermann auf der Basis von §103 StGB zuzulassen, als „Kniefall vor einem Despoten“ kritisiert, der „in seinem eigenen Land den überkommenen Straftatbestand der Majestätsbeleidigung nutzt, um politische Gegner auszuschalten.“

Die Erklärung von Kanzlerin Merkel, in Deutschland solle nicht die Regierung, sondern die Justiz „das letzte Wort“ haben, weshalb die Ermächtigung zur Strafverfolgung „keine Vorverurteilung Böhmermanns“ bedeute, bezeichnete Schmidt-Salomon als „heuchlerisch“: „Eine Ermächtigung zur Strafverfolgung kann nur dann erteilt werden, wenn ein hinreichender Tatverdacht besteht. Insofern muss die deutsche Kanzlerin zumindest unterstellen, dass Jan Böhmermann gegen §103 StGB verstoßen haben könnte. Dies ist jedoch absurd, wenn man den Kontext berücksichtigt, in dem das umstrittene Gedicht ‚Schmähkritik‘ vorgetragen wurde.“

„Echte Schmähkritik setzt voraus, dass der Kritiker seine Schmähungen ernstmeint“, erklärte Schmidt-Salomon. „Liegt diese Voraussetzung hier vor? Ganz sicher nicht! Denn niemand, der die Sendung gesehen hat, und noch halbwegs bei Verstand ist, wird davon ausgehen, dass Jan Böhmermann ernsthaft unterstellen wollte, dass der türkische Präsident ungewöhnlich kleine Genitalien hat und sexuell mit Ziegen und Schafen verkehrt! Böhmermann ging es um etwas völlig anderes (siehe das Transkript der Sendung): Seine Satire zielte darauf ab, dass Erdogan zwischen berechtigter Satire und verbotener Schmähkritik nicht unterscheiden kann, was der türkische Präsident mit seiner Reaktion auf die ZDF-Sendung dann ja auch eindrucksvoll unter Beweis stellte. Schon allein dies wäre tragisch-komisch genug und ein Beleg für Böhmermanns satirische Qualitäten! Leider aber scheint auch die deutsche Kanzlerin samt ihrer Berater, wie sich heute gezeigt hat, nicht über das erforderliche Differenzierungsvermögen zu verfügen, denn ansonsten hätte sie dem Strafverfolgungsinteresse der Türkei aufgrund fehlenden Tatverdachts niemals nachgeben dürfen!“

Positiv hob Schmidt-Salomon hervor, dass sämtliche SPD-Minister gegen die Strafverfolgung gestimmt haben: „In Anlehnung an eine alte Redewendung, die ursprünglich gegen die SPD gerichtet war, könnte man heute sagen: ‚Wer hat Böhmermann verraten? Christdemokraten!‘ Wie schon bei der Sterbehilfedebatte ist die CDU/CSU nun auch bei der Frage des Umgangs mit der Türkei all jenen in den Rücken gefallen, die die Prinzipien einer offenen Gesellschaft stärken wollen. Die Kanzlerin hätte heute die Chance gehabt, ein klareres Profil zu zeigen und dem türkischen Präsidenten eine Lehrstunde in Sachen Demokratie, Meinungs- und Kunstfreiheit zu erteilen. Diese Chance hat Angela Merkel kläglich vergeben.“

Dass die Bundesregierung plant, §103 StGB in Bälde zu streichen, begrüßte der gbs-Sprecher: „Dies ist ein längst überfälliger Schritt! In diesem Zuge müsste allerdings auch §166 StGB fallen, da ‚Gotteslästerung‘ und ‚Majestätsbeleidigung‘ seit jeher eng miteinander verbunden sind. Beide Paragraphen gehen zurück auf die unselige Zeit der Vermählung von Thron und Altar und haben in einer modernen offenen Gesellschaft nichts zu suchen, da sie die Fundamente des demokratischen Rechtsstaats untergraben.“

Nachtrag von Michael Schmidt-Salomon (15.4., 20.00 Uhr):

In der Debatte um den Fall Böhmermann wurde behauptet, die Kanzlerin habe auf Basis der bestehenden Gesetze keine andere Möglichkeit gehabt, als eine „Ermächtigung zur Strafverfolgung“ zu erteilen. Dies ist unwahr, sehr viel eher lässt sich das Gegenteil begründen: Denn §104a StGB, der die Voraussetzungen zur Strafverfolgung nach dem überalterten § 103 regelt, soll Bundesbürgern einen gewissen Schutz vor verfassungsrechtlich bedenklichen Verfahren bieten, die vom Ausland her angestrebt werden. Die Bundesregierung ist daher gesetzlich verpflichtet (!), den juristischen Sachverhalt zu prüfen, bevor sie eine Ermächtigung erteilt! Dabei ist klar, dass sie ohne begründeten Tatverdacht keine Strafverfolgung nach §103 StGB zulassen darf. Diese Entscheidung den Gerichten zu überlassen, wie es Merkel nun vorsieht, ist somit ein Verstoß gegen die Bestimmungen von §104a, der keinen juristischen Automatismus vorsieht, sondern der Bundesregierung (zum Schutz der Bürger und der Grundrechte) eine aktive Rolle zuweist. Man muss daher sehr klar unterscheiden zwischen Beleidigungsverfahren nach §103 StGB (staatliche Ebene) und Beleidigungsverfahren nach §185 StGB (persönliche Ebene). Kurzum: Die heutige Entscheidung der Kanzlerin war nicht nur aus politischen, sondern auch aus juristischen Gründen höchst kritikwürdig. Tatsächlich wäre die Bundesregierung verfassungsrechtlich dazu verpflichtet gewesen, die Ermächtigung zur Strafverfolgung im „Fall Böhmermann“ nach §103/104 zu verweigern und Erdogan auf den persönlichen Klageweg nach § 185 zu verweisen, wie auch der Rechtsexperte Alexander Thiele in diesem „Verfassungsblog“ dargelegt hat.

Hier geht’s zum Originalartikel…

 

Die heuchlerische Merkel

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Gruß Hubert