Archiv für 18. Juli 2017

Regensburger Domspatzen „Gefängnis, Hölle, Konzentrationslager“   Leave a comment

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Bei den Regensburger Domspatzen hat sich herausgestellt, dass der Skandal viel größer ist, als anfangs angenommen. Wie üblich geht es um körperlich Gewalt und sexuelle Übergriffe. Die katholische Kirche stellt ja immer die sexuellen Sünden als die größten hin. Sie selbst verstoßen aber in großer Anzahl dagegen, indem sie sich als Prügler und Kinderschänder betätigen. Und so eine Institution will anderen Menschen mitgeben was Moral ist. Abgespeist sollen die Opfer mit einer Entschädigung zwischen 5.000 und 20.000 Euro. Was sind denn 5.000 Euro für eine Entschädigung? Das verdient diese Bezeichnung nicht. Die Opfer leiden ja ein ganzes Leben darunter. Sie sind oft zu einer normalen Liebesbeziehung nicht mehr fähig oder nur stark eingeschränkt mit verschiedenen Störungen.

Aus der WELT

Regensb-Domspa-Skandal

Mehr als 500 Kinder der Regensburger Domspatzen sind in den 1960er Jahren bis 1992 Opfer von körperlicher Gewalt geworden. „Verantwortlich war in vielen Fällen der Direktor,“ sagt Anwalt Ulrich Weber bei der Vorstellung des Berichts. (Video im Link)

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Zwei Jahre wurden die Missbrauchs- und Misshandlungsvorwürfe beim Chor der Regensburger Domspatzen untersucht. Die Ermittler gehen von weit mehr als 500 Opfern aus – und sie identifizieren die Täter.

Sieben Jahre lang hat es gedauert. Vor sieben Jahren waren die ersten ehemaligen Domspatzen an die Öffentlichkeit gegangen und hatten davon berichtet, wie sie in ihrer Zeit bei dem weltberühmten Regensburger Knabenchor körperlichem und sexuellem Missbrauch ausgesetzt waren.

Wenig ist in den ersten Folgejahren passiert, erst 2015 entschloss sich das Bistum zu einer umfassenden Aufarbeitung und beauftragte den Rechtsanwalt Ulrich Müller mit der Aufklärung des Skandals.

Am Dienstag nun hat Müller seinen Abschlussbericht vorgestellt. Das Ergebnis lässt sich kurz zusammenfassen: Es war alles noch sehr viel schlimmer als man sich vorzustellen wagte.

Eine Atmosphäre täglicher Gewalt

In seinem rund 450 Seiten starken Abschlussbericht bezifferte der Sonderermittler die Zahl der „hoch plausiblen“ Opfer am Dienstag auf 547. Insgesamt 500 Domspatzen hätten seit 1945 körperliche Gewalt erlitten, 67 sexuelle Gewalt. Da einige Kinder sowohl körperliche wie auch sexuelle Gewalt erlitten, liegt die Zahl der Fälle laut Weber über den insgesamt betroffenen 547 Fällen.

Vor allem in der Vorschule habe eine Atmosphäre von alltäglicher Gewalt geherrscht. Die Opfer hätten die Zeit dort als „Gefängnis, Hölle und Konzentrationslager“ oder als „schlimmste Zeit ihres Lebens“ beschrieben, die von Angst und Hilflosigkeit geprägt gewesen sei.

Weber sagte, er gehe davon aus, dass es noch weitere Fälle gebe. Bereits im vergangenen Jahr hatte er eine Dunkelziffer von rund 700 Opfern genannt. „Daran glaube ich auch heute noch“, sagte er.

Als mutmaßliche Täter seien 49 Personen ermittelt worden, neun von ihnen seien sexuell übergriffig geworden. Unter den Tätern seien Internatsdirektoren, ein Vorschuldirektor, Präfekten und viele Angestellte. Schwerpunktmäßig haben sich die Taten laut Bericht in den 60er- und 70er-Jahren ereignet. Bis 1992 sei durchgängig von körperlicher Gewalt berichtet worden.

Opfer wurden ignoriert, Täter gedeckt

„Nahezu alle Verantwortungsträger“ bei den Domspatzen hätten zumindest ein „Halbwissen“ von den Gewaltvorfällen gehabt, am Thema jedoch wenig Interesse gezeigt. Der Schutz der Institution habe im Vordergrund gestanden. Opferschicksale seien ignoriert, Beschuldigte teilweise geschützt worden, hieß es.

Deutliche Kritik übte Weber an dem früheren Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller. Dieser habe eine „klare Verantwortung“ für die „strategischen, organisatorischen und kommunikativen Schwächen“ des von ihm 2012 initiierten Aufarbeitungsprozesses. Die Abberufung von Müller als Präfekt der Glaubenskongregation vor wenigen Tagen steht nach Webers Aussagen jedoch in keinem Zusammenhang mit dem Sonderbericht. Der Vatikan habe vorab keine Kenntnisse vom Inhalt des Berichtes gehabt.

Müller war von Kritikern wiederholt vorgeworfen worden, die Aufklärung der Missbrauchsvorwürfe behindert zu haben. Nach Bekanntwerden des Skandals hatte Müller gesagt, der Missbrauch durch Priester sei von den Medien aufgebauscht worden.

Die zwiespältige Rolle des Georg Ratzinger

Zur Rolle des Domkapellmeisters Georg Ratzinger, Bruder des emeritierten Papstes Benedikt XVI. sagte Weber, dieser habe „kein Wissen über sexuelle Gewalt“ gehabt. Er warf ihm jedoch vor, bei den Fällen körperlicher Gewalt weggeschaut zu haben. Der heute 93 Jahre alte Ratzinger hatte den Knabenchor von 1964 bis 1994 geleitet, also in der Zeit, in der sich die meisten Missbrauchsvorfälle ereignet haben.

Das Bistum Regensburg hat den Opfern unter anderem sogenannte Anerkennungsleistungen zugesagt. Sie liegen pro Person zwischen 5.000 und 20.000 Euro. Darüber wird auf Grundlage von Webers Bericht in einem gesonderten Gremium entschieden, in dem auch Opfervertreter beteiligt sind.

„Schweigen ist jetzt nicht mehr möglich“

Offenbar haben längst nicht alle Missbrauchs- und Gewaltopfer einen Antrag auf finanzielle Entschädigung gestellt. Bisher seien erst rund 300 Anträge eingegangen, hieß es. Rund 450.000 Euro seien bislang ausbezahlt worden.

Weber äußerte den Wunsch, dass die Arbeit der Berichtsautoren zur Befriedung aufseiten der Opfer beitrage. Die offene Dokumentation solle ihnen helfen, ihre Erlebnisse aus der Kinder- und Jugendzeit verarbeiten zu können. Ob seine Arbeit jetzt abgeschlossen sei, wurde Weber während der Pressekonferenz gefragt. „Ja“, sagte er. „Aber die Aufarbeitung ist nicht abgeschlossen, die geht noch weiter.“ Später fügte er hinzu. „Schweigen ist jetzt nicht mehr möglich.“

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Regensburger Domspatzen „Gefängnis, Hölle, Konzentrationslager“

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Siehe auch:

https://www.welt.de/vermischtes/article166763942/Der-Wille-der-Schueler-sollte-gebrochen-werden.html

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Gruß Hubert